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Nr. 33, siehe GAA, Bd. V, S. 25thumbnail
Adolph Henrich Grabbe (Detmold) an Christian Dietrich Grabbe (Detmold)
Brief

25Handschrift 5te Brief
    Lieber Christian!

  Deine Briefe vom 18ten u. 25ten Juni haben wir, daß Du
gesund bist, zur größten Freude erhalten, Wir sind bis dato
noch gesund, u. es gehet alles im Zuchthause gut.

30  Die Neuigkeiten sind jetzt, daß Morgen d. 3ten d. die Fürstinn
Paulina die Regierung abtritt, wo alle die Behörden in
Detmold um ½12 Uhr auf dem Schloß versammelt sein
müssen, wo von der Fürstinn Paulina die Regierung an Ihren
Sohn ubergeben wird. u. so wird dieselbe, der sage nach
35Sachse p.

  Du glaubst der p Clostermeier wäre wol böse auf Dich,
darinn irrst Du Dich sehr, er hat sich über Deinen Brief
gefreuet, bedauert aber daß Du einen so breiten Rand u. weit
geschrieben u. feineres Papier, wegen Porto hättest nehmen

[GAA, Bd. V, S. 26]

 


müssen ich antwortete, darinn würde von Dir die Höflichkeit
bezeugt, da fieng er an zu lächeln, dieses nahme er gerne an
wäre aber nicht nöthig, er will Dir wieder antworten u. thut
dicke daß Du so mit Leipzig u. den Umgebungen zu frieden
5bist. Ich haben Deinen Brief Deiner Mutter vorgelesen.

  Der alte Cammerrath Stein ist heute gestorben.

  Emmighausen kömmt künftigen Michaeli nach Halle wo
er noch ein halbes Jahr Studiren soll. Coelln will Dir auf
Michaeli bei seiner Durchreise nach Breßlau in Leipzig besuchen.
10Der Junge Althof hat in Jena bei seinem Professor wo
er Collegia hört gespeißt. Der Fiskal Althof ist krank u. ist
/: im Vertrauen gesagt :/ wegen einer ansehnlichen Summe
Geldes,Handschrift  die er wol nicht wird anschaffen können, verklagt,
u. der Secr. Knoch den Proceß gegen ihm führt. Der Rath
15Antze hat das neue Haus gekauft.

  Daß Du auf Michaeli ein neues Quartier meßfrei halbjährig
mit 15 rthlrn. beziehst, ist uns lieb u. Deiner Mutter noch
lieber daß Du eine Portion Kaffe für 1 ggr. 2 pf. erhältst,
da kannst Du nichts von sagen, Deine Mutter weiß recht gut
20daß Du mit dem häußlichen Werken so recht nicht umgehen
kannst. Meister ziehet auch auf Michaeli in ein andres Quartier,
u. wie mir sein Vater sagt, klagt er über das Essen in
Göttingen. Meister ist jetzt bei ziller seiner Frauen Schwester,
da wäre es besser. Du hast recht, daß die Schinken auf der
25Post zu theuer kommen, auf Michaeli sollst Du sie haben,
wenn die Meßfuhrleute kommen. Wenn Du den noch andere
Sachen haben willst, kannst Du unter Zeit noch schreiben Z. B.
Bette p. Du mußt mir aber zeitig Deinen neuen Hauswirth
bekanntmachen. Die Landständische Verfassung habe ich schon
30u. soll, wie auch das Buch, worinn die Feierlichkeiten des
Einzugs des Fürsten, worauf ich pränumerirt habe, erfolgen.
Deine Wäsche ist nicht zu theuer. Deiner Mutter freuet es
sehr daß Du in der Kirche gewesen bist, geh oft hinein. Dein
Geld soll auf der Post erfolgen, aber Du mußt erst schreiben.
35Rechnung kannst Du ablegen u. es ist recht besonders für Dich
daß Du mit Rechnungen bekannt wirst. Du hast im Ganzen
194 rthlr. nämlich das Gold in Münze verwandelt, erhalten.
Für die Reise konnte ich ja nicht extra bestimmen.

  Handschrift Den Fackelnzug am 7ten v. M. haben wir ganz ausführlich
40in den Frankfurter Zeitungen gehabt. Glaub mir Deine Mutter
war voller Freuden, den Dein Brief u. Zeitungen kamen zu

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gleich, sie weinte u. hat es wol 3—4 mal gelesen. In Paris sind
die Studenten unruhig, ich bitte Dich nim Dich für alles in
Acht, Dein Wirkungskreis bleibt Dir gewiß offen, nachdem
Deine Studien vollendet sind. Der Superintendtend läßt Dir
5grüßen, u. fragte in der Allee nach Deinem Befinden, der
Legationsrath Preuß begegnete mir mit Deiner Mutter vor
ein Paar Abenden in Allee u. läßt Dir alle das Gute sagen.
Dresel hat vor einigen Tagen mir in Allee angeredet u. that
ihm leid daß er nicht gewußt hätte, daß Du nach Leipzig
10giengest, der spricht grade von Leipzig wie der Archivrath
u. sagte, wenn er einen Bruder oder Verwandten hätte, so
sollte er nirgend anders Studiren wie in Leipzig u. sagte „wer
Leipzig gesehen, hat die ganze Welt gesehen“; so eine Vorliebe
hat der für Leipzig.

15                Detmold den 3ten Juli 1820