Nr. 498, siehe GAA, Bd. VI, S. 129 | 08. Januar 1835 | | Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Louise Christiane Grabbe (Detmold) | Brief | | | | Vorangehend: | Nachfolgend: |
| Lucie! Hör' ein vernünft'ges Wort. Ich bin nun so placirt, daß ich auch für Dich jährlich 100 rthlr. und mehr erübrigen könnte. 20Aschenbrödel und Hannibal, die mir mit Umarbeiten viele Zeit geraubt, sind im Begriff in die Presse zu gehn. Laß meine Mutter, die so viel für mich gethan hat, in Ehren, zeig' ein gutes Herz, indem Du den Proceß mit der armen Wallbaum, die so oft für Dich lief, edel beschließest, mach 25mir keine Speranzien mit Quittungen und Obligationen, denke daß ich Dir doch alle Sachen, die ich bedurfte, in's Haus gebracht, und nur kümmerliche 6 Hemden pp eine tombackne Uhr zum Staat, eine übersilberte für die Post, zur Reise erwählt, und alles liegen und stehen gelassen habe, wie ich's 30fand oder gebracht. Wär'st Du gut wie vor der Ehe könnte Manches anders seyn. Du hast nie eingesehn, daß ich nur aus Furcht vor mir, nicht vor Dir und Deinem aufreitzenden pp (sey's gut) etwas Ruhe suchte. Mein Hannibal ist fast ganz umgearbeitet und fertig, Aschenbrödel, auch umgearbeitet, 35bald unter der Presse, und der Gedanke an die Heimath (der einem in der Ferne wohl kommt, jedoch nicht mit Heimweh zu verwechseln ist) hat mich auf etwas aufmerksam gemacht, was mir so nahe lag: nämlich ein großes [GAA, Bd. VI, S. 130] Drama aus der Hermannsschlacht zu machen; alle Thäler, all das Grün, alle Bäche, alle Eigenthümlichkeiten der Bewohner des lippischen Landes, das Beste der Erinnerungen aus meiner, so viel ich davon weiß, auch, wenn Du willst, 5aus Deiner Kindheit und Jugend, sollen darin grünen, rauschen und sich bewegen. Und, sonderbar, ich dachte nicht daran als mir der Stoff einfiel, mein erster Leiter wird Deines Vaters Buch seyn müssen. Ich hoff's hier wo aufzutreiben, und mein Drama soll ihm wahrhaftig nicht schaden, vielmehr sein 10Gedenken erfrischen mit den Blumen der Poesie, — wenn Du nur auskundigen könntest, wieviel Exemplare die Meiersche Buchhandlung noch hat, — ich ließe sie, wäre das Drama fertig, durch den Buchhändler aufkaufen, und eine neue Auflage, neu bezahlt, bliebe nicht aus. Denn ich würde ja expreß 15Gewicht darauf legen. — In Frankf. sind mir, was Manches erklärt, Scenen aus dem Hann. abgedrängt — Gottlob ich fand sie im Kopf wieder, und besser. — Daß in meinem ganzen Leben alles so ging, wie's ging, ist Glück.Dein Grabbe 20 Düsseldorf, 8 Jan. 1835 (wohnhaft in der Ritterstraße, nr. 70, 1 Treppe hoch, bei Mad. Andries.) [Adresse:] An die Frau Auditeurin Grabbe Wohlgeboren in Detmold. Durch Einlage. |
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