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Nr. 363, siehe GAA, Bd. V, S. 376thumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Georg Ferdinand Kettembeil (Frankfurt a. M.)
Brief

        Handschrift Lieber Kettembeil, antworte mir umgehends.

  Ich glaube, Andere benutzen Ihre Talente. Mehr als Ich,
quia, weil sie es nöthiger haben. Heine und Börne leben
20von Buchhändlern und Zeitungsschreibern, und darum sind
sie liberal, würden übrigens, wenn ich Kaiser würde, und es
nicht der Mühe werth hielte, sie köpfen zu lassen, Fußleckerei
lernen und sehr kaiserlich seyn. Auch sorgen Andere mehr
für ihr großes Genie als ich. Ich habe aber denn doch meine
25Sachen durchgelesen, i. e. von Neuem, und finde, daß sie
mehr und mehr durchdringen müssen. Sie sind nicht so schlecht
als ich dachte. Auch wird wohl jeder Mensch nach 4 Jahren
ein Anderer.

  Narren müssen als Narren behandelt werden. Und so lange
30das Gepack so dumm ist, muß man mit ihm heulen, bis man
ihm bequem in den Nacken schlagen kann. Darum könntest
Du wohl etwas einsetzen, um in dieser schurkenvollen Welt
durch bestellte Recensionen etwas für Dich und mich aller
Orts zu thun.

35  Mein Cartell ist nicht angenommen, aber meine Braut bietet
sich mir durch die dritte Hand wieder an. Nun aber nehm'

[GAA, Bd. V, S. 377]

 


ich sie nicht. 1½ Jahr habe ich Handschrift gelitten, — jetzt bin ich
wieder gesund, und das ekelhafte Loch zwischen den 2 Beinen
soll mir nicht geschadet haben, sondern mich groß machen.

  Mit der Buchhändlerei steht es, den Zeitungen nach, nicht
5gut. Es ist mir daher so lieber, daß doch Etwas von dem
Napoleon abgegangen ist.

  Der Mensch Kosciusko interessirt mich qua solcher wenig.
Ich liebe ausgezeichnetere Charactere. Aber schildern kann
ich ihn wohl, und habe bei ihm schon genug gethan. Bühnengerecht
10wird das Ding indeß (wenn es nicht Speculanten
zustutzen) nicht, desto sicherer aber weltgerecht. Auch
sind eine Masse Personen darin, die ich liebe, z. B.: Katharina
(Kathinka), Potemkin, Suworow, Igielström, Malachowsky,
Gräfin Wlodomirska, Robespierre, Danton, (letztere beiden
15freilich auf eine eigene Weise, aber doch dramatisch gut eingeführt)
pp. da. Herr Seume, der Jammervolle, ist als Secretair
Handschrift des Hrn. Igielström auch nicht vergessen, und soll sein auf
elende, renommistische Art bekannt gemachtes Niente büßen.
Kurz und gut, ich bin jetzt größer und klüger als je, und
20trete im Kosciusko als „Dichter“ selbst in brillanten Prologen
hier und da auf, und soll alles darin seyn, was in Wissenschaft,
Kunst und Leben bis dato passirt ist, — soll besser
werden als Goethes Faust, der eigentlich darin doch nur ein
Hurenleben geschildert hat. Sir Goëthe konnte ja nicht zum
25Leben kommen, weil ihn das Leben auf den Händen trug.

  Bei dieser Bohne ist es eins, ob Polen unter, oder nicht.

  Nur, Kind, ist es mit dem Buchhandel nicht mehr so, wie
zu der Zeit, wo jeder Musenalmanachsdreck mit 1 rthlr. 12 gr.
bezahlt wurde. Du mußt, so wenig sie wirken, doch die
30Journale pp. mittel- oder unmittelbar mehr benutzen (kostet's
Dir auch Geld) als Du thust. — Und dann: a) Du mußt
meinem Worte Handschrift trauen, daß ich Dich mit dem K. nicht täusche, -
mein Geist ist freier als je, — b.) könnte Dir die Schmiere
soviel einbringen, muß ich 4—5 Monate lang, denn dann
35ist der Kosciusko fertig, unbedingt am 1ten jeden Monats
15 rthlr. per Postvorschuß auf Dich erheben dürfen. Bedenke:
ich brauche nur mehr zu advociren, so verdiene ich 2—3 mal
soviel außer meinem Auditeurgehalt, — aber ich poetisire
lieber. Wag's, wenn es Deine Verhältnisse erlauben. „Ein
40großes Herz wird stärker durch's Zerreißen“ sagt mein Rothbart
— ich glaube, meines ist's geworden.

[GAA, Bd. V, S. 378]

 


  Neuigkeiten — 2 Fliegen haben Leistenbruch gekriegt, —
1 Ameise hat auf Champagner gesetzt, — der Teufel gebraucht
Schlammbäder, — das Hambacher Fest ist albernes Zeug, sie
haben gesoffen und sind a manièra tedesca nach Haus gegangen,
5— Rotteck hat noch viel zu lernen und wird eher von
Democraten als von Aristokraten geköpft, wie Camille Desmoulins,
— die Raben trinken sehr, — ich habe (wenn ich
will) meine alte Braut wieder und eine neue dazu. — Apropos:
ich habe Uniform. —

10  Altigkeiten —Dein

                                

  [Detmold.] Den 9t Juli 1832.

 

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  Ebene schließenChronologisch
   
1812Adolph Henrich Grabbe Nr. 3, 1812 — Dorothea Grabbe Nr. 3, 1812
1815Meyersche Hofbuchhandlung 
1816Meyersche Hofbuchhandlung 
1817Georg Joachim Göschen Nr. 14, 28. Juli 1817
1818Dorothea Grabbe Nr. 21, 11. Februar 1818 — Adolph Henrich Grabbe  — Meyersche Hofbuchhandlung 
1819Meyersche Hofbuchhandlung Nr. 27, 07. May 1819
1821Adolph Henrich Grabbe  — Dorothea Grabbe 
1822Dorothea Grabbe  — Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen Nr. a1, 28. Januar 1822 — Adolph Henrich Grabbe  — Ludwig Tieck 
1823Dorothea Grabbe  — Ludwig Christian Gustorf  — Adolph Henrich Grabbe  — Ludwig Tieck 
1824Ludwig Christian Gustorf Nr. 80, 12. Februar 1824 — Fürstlich Lippische Regierung Nr. 81, 14. Februar 1824 — Examinationskommission Nr. 85, 27. März 1824
1825Moritz Leopold Petri  — Fürst Leopold zur Lippe II. Nr. 90, 29. Dezember 1825
1826Fürst Leopold zur Lippe II. Nr. 91, 19. Januar 1826 — Christian Gottlieb Clostermeier  — Friedrich Wilhelm Helwing Nr. 94, 06. May 1826 — Meyersche Hofbuchhandlung  — Friedrich Wasserfall  — Christian von Meien Nr. 102, 15. Oktober 1826 — Fürstlich Lippische Regierung  — Moritz Leopold Petri 
1827Fürstlich Lippische Regierung Nr. 116, 07. Januar 1827 — Christian von Meien Nr. 119, 07. April 1827 — Christian Gottlieb Clostermeier Nr. 121, 01. May 1827 — Moritz Leopold Petri Nr. 123, 04. May 1827 — Georg Ferdinand Kettembeil  — Unbekannt  — Nikolaus Meyer Nr. 132, 21. August 1827 — Johann Wolfgang von Goethe Nr. 135, 26. Oktober 1827 — Ludwig Tieck Nr. 136, 30. Oktober 1827 — Friedrich Wilhelm Gubitz Nr. 140, 22. Dezember 1827
1828Fürst Leopold zur Lippe II. Nr. 144, 04. Januar 1828 — Christian von Meien Nr. 147, 10. Januar 1828 — Fürstlich Lippische Rentkammer Nr. 155, 24. Januar 1828 — Wilhelmine Koch Nr. 156, 26. Januar 1828 — Georg Ferdinand Kettembeil  — Nikolaus Meyer Nr. 165, 03. März 1828 — Fürstlich Lippische Regierung  — Friedrich Wilhelm Gubitz Nr. 167, 07. März 1828 — Christian Gottlieb Clostermeier  — Louise Clostermeier  — Johann Karl August Kestner  — Karl Gottfried Theodor Winkler Nr. 183, 02. April 1828 — Louise Christiane Clostermeier  — Unbekannt Nr. 213, 26. November 1828
1829Louise Christiane Clostermeier  — Christian von Meien  — Friedrich August Rosen Nr. 223, 10. Februar 1829 — Friedrich Althof Nr. 224, 20. Februar 1829 — Meyersche Hofbuchhandlung  — Georg Ferdinand Kettembeil  — Secondelieutenant Carl Wilhelm Runnenberg Nr. 235, 01. August 1829 — Friedrich Steinmann  — Nikolaus Meyer Nr. 237, 03. August 1829 — Hermannsche Buchhandlung Nr. a2, 20. August 1829 — Louise Clostermeier Nr. 242, 05. September 1829 — Fürst Leopold zur Lippe II. Nr. 250, 19. Dezember 1829
1830Louise Christiane Clostermeier  — Nikolaus Meyer  — Friedrich Steinmann Nr. 259, 30. Januar 1830 — Georg Ferdinand Kettembeil  — Karl Gottfried Theodor Winkler  — Johann Heinrich Wist Nr. 268, 28. May 1830 — Unbekannt Nr. 270, 15. Juni 1830 — Ernst Barkhausen Nr. 273, 03. August 1830 — Wolfgang Menzel Nr. 274, 03. August 1830 — Meyersche Hofbuchhandlung Nr. 278, 16. September 1830
1831Wolfgang Menzel Nr. 286, 15. Januar 1831 — Nikolaus Meyer  — Dr. Gustav Friedrich Klemm Nr. 293, 24. März 1831 — Christian von Meien  — Fürstlich Lippische Regierung  — Georg Ferdinand Kettembeil  — Fürst Leopold zur Lippe II. Nr. 324, 28. Juli 1831 — Louise Christiane Clostermeier  — Valentin Husemann  — Moritz Leopold Petri 
1832Moritz Leopold Petri  — Georg Ferdinand Kettembeil  — Theodor von Kobbe Nr. 353, 10. Februar 1832 — Fürstlich Lippische Regierung  — Christian von Meien Nr. 361, 28. May 1832 — Fürst Leopold zur Lippe II. Nr. 362, 29. May 1832 — Johann Karl August Kestner Nr. a3, 18. Juni 1832 — Louise Christiane Clostermeier  — Secondelieutenant Carl Wilhelm Runnenberg  — Herrschaftliches Richteramt Nr. 368, 02. November 1832
1833Moritz Leopold Petri Nr. 369, 05. Januar 1833 — Fürst Leopold zur Lippe II.  — Friedrich Ballhorn-Rosen Nr. 377, 06. März 1833 — Meyersche Hofbuchhandlung  — Secondelieutenant Carl Wilhelm Runnenberg  — Louise Christiane Grabbe  — Fürstlich Lippische Regierung  — Christian von Meien 
1834Fürst Leopold zur Lippe II.  — Christian von Meien  — Louise Christiane Grabbe  — Karl Ziegler  — Dorothea Grabbe  — Fürstlich Lippische Regierung  — Wolfgang Menzel Nr. 477, 15. November 1834 — Eduard Duller Nr. 478a, 18. November 1834 — Moritz Leopold Petri  — Karl Leberecht Immermann 
1835Secondelieutenant Carl Wilhelm Runnenberg Nr. 499, 01. Januar 1835 — Louise Christiane Grabbe  — Karl Leberecht Immermann  — Unbekannt  — Moritz Leopold Petri  — Karl Ziegler  — Friedrich Althof Nr. 610, 10. Juni 1835 — Dr. Martin Runkel  — Karl Jenke Nr. 620, 18. Juni 1835 — Friedrich Schenk Nr. 620, 18. Juni 1835 — Dr. Karl Heinrich Ebermaier Nr. 623a, 20. Juni 1835 — Wolfgang Menzel  — Carl Georg Schreiner  — Gräfin Elisa von Ahlefeldt  — Ludwig Saeng Nr. a5, 27. Juli 1835 — Dorothea Grabbe  — A. L. Hons 
1836Karl Leberecht Immermann  — Louise Christiane Grabbe  — Eduard Duller Nr. 694, 21. April 1836 — Dorothea Grabbe  — Hermann Kunibert Neumann  — Heinrich Brockhaus Nr. 702, 11. May 1836 — A. L. Hons  — Karl Ziegler  — Moritz Leopold Petri  — Christian von Meien Nr. 725, 24. Juli 1836 — Unbekannt Nr. 729, 08. September 1836 — Carl Georg Schreiner 
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