Nr. 194, siehe GAA, Bd. V, S. 244 | 24. May 1828 | | Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Georg Ferdinand Kettembeil (Frankfurt a. M.) | Brief | | | | Vorangehend: | Nachfolgend: |
| Lieber Kettembeil, Dieser Brief wird in großer Eile geschrieben und werd' ich ihn nicht wieder durchlesen können, um Schreibfehler zu verbessern. 25 Ist Leipzig das Alte geblieben, so sind wir es auch geblieben. Das ist ein Trost. Die Clique des Mr. Döring (?), der, wenn ich mich nicht sehr irre, als ein studentischer Alfanzer einmal in der Jenaer Litteraturzeitung durchgezogen ist, des Saphir, Seller (mir unbekannt,) beruhe auf sich; kennen müßten 30sie mich aber denn doch aus Abendzeitung und Merkur mindstens. Es ist fatal, daß ich nicht in einer größeren Stadt wohne; wär' ich z. B. in Leipzig, so machte ich mich (wie [GAA, Bd. V, S. 245] etwa in Berlin) in so eine Cotterie hinein, und beherrschte und gebrauchte sie. Master Wendt ist schon besser; eps rar ist er auch nicht. Früher hatte er vor mir respct. Neugierig bin ich, wo seine 5Kritik auftaucht. Im Morgenblatt vielleicht? Er correspondirt mit der Person. Sieht er nicht aus wie ein Schusterpfriemen, oben mit schwarzem Pech? Der Elegante, Methusalem, ist zu beleidigt, als daß ein Gespräch mit ihm viel fruchten können; ich glaube, er kriecht 10wie eine Schnecke in seine Schaale zurück und schweigt. Krug — nun — Krug ist eitel und versteckts hinter Protestantismus. Der ist eitel für ihn. — Daß Recensionen seit einiger Zeit stille liegen, ist fatal, indeß wir können im Grunde doch zufrieden seyn, denn erstlich 15haben wir binnen 4 Monaten doch circa 7 bis 8 Stück erhalten, und fehlen in den ästhetischen Journalen, die mehr gelesen werden, nur Elegante, Freimüthige (aus sehr guten Gründen) und Morgenblatt, 2tens sind sie sämmtlich ausgezeichnet, 3tens ist das mehr Glück als Milton oder Hume gehabt, 204tens ist mein Werk schwer zu verdauen, ehe man ein Urtheil darüber auskackt (in Berlin theilten sie sich ja zu 3 und Pustkuchen scheint zu meinen, es koste 2 Jahr) 5tens 6tens pp. Ich wollt' Halle ginge los. Der Kunz, ich weiß nicht, was 25ihm fehlt. Er ist faul oder hat bei den Journalen keinen Credit. — Mit den bisherigen Hunden mag ich nicht kämpfen, (wär ich in Berlin, ich thät's), sonst sollte mindestens Kriegsgeschrei die Journale füllen. Ich mag aber nicht, und zwar in Hoffnung wir dringen doch durch. Unsere Geschichte ist 30zu toll, und nun der Don Juan — Der soll auffrischen, und vorzüglich nützt der Name zweier bekannter Personen: Don Juan und Faust. Immer doch müssen in Homburg meine Sachen Effect gemacht haben, da man 12 Exemplare contra resp.[ectum] 1. 3. 4 2. 6. von dem 35meinigen bestellt. Aber die Ankündigung? Vetter, ich billige sie im Grunde, obgleich schweren Herzens. Das Thier von Tragödie wird (si diis placet) Ende Juli oder Anfangs August fertig. Da ginge es denn noch an. Die verwünschte Donna Anna. Den Satan hab' ich. 40 Wie mit der Iris? Daß theatralische Sachen von der Bühne kräftiger wirken [GAA, Bd. V, S. 246] ist gewiß; indeß Immermann (der jetzt ein schlechter Dichter geworden: Trauersp. in Tyrol) existirt auch ohne Bühne, und selbst das Hauptjournal seiner Buchhandlung (Rh. W. Anzeiger) erhebt mich als Messias über ihn. 5 Auf den D.J.u.F. die noch theatralischeren und patriotischeren Hohenstaufen — wir wollen alles in Stücken schlagen. Antworte mir wo möglich vor, sonst während Deiner Reise; und schick' mir jede Kritik, so wie Du sie bekommst; sie 10machen mir einen großen Spaß, auch beim Arbeiten an Don Juan und Faust. Grabbe Detmold, d. 24st Mai 1828 15 [Adresse:] An die Hermannsche Buchhandlung (Hrn. Buchhändler Kettembeil) Wohllöblich in Frankfurt am Main. Frei. |
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