| [GAA, Bd. IV, S. 195] Handwerk die usuelle Form genügt, die Kunst aber auch Gefühl und Geist verlangt. Ein Stück wie sein Doctor und Apotheker könnte mit Fug von Polizeiwegen verboten werden, denn schlechte Geschmackswerke wirken schädlicher auf 5die guten Sitten, als man insgemein glaubt. Die Quasi-Dichter z. B. brauchen eben darum gar keine Inmoralitäten, Indecenzen (an denen der Verf. in seinem Stück es indessen auch nicht fehlen läßt) zu enthalten, sondern nur künstlerisch verwerflich zu seyn. Dann verwirren sie oft den Verstand so 10Vieler, statt ihn zu leiten und zu erheben; sie halten die Menge am Boden der Plattheiten fest, üben ihr stumpfsinnige Bewunderung des Gemeinen ein, während alles Hohe und Große als etwas Beschwerliches und Störendes unberücksichtigt gelassen oder an ihm vorübergegangen wird.15 Der Kampf der Allopathie und Homöopathie wird noch eine dritte Partei schaffen, welche vermuthlich mächtiger wird als die beiden älteren Secten. Mindestens war das stets Weltlauf. Indeß geht uns das hier nur soweit an, als man die flüchtige Oberflächlichkeit tadeln muß, mit welcher Raupach 20die wichtige Sache aus dem Aermel schüttelt. Mit kleinen Veränderungen könnte man sein Stück auf jede Sectirung, sey sie unter Studenten, Politikern pp anwenden. Hat er denn nie aus dem Tartuffe gelernt, wie scharf man dergleichen zeichnen muß?25 Er nennt das Ding ein Possenspiel und will wohl dadurch der schärferen Kritik entwischen, im Glauben, die Posse würde billiger beurtheilt als das strenggeformtere Lustspiel. Er irrt. Sie wird eher nachsichtsloser beurtheilt. Das Lustspiel kann uns schon durch ein fein angelegtes Ganze, eine berechnete 30Scene ect. ergötzen, ohne daß wir fodern könnten, darüber lachen, ja nur lächeln zu müssen. Seine bloße Verwicklung, seine Charactere befriedigen uns da oft innerlich um so mehr. Die Posse aber kündigt sich durch ihren Namen schon als ein zwar skizzenhaftes, aber keckes, possierliches Wesen an, 35welches Schlag auf Schlag unsre Lachmuskeln in Bewegung zu halten hat. Raupach fängt's dagegen anders an. Er gibt uns im ersten Act eine so langweilige Exposition, daß selbst die berüchtigte des König Yngurd ihr nachsteht. — Sein Till, den Hr. Lim- 40bach übrigens gut spielte, ist in diesem Possenspiel zu einem wahren auf seine vermeintliche Klugheit eitlen dummen Narren |
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