Nr. 21, siehe GAA, Bd. V, S. 13 | 11. Februar 1818 | | Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Adolph Henrich Grabbe, Dorothea Grabbe (Detmold) | Brief | | | | Vorangehend: | Nachfolgend: |
| 10 Liebe Eltern! Ich habe ein Buch verschrieben, aber schon seit ½ Jahre, und konnte es zurück senden wenn es kam. Ich will eine Kritische Beleuchtung hierüber anstellen. 15 1.) War es erlaubt ein Buch ohne das Wissen meiner Eltern zu verschreiben? Erlaubt war es nicht, aber zu entschuldigen ist es, weil ich fürchtete es euch zu sagen, weil es ein halb Jahr wohl hin ist und weil ich das Geld desselben ersparen konnte. — Nun ist die Frage übrig ob es das Buch werth ist, 20daß es verschrieben wird. — In jedem meiner Bücher kannst Du das Lob seines Verfassers lesen. Es ist in seiner Art das erste Buch der Welt und gilt bei Vielen mehr als die Biebel, denn es ist das Buch der Könige und des Volks, es ist das Buch, wovon einige behaupten daß es ein Gott geschrieben 25habe, es sind: die Tragödien Shakespeares, des Verfassers des Hamlets, die schon 300 Jahr bekannt sind. Diesen hat Deutschland seine Bildung zu verdanken, denn sie regten zuerst Göthen den größten Deutschen auf; sie 30waren es, um welche Schiller, als er eine Stelle aus ihnen hatte vorlesen hören nach Stuttgart reißte und von ihnen befeuert die Räuber schrieb; deshalb kannst Du mir verzeihen, daß ich von ihnen eingenommen bin. Du weist, wie nützlich es ist sich durch Nebenarbeiten auf 35Universitäten Geld zu erwerben, oder auch nach der Studentenzeit in Ueberfluß leben zu können. — Das kannst Du nur [GAA, Bd. V, S. 14] durch Schriftstellerei, denn man hat sogleich kein Amt. — Ich kann aber bloß das schreiben, (außer der Jura oder Medicin die ich vielleicht studiere) was in Shakespeares Fach schlägt, Dramen. — Durch eine Tragödie kann man 5sich Ruhm bei Kaisern, und ein Honorar von Tausenden erwerben und nur durch Shakespeares Tragödien kann man lernen gute zu machen, denn er ist der erste der Welt, wie Schiller sagt, bei dessen Stücken Weiber zu frühzeitig geboren haben. Der Shakespeare ist aber so schwer zu verstehen, 10daß man Monate an einer Seite, wie an dem Monolog im Hamlet: „Seyn oder nicht Seyn“ u. s. w. studiren muß und Jahre lang, wenn man Etwas daraus lernen will, darum wünschte ich ihn eigen zu haben. — Im Englischen habe ich einen Band von ihn, und daraus 15kann ich englisch lernen. Sieh! so nöthig habe ich ihn! — Du meinst es koste Dir viel Geld ihn zu verschreiben. — Das ist so nicht. — Sieh ich habe gar keine Bücher gekriegt! Wir mußten Schulbücher haben! Ich habe sie geliehen, alte Ausgaben gebraucht um dich 20nicht zu belästigen! — Meinst Du es mache Spaß mich mit den großen 400jährigen pergamentenen Büchern zu schleppen. Ich mußte einen Atlas haben (beim Rektor) von der Welt vor Christus. — Alle haben ihn. — Ich nicht — Ich sehe mit Andren aus und mußte einzelne Charten leihen — Der 25Atlas kostet 2 rthlr. — Ich habe sie Dir erspart. Frag nach ob's nicht so ist. Ich mußte bei Köhler haben: Nitsch alte Geographie, kostet 1 rthlr. — ich habe ihn erspart, und mit Andren ausgesehen. Ich mußte haben: Cicerode legibus bei Moebius 24 gr. — ich habe eine alte Ausgabe 30geliehen, habe Dir nie Etwas davon gesagt. — Ich mußte haben bei Möbius: Terentii Com: 1 rthlr. 12 gr. — Ich sah mit einem andren aus. Cicero de senectute (12 gr.) bei Möbius habe ich geliehen, eben so wie Steins Geographie (24 gr.) bei Preuß. — Sieh diese Bücher 35habe ich Dir erspart, mit Mühe u. Verdruß und hättest Du sie mir angeschafft so hättest Du 6 rthlr. bezahlen müssen. — Denke Dir du hättest die 6 Rthlr. zurückgelegt und wolltest sie nun für die neun Bände vom Shakespeare anwenden. — Doch dies verlange ich nicht einmal. — Erstlich verspreche 40ich Dir heilig dies Jahr kein Buch von Dir mehr zu fordern. — Wenn die Meiersche Buchhandlung jetzt das [GAA, Bd. V, S. 15] Buch schickt, so erhalten wir erst Ostern 1819 oder ein ganzes Jahr später die Rechnung von Lemgo und brauchen dann erst zu bezahlen. — Nun erhalte ich jeden Tag 1 Groschen oder auch wohl einen Gutengroschen. Diesen gieb mir 5noch bis diesen Ostern, denn das will ich sparen, wenn ich ihn brauchte; von diesen Ostern an bis Ostern 1819 will ich kein Taschengeld haben. Das macht über 10 Rthlr. — Hiemit kannst Du das Buch bezahlen, ohne mehr Geld wie sonst auszugeben über ein Jahr. 10 Also schreib hin nach Lemgo, sie solltens schicken, du kannst es aber auch abbestellen. — Ich möchte es so gern haben, es ist mir dienlich und so vieles Andere. Willst du es abbestellen oder verschreiben? — Dein 15 Sohn. Die Schuld ist abbestellt. Zeig ja! diesen Brief Niemand, Niemand! [Detmold, Februar 1818.] |
| | Briefauswahl | | | Briefe von Christian Dietrich Grabbe | | | Briefe an Christian Dietrich Grabbe | | | | Nach Absendern | | | | C | Wilhelm Hermann Claepius Nr. 84, 01. März 1824 — Christian Gottlieb Clostermeier — Louise Clostermeier — Louise Christiane Clostermeier | E | Wilhelm Arnold Eschenburg Nr. 378, 16. März 1833 — Examinationskommission Nr. 86, 28. März 1824 | F | Fürstlich Lippische Regierung Nr. 111, 14. November 1826Nr. 117, 09. Januar 1827Nr. 142, 31. Dezember 1827Nr. 146, 09. Januar 1828Nr. 150, 15. Januar 1828Nr. 159, 05. Februar 1828Nr. 160, 05. Februar 1828Nr. 161, 05. Februar 1828Nr. 168, 11. März 1828Nr. 252, 22. Dezember 1829Nr. 295, 09. April 1831Nr. 300, 17. April 1831Nr. 304, 13. May 1831Nr. 309, 27. May 1831Nr. 311, 31. May 1831Nr. 317, 28. Juni 1831Nr. 325, 30. Juli 1831Nr. 355, 20. März 1832Nr. 359, 15. May 1832Nr. 372, 19. Februar 1833Nr. 375, 12. März 1833Nr. 382, 28. März 1833Nr. 394, 04. Juni 1833Nr. 395, 04. Juni 1833Nr. 397, 08. Juni 1833Nr. 399, 11. Juni 1833Nr. 402, 27. Juni 1833Nr. 410, 16. Juli 1833Nr. 415, 22. Oktober 1833Nr. 417, 31. Dezember 1833Nr. 424, 01. Februar 1834Nr. 429, 11. Februar 1834Nr. 439, 18. Februar 1834Nr. 444, 11. März 1834Nr. 449, 25. März 1834Nr. 451, 01. April 1834Nr. 454, 15. April 1834Nr. 457, 06. May 1834Nr. 458, 13. May 1834Nr. 464, 09. September 1834Nr. 469, 16. September 1834Nr. 480, 18. November 1834Nr. 87, 02. Juni 1824 — Fürstlich Lippisches Konsistorium Nr. 728, 07. September 1836 | G | Adolph Henrich Grabbe Nr. 29, 14. May 1820Nr. 30, 18. May 1820Nr. 31, 02. Juni 1820Nr. 32, 12. Juni 1820Nr. 33, 03. Juli 1820Nr. 34, 21. Juli 1820Nr. 35, 21. August 1820Nr. 36, 29. September 1820Nr. 43, 19. May 1822Nr. 47, 10. September 1822Nr. 54, 25. Dezember 1822Nr. 56, 05. Februar 1823Nr. 58, 18. Februar 1823Nr. 61, 28. März 1823Nr. 66, 25. April 1823Nr. 70, 30. May 1823 — Louise Christiane Grabbe — freunde Nr. 65, 24. April 1823 — Ludwig Christian Gustorf | H | Otto Carl August Ludwig Höpffner Nr. 62, 04. April 1823 — Johann Wilhelm von Hoffmann Nr. 379, 17. März 1833 | I | Karl Leberecht Immermann | J | Gotthelf Heinrich Jacobi Nr. 49, 21. November 1822 | K | Johann Karl August Kestner Nr. 178, 28. März 1828 — Karl Köchy | L | Fürst Leopold zur Lippe II. — Witwe Lohse Nr. 79, 23. November 1823 | M | Meyersche Hofbuchhandlung Nr. 22, 03. März 1818 | P | Moritz Leopold Petri Nr. 700, 05. May 1836 | R | Secondelieutenant Carl Wilhelm Runnenberg | S | Carl Georg Schreiner | T | Ludwig Tieck Nr. 51, 06. Dezember 1822 |
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