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Nr. 465, siehe GAA, Bd. VI, S. 86thumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Christian von Meien (Detmold)
Brief

                Handschrift Hochwohlgeborener,
          Hochgeehrtester Herr Regierungsrath!

  Fürerst und für stets Dank.

  Da ich bald abreisen möchte, wird es mir sehr lieb seyn,
10daß ich das Geld qu. gleich beziehen kann.

  Das verdien' ich kaum, und ich weiß nicht, wie ich Hochfürstlicher
Regierung Handschrift darthun soll, wie tief ich dieses in ernster
Freude fühle. Es liegt mir schwer auf dem Herzen, und
wird mich quälen (wie das immer meine Art war) bis ich
15etwas ersinne.

  Gestern hab' ich zu meinem größten Verdruß wegen weniger
Thaler incl. der Kosten ./. Schuhmacher Schierholz einen Eid
schwören müssen. Ich that es wegen des Rechts, bei welchem
der Pfennig mit Handschrift Millionen Louisd'ors gleich seyn muß. Auch
20werd' ich Foderung, Kosten pp eintreiben lassen, sie behalten,
nichts weggeben, weil es leerer Hochmuth wäre. Sie verzeihen,
daß ich dieses hier anflicke, aber Verläumdung könnte ihre
Zungen ausrecken, und bei Ihnen will ich im guten Licht
stehen.

25  Bedarf ich in der Auditeursache weitere Aufklärung, werde
ich bitten, Sie besuchen zu Handschrift dürfen.

  Hier im Hause wird's besser; ich bleibe jedoch in jeder
Art bei meinen Entschlüssen. Ich werde meine Frau ehren
und geehrt wissen, doch — das Hierbleiben geht dermalen
30nicht.

  Detmold den 10 Sept. 1834.

                                
                                
                                

35[Adresse:] Handschrift Sr Hochwohlgeboren dem Herrn Regierungsrath
von Meien.

[GAA, Bd. VI, S. 87]

 

 


465.

H: 2 Doppelbl. in 40, eines mit 4 S. Text, das andere als Umschlag
dienend, mit Adresse auf S. 4.
F: GrA
T: Leo Liepmannssohn's Autographen-Lagerkatalog 114 (1899).
(Abdruck des Schlußabsatzes.)
D: WGr IV 339—40, als Nr 121.

S. 86, Z. 16: Gestern hab' ich [usw.]: Dieser Eid hängt offenbar
mit einer Sache zusammen, die sich aus dem Aktenstücke „Varia:
Beschwerden über Justizverzögerungen, Forderungen usw.“ (StAD
L 77 C Fach 50. M. Nr 61V, Bl. 347—62) ergibt. Danach stand
dem Schuhmacher Schierholz in Detmold ein Regreßanspruch gegen
Grabbe zu, der auf folgende Weise zustande gekommen war: Schierholz
hatte eine Forderung gegen den vormaligen Soldaten und Stellvertreter
Windmeier aus Lage. Dessen sämtliche Gläubiger waren
auf den 12. Juli 1833 zusammenberufen, nach diesem Termine aber
dem Schuldner von Grabbe noch 14 Rtlr. 20 Gr. 5 Pf. ausbezahlt
worden, was zum Nachteile des Schuhmachers nicht hatte geschehen
dürfen. (Bericht des Militärgerichts vom 25. März 1834. Nr 1946.)
Ferner stellte sich heraus, daß Grabbe die Zinsen der Stellvertretungsgelder
falsch berechnet und mehrere Gläubiger, die auf dieses
Geld noch Anspruch hatten, unter denjenigen aufgeführt hatte,
die bereits befriedigt waren. Er mußte daher einen Betrag von 10
Rtlrn. 29 Gr. und einem Pfennig anschaffen, aus dem Schierholz

[Bd. b6, S. 437]

 


2 Rtlr. empfing. Nun verlangte er aber noch Erstattung von Kosten.
Da aber Grabbe sich gütlich zu nichts verstehen wollte, so blieb
dem Schuhmacher, wie der Substitut Pustkuchen am Schlusse seines
zweiten Berichts vom 6. Juni 1834 (Nr 3314) bemerkte, nichts
anders übrig, als diese Forderung im Wege Rechtens zu verfolgen.
Dies scheint Schierholz denn auch getan zu haben; vgl. Glaubw.
S. 91, unter Nr 233e, sowie die Anm. zu Brief 426 unter 3.
S. 86, Z. 17: Schuhmacher Schierholz: Heinrich August Sch., geb.
2. Sept. 1791 zu Lemgo (St. Marien), gest. 26. Jan. 1850 zu Detmold
an der Auszehrung. (Die Vornamen nach den Acta die Schuster
-Zunft in Detmold betr. Vol. I. 1809—1864. StAD L 77 A
Fach 137. Nr. 25I. Bl. 79, Anl. zu einem am 15. Sept. 1839 eingegangenen
Schreiben.)