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Nr. 149, siehe GAA, Bd. V, S. 205nothumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Fürstlich Lippische Regierung (Detmold)
Brief


Nr 300.

20pr. 14. Jan. 1828.

                          An
                Hochfürstliche Regierung!
                      Gehorsamster
                    gutachtlicher Be-
25                        richt
                des Advocaten Grabbe,
                            ad rescr: vom 9ten
                            Januar 1828. (nr. 81. M.)
                            gehörig,
30                                 einer Instruction
                                 Auditeur-Dienste be-
                                

Mit einer

      Anlage.

35  Hochfürstlicher Regierung überreiche ich mit unterthänigstem
Dank für das mir zur Nachricht und Befolgung ertheilte
verehrliche Rescript vom 9ten Jan. 1828. den Entwurf einer

[GAA, Bd. V, S. 206]

 


für den Auditeur zu bestimmenden Instruction und bitte ganz
gehorsamst:

    dieselbe nach Hohem Ermessen normiren zu wollen.
Grabbe.

5ad 300

Gutachtlicher Entwurf einer Instruction
für den Auditeur des Fürstlich Lippischen Militairs.

§. 1.

  Der Auditeur ist verpflichtet, überall (außer bei Gelegenheit
10der Untersuchungscommission, welcher er als Actuar zugeordnet
ist) in Gemeinschaft und Uebereinstimmung mit dem
Militairchef zu handeln, und da, wo er juristisch oder subjective
eines Andern überzeugt ist, die Sache Hochfürstlicher
Regierung zur endlichen Entscheidung vorzulegen.

15 §. 2.

  Der Auditeur hat in den der Jurisdiction des Militairgerichtes
unterworfenen Sachen eine prompte und unparteiische
Gerechtigkeits-Pflege zu üben, und hat dabei dem allgemein
recipirten Rechte sowohl als bei den zutreffenden
20Fällen den Landesgesetzen und den Fürstlich Lippischen
Kriegs-Verordnungen, insbesondere den Kriegsartikeln von
1812 und dem Strafregulativ vom 22. Jun. 1820. gemäß zu
verfahren.

§. 3.

25  In Untersuchungs- und Disciplinarsachen ist der Auditeur
außerdem verbunden, jedesmal baldmöglichst, in Gemeinschaft
mit dem Militairchef, nach Lage der Sache einen anzeigenden
oder gutachtlichen Bericht unter Anschluß der Protocolle an
Hochfürstliche Regierung zu übersenden, und (außer in dringenden
30Fällen) nicht eher als bis ein Resolut darauf erfolgt
ist, weitere Verfügungen zu veranstalten.

§. 4.

  Hinsichtlich derjenigen Gegenstände, welche außer der jurisdictio
contentiosa vel mixta zum Geschäftskreise des Militairgerichts
35gehören, als wie das Beeidigen der Conscribirten,
Aufnahme der Stellvertretungs-Contracte, Austheilung der
Pässe an beeidigte Soldaten, hat der Auditeur überall den
bestehenden Verordnungen zufolge zu verfahren.

[GAA, Bd. V, S. 207]

 


§. 5.

  Insbesondere ist er verpflichtet über die am Militairgericht
anhängigen Processe gleich nach den ersten 8 Tagen jedes
verflossenen Monates, und über die während eines verflossenen
5Jahres ausgetheilten Pässe gleich in den ersten 8 Tagen
jedes neuen Jahres, vollständige Tabellen an Serenissimum
Regentem und Hochfürstliche Regierung zu übersenden.

§. 6.

  Der Auditeur hat sämmtliche Militairgerichts-Acten genau
10zu rubriciren, zu heften und zu registriren; auch ein Repertorium
über dieselben zu führen, darin die fehlenden zu bemerken,
und nach Möglichkeit zu deren Wiederauffindung
beizutragen.

§. 7.

15  Der Auditeur ist schuldig sich ohne Vorwissen des Militairchefs
nie über zwei Stunden oder über Nacht vom Garnisonsort
oder Standquartier des Militairs zu entfernen, und
auch bei einer Entfernung von 2 Stunden muß er dem Militairchef
zur Nachricht anzeigen, wohin er sich entfernt habe.

20§. 8.

  Hinsichtlich der Untersuchungscommission, welcher der
Auditeur als Actuar und zugleich mit einem voto versehen,
beiwohnt, hat er ein treues, ordnungsmäßiges Protocoll zu
führen, so wie in vorkommenden Fällen, wo er ein abweichendes
25Votum glaubt begründen zu können, dasselbe mit
Gründen versehen abzugeben, auch jedesmal binnen 3 Tagen
über die Untersuchung an Hochfürstliche Regierung unter Anschluß
der Untersuchungs-Protocolle zur weiteren Entscheidung
zu berichten.

30§. 9.

  Sollten endlich, wie bei dem verstorbenen Auditeur Rotberg
zuletzt nicht der Fall gewesen ist, bei dem Militairgericht
Gelder deponirt und dem Auditeur deren Besorgung
und Verwahrung aufgetragen werden, so hat er in Gemäßheit
35unserer Depositen-Ordnung damit zu verfahren, auch, sofern
der Fall eintritt, eine angemessene Caution zu stellen.

Conc. Grabbe.

[GAA, Bd. V, S. 208]