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Nr. 336, siehe GAA, Bd. V, S. 352nothumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Valentin Husemann (Detmold)
Brief

      Hochgeehrtester Herr Husemann!

  Alles, was mir die Henr. böse gemacht hat, ist nichts Anderes
als falsche Vermuthungen. Ich selbst bin daran Schuld.
— Bitte, thun Sie mir nicht weh, und nehmen Sie, so lange
5ich lebe, bisweilen einen Brief von mir an. Daß ich Ihnen
Allen gut bin, will ich Ihnen bald beweisen, selbst in und
nach dem Entscheidendsten.

  Vor Allem schreibe ich dieses, weil von mir wieder allerlei
Heiratherei gesprochen wird, seit ich einen mir sehr theuern
10Ring trage. Ach, die Jette lasse ich nie. Sie alle scheinen hart
und kalt, wie ich sonderbar und schroff. Es bricht doch
einmal im Herzen los.

  Beschweren Sie meine Briefe — gut — und in einer Stunde
sind Sie von solchen Beschwernissen erlöset.

15  Neulich war ich krank. Sie werden gemeint haben: Wegen
Schwelgerei. Himmel, wie anders! Ich hatte in Meinberg von
9 bis 3 Uhr geschlafen und Jude Wolff hat meinen Mantel
verloren. Diesen Mantel hatte die Henriette einmal in besseren
Zeiten um ihre Schultern gehängt und im Spaß gesagt, wenn
20ich in das Feld zöge, wollte sie mein Marketender wohl seyn.
Das reizte mich zur Wuth darüber, daß der Wolff meinen
Mantel verloren, der um die Schultern der gehangen, die mir
so gut schien oder war.
  Ach —    Grabbe.
Auf diesen Blättern sind Thränen gewesen.    

  .... Ich lebe wie ein Gott, fahre noch heute aus und —
bin ohne Sie doch verloren.
  Um allen Himmel, alles Glückes willen, erwidern Sie mir
nicht hart hierauf — warten Sie bis ich anfrage. Gott, o Gott.
30   Detmold, 30. September 1831.

 


336.

H: hat sich vor Jahren im Besitze des Professors Theodor Husemann
in Göttingen befunden, dessen Mutter die Schwester der Henriette
Meyer gewesen ist. Prof. Husemann hat das bis dahin unveröffentlichte
Schreiben Oscar Blumenthal mitgeteilt.
D: Oscar Blumenthal: Aus Grabbe's Leidensgeschichte. (Zum Theil
nach ungedruckten Quellen.) (In: Für alle Wagen- et Menschen-

[Bd. b5, S. 654]

 


Classen. Plaudereien von Station zu Station von Oscar Blumenthal.
I. Classe. Leipzig: Günther [1875]. S. 1—34.). S. 27—29.

S. 352, Z. 20: Marketender] Markedenter D
S. 352, Z. 20: seyn] sein D
S. 352, Z. 30: Detmold, 30. September 1831.] nach den Angaben
in D in die übliche Form gebracht