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Nr. 56, siehe GAA, Bd. V, S. 58thumbnail
Adolph Henrich Grabbe (Detmold) an Christian Dietrich Grabbe (Berlin)
Brief

        Handschrift Lieber Christian!

  Deinem Brief vom 29ten Januar haben wir am Sonntag
den 2ten Febr. richtig erhalten und freuen uns, daß Du gesund
bist. Wir sind es bis jetzt, so wie es unser Alter erlaubt, auch
10noch. Du schreibst von Kälte, glaub nur hier ist es auch was
gewesen, und jetzt ist hier bequemes Frühlingswetter. Der
Herr Ditmar in Berlin hat sich geirrt, wie e[Stelle abgerissen]
nug vorher im Dec. und Jan. beschrieb, und bekömm[t Stelle
abgerissen] Hier war Wassermangel u. die Müller konnten
15fast nicht mehr mahlen, weil das Wasser zum Theil ausgefroren
war. Seit Neujahr halten wir die Berliner Voßische
Zeitung, wir wissen alles was in Berlin passirt, glaub nur
Deine Mutter ist bei der Hand wenn dieselbe kömmt und
sie freuet sich nicht mehr als wenn Lebensmittel darinn angebothen
20werden. Sie konnte aber Deine Straße wo Du wohnest
nicht darinn finden, allein einmal hat sie doch schon darinn
gestanden u. sie hat sich gefreuet. Es ist auch Feuer in der
Behrenstraße gewesen. Der König hat viele Orden vertheilen
lassen u. große Tafel mit lauter Ordensmännern gehalten.
25Doch dieses wirst Du alle wissen. Du schreibst Du wüßtest
nicht ob Du ostern zu Hause kämest, dieses mußt Du thun,
wenn Du gesund bleibest, denn wenn es nur auch auf eine
kurze Zeit ist. Wir sehen wol ein, daß Du bei uns nicht sein
kannst, aber man hat doch vieles zu sprechen was man alle
30nicht schreiben kann. Du kannst ja mit der Post kommen
und den bist Du in 4 Tagen von Berlin in Detmold. mit
den Posten geht es sehr geschwinde. Wenn Du eine Anstellung
als Dichter irgend bei einem Theater erhalten kannst, soll uns
von Herzen freuen, sei es auch wo es wolle.

35  Handschrift Eins hat Deine Mutter in Berlin zu tadeln und das ist, die
Comedien sind zu theuer darin. Nun zu den Neuigkeiten
Detmolds. Der Regierungsrath v. Maien hat für Anzen die
ober Polizeiaufsicht erhalten. Der Secr. Merkel ist Stadtsrichter
geworden.

[GAA, Bd. V, S. 59]

 


  Dein Freund der junge Althof ist examinirt und hat
in seinem Examen gut bestanden. Wenn Du hier im
Lippischen keine Anstellung denkest zu haben, dan brauchest
Du Dir hier auch nicht examiniren zu lassen, denn das kostet
5Geld und wäre dann umsonst ausgegeben. Der Amtsvogt in
Lage Falkmann sollte mit einem Comando, wegen seinen
[B]ankroth, ins Werkhaus gebracht werden, war aber krank!!!

  [Se]in Sohn, der hier mit Dir auf Schule ging, ist
hier Militair u. beziehet die Gage als Corporal! Der
10Rath Falkmann läuft jetzt wieder viel u. wird wieder
lebendiger!! Die Regierungsräthinn Volkhausen ist todt u. der
SchloßHauptmann beziehet die Wohnung wieder. Hier ist
Rathswahl gewesen und der Kaufmann Barkhausen ist Bürgermeister
geworden. Der Sohn des Pastor Krüger und Schönfeld
15erhalten Dein Stipendium wieder.

  Das Amt Detmold kömmt nach Lage, nämlich Bornemann
mit seinem Antheil, die Detmolder sind sehr unzufrieden
darüber, weil ihnen dadurch viele Nahrung entzogen wird.
Der Magistrat zu Lage hat das neue vom Amtsvogt Falkmann
20erbauete Haus gekauft, und geben es zum AmtHause her.
Du wirst gelesen haben, das schöne Theater in München, für
das Du so viele Vorliebe hattest ist abgebrannt. Tischer
Tegeler sein Sohn der Maler ist da, kömmt aber Ostern zu
Haus.

25  Wenn Du nun wieder schreibst, erhältst Du noch 10 Pistolen,
dieses sind die letzten, dann sind wir ganz rein und wir
wünschen denn nichts sehnlicher als daß Du Deinen Lebensunterhalt
hinlänglich verdienen magst, woran wir aber nicht
zweifeln. Deine Mutter und ich sind überzeugt, daß wir Dich
30gethan haben, was wir zu thun schuldig waren, darum, wenn
wir in der Folge auch weit auseinander sind, ruhig sein können.

  Handschrift Kommen mußt Du aber, wenn Du gesund bleibst, auf
Ostern. Wir haben Dir noch um manches zu befragen, was
wir Dir nicht schreiben können und die Mutter glaubt, wenn
35Du auch alle Deine Sachen nicht mitbrächtest, wenn Du hier
nicht bleiben willst, möchtest Du die alten Strümpfe p mitbringen.
Hast Du auch bei der Kälte 2 Hosen angehabt?
Die Mutter warnt Du möchtest vorsichtig sein u. nicht zu hoch,
wegen Feuersgefahr p wohnen. Ist Begemann an Neujahr in
40Berlin gewesen?

  Moritz Petri hat auf Ostern von Leipzig weg und nach

[GAA, Bd. V, S. 60]

 


Berlin wollen, sein Vater hat es aber nicht haben wollen.
Werfel hat auch da weg wollen, aber er soll auch da bleiben,
und alles auf Veranlassung des Canzl. Dir. B.[allhorn] Rose.

  Dem Vernehmen nach soll Petri gleich auf Michaeli, wenn
5er seine Studien vollendet hat, in Lage als Syndikus angestellt
werden, den seines Vaters Bruder in Lemgo der Burgermster
Petri will alsdann das Syndikat in Lage welches
400 rthlr. einbringt, abtreten. Der Burgermstr. Heldmann in
Lemgo ist auch todt. Alle andere haben Fürsorge, Du allein
10nicht!!! Der 2te Althof geht diesen Ostern auch nach Jena, um
Jura zu studiren. Der Fürst gibt ihm jährlich 120 rthlr.

  Nun lieber Christian ich weis nichts neues mehr leb wohl,
in 2 Monaten sehen wir uns persönlich.

  Detmold den 5ten Febr. 1823.

15                                

  Ich habe Dir, wenn wir bis ostern leben, noch um vieles
zu fragen, wenn wir des Abends zusammen, u. vielleicht auf
ewig nicht wieder zusammen schlafen. leb wohl. Dein Dichliebender
Vater.

20[Adresse:] Handschrift An den Hrn. Stud. jur. Chr. Grabbe Wohnhaft
bei dem Herrn Riemermeister Kramer auf der alten Friedrichsstraße
nro: 83. in Berlin frey

 


56.

H: Doppelbl. in 20; 3 S., Adresse auf S. 4.
F: GrA
T: WBl IV 613—14. (Dort mit dem falschen Datum: 3. Febr.
1833. Der Poststempel ist vom 6. Februar.)

S. 59, Z. 8: [Se]in] Der Brief ist an dieser Stelle mit geringem
Textverlust beschädigt
S. 60, Z. 1: wollen,] Der Brief ist an dieser Stelle beschädigt und
das Komma vermutungsweise eingesetzt
S. 60, Z. 1: wollen.] Der Brief ist an dieser Stelle beschädigt und
der Punkt vermutungsweise eingesetzt

S. 58, Z. 12: Der Herr Ditmar in Berlin [usw.]: Der am 9. Juli
1759 zu Primckenau in Niederschlesien geborene Professor Siegismund
Gottfried Dietmar. Von Haus aus Theolog, wählte er nach
beendetem Studium und ausgedehnten Reisen durch Deutschland,
Holland, Frankreich und die Schweiz Berlin zu seinem Aufenthaltsorte,
gründete eine Erziehungsanstalt für Söhne der höheren Stände
und hielt Vorlesungen über Aesthetik, Geschichte und Naturwissenschaften,
das Fach, dem seine besondere Vorliebe galt. „Eine im
Jahr 1815 in die öffentlichen Blätter eingerückte Erklärung eines
damals lang anhaltenden Sommerregens zog die Aufmerksamkeit
des Fürsten Staatskanzlers von Hardenberg auf sich, der ihn aufforderte,
seine Ansichten über das Entstehen meteorischer Erscheinungen
zu veröffentlichen. Dies veranlaßte die Herausgabe der bis 1823
halbjährig erscheinenden Prognostik der zu erwartenden Witterung“.
Da er nun aber den Winter 1822 auf 23 als milde voraussagte,
einmal, weil der Wind seit dem Erdwendetage, dem 23. September,
zwischen Osten, Süden und Westen geblieben sei und nur einige
Tage von Nordwest oder Westnord und Ostnord nach Europa

[Bd. b5, S. 444]

 


geweht habe, ferner weil viele Erscheinungen in der Natur übereinstimmend
darauf hindeuteten, z. B. das Wild nur wenig behangen
sei und das Geflügel spät die Federn verliere (vgl. „Frankfurter
Ober-Postamts-Zeitung“ Nr 336, 3. Dez. 1822, S. [1] unter Berlin
vom 28. Nov.), dieser Winter aber in Wirklichkeit als sehr strenge
sich zeigte, so gab dies „fast in ganz Deutschland eine längst gewünschte
Veranlassung zu satyrischen Schriften“, „welche die Rechtfertigungsschrift
des Verstorbenen 'der mildstrenge Winter im J.
1822—23 [oder die für und wieder aller Voranzeigen bevorstehenden
Witterungs-Veränderungen. Berlin, Sander 1823]' nicht ganz
zum Schweigen zu bringen vermochte. Dieser verfehlten Bestimmung
wegen wurde ihm auch damals von irgend Jemand eine Eisscholle
zugesendet.“ Noch am 19. Okt. 1833 hielt er zu Potsdam in einer
Sitzung der ökonomischen Gesellschaft Vorträge über meteorische
Gegenstände und wollte eben zu den Seinigen nach Berlin zurückkehren,
als ihn am folgenden Tage der Tod durch einen Schlagfluß
überraschte. („Neuer Nekrolog der Deutschen“, Jg. 12, 1834, Th.
2. Weimar 1836, S. 998—1001, unter Nr 337.)
  Schauplatz solcher Kontroversen ist u. a. auch die „Königlich
privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen“
gewesen. In ihr veröffentlichte Dietmar in jenen Monaten in bestimmten
Abständen seine meteorologischen Berichte, nahm auch in
der ersten Beilage zu Stück 4 vom 9. Jan., S. [1]—[2], in einem
vom 7. Jan. datierten „Vorwort bei Erscheinung der größern Kälte
als 9 Grad in Nord- und Nordost-Deutschland 1822“ zu seiner
Verteidigung und Rechtfertigung das Wort. Er war nämlich in dem
vorhergehenden Stücke 3 vom 7. Jan. mit den folgenden Versen
verspottet worden:
Vermittelung.
„Die Kälte stieg auf vierzehn Grad,
„Sein Wissen fiel auf Null!“ —
Recht gut! — doch wer entgeht dem Pfad'
Im Irrland ohne Bull?
Drum sprechet auch, wie Er „gelind;
Und wenn es strenge ward,
So denkt, daß Euch die Zeit entrinnt,
Ihm aber bleibt sie hart!
Doch necket, wie man's kann und weiß,
Ihn Jeder, — nehm' Er's an!
Denn machet jetzt Kritik Ihm heiß,
Ist Er am besten d'ran!
Nur mög' Er, wird im Prophezei'n
Ein neues Werklein jung,
Sich bess're Witterung verleih'n
Von künft'ger Witterung! (S. 7b.]

[Bd. b5, S. 445]

 


  Im 7ten Stücke vom 16. Jan. erstand dem Professor ein Verteidiger:

  Schämt Ihr euch nicht, eiskalte Herzen,
Mit strengem Winter so zu scherzen,
Weil menschlich sich ein Mensch geirrt?
Ihr freut euch wohl, daß er geirrt,
Und daß sein Irrthum euch zu statten kommen wird.
Und, während Frost und Noth die liebe Armuth drücken,
Haut Ihr gar Holz auf ihrem Rücken! (S. [7.])
  Dennoch verstummte der Spott nicht. In der Beilage zum 11ten
Stücke vom 25. Jan. wurde (S. [2]) das folgende Eingesandt abgedruckt:

  O! Freund! schweig' endlich still, Dein Faden ist entzwei,
Du siehst, der Witt'rung ist Dein Schreiben einerlei,
Der Winter setzt uns dauernd zu mit ungewohntem Grimme,
Und kehrt sich im geringsten nicht an des Propheten Stimme.
Der menschliche Verstand hat, so wie alles hier,
  Auch nur begränzte Stufen,
Erlaub' deshalb, zum Schlusse Dir,
  Mit Gellert zuzurufen:
„O! Mensch, was strebst Du wohl! etc. etc. etc.
und siehst bei Dingen die geschehn, nicht das Vergangne recht
  Und in die Zukunft nie.“
  Eine Anspielung auf die verfehlten Wettervorhersagen des Professors
Dietmar macht auch Vinzenz zu Beginn des siebenten Abschnitts
von E.T.A. Hoffmanns „Serapions-Brüdern“; vgl. „Sämtliche Werke
“, hrsg. von Carl Georg von Maassen, Bd 8, München & Berlin
1925, S. 3, sowie die Anmerkung zu dieser Stelle auf S. 310—11.
S. 58, Z. 22 f.: Es ist auch Feuer in der Behrenstraße gewesen:
Es war in der Nacht vom 6ten auf den 7ten Januar in den Hintergebäuden
des Hauses Behren-Straße No. 44 ausgebrochen. Um
seine „sehr bald gelungene Löschung und Verhinderung weiterer
Verbreitung“ hatten sich die Mitglieder der Brauer- und Branntweinbrenner
-Innung verdient gemacht, dabei auch für die Beschaffung
des erforderlichen heißen Wassers Sorge getragen. Ferner hatten
mehrere Bewohner der Nachbarschaft „ohne unbedingte, nähere Verpflichtung
“ zur Anfuhr der Löschgerätschaften und des Wassers ihre
Gespanne dauernd hergegeben. Das Polizei-Präsidium hielt sich verpflichtet,
dies in einer, vom 13ten Jan. 1823 datierten und im 6ten
Stücke der „Vossischen Zeitung“ vom 14ten (S. [2]) abgedruckten
Bekanntmachung „ausdrücklich und dankend öffentlich anzuerkennen
“.
S. 58, Z. 37: Der Regierungsrath v. Maien [usw.]: Siehe die
Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 56, Z. 12.
S. 58, Z. 37: Anzen: Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 26, Z. 14 f.
S. 58, Z. 38 f.: der Secr. Merkel [usw.]: Siehe die Anm. zu
Verweis zum Kommentar S. 56, Z. 13 f.
S. 59, Z. 1 f.: Dein Freund der junge Althof [usw.]: Siehe die
Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 20, Z. 26.
S. 59, Z. 5—7: Der Amtsvogt in Lage Falkmann [usw.]: Friedrich
Ernst F., geb. am 2. Dez. 1768 in Schötmar als Sohn des Amtschreibers

[Bd. b5, S. 446]

 


und späteren Amtsrats Christoph Henrich Ferdinand F. daselbst;
ein älterer Bruder des Rats Christian Ferdinand F. Wegen des
gegen ihn erkannten Konkurses hatte die Rentkammer seine Suspension
vom Dienste als Rendant der beiden Vogteien Lage und Heiden
sowie von seinem herrschaftlichen Richterdienste zu Lage verfügt.
(Vgl. Acta das Amt eines herrschaftlichen Richters in Lage desgl.
die Aufhebung des Richteramts daselbst betr. 1784—1847. StAD
L 77 A Fach 12. Nr 2. Nr 37.)
S. 59, Z. 8 f.: [Se]in Sohn, der hier mit Dir auf Schule ging
[usw.]: Friedrich Ludwig Ferdinand F., geb. am 7. Sept. 1805 in
Schötmar. Kadett, unterm 5. April 1831 zum Sekondelieutenant,
unterm 18. Oktober 1846 zum Premier-Lieutenant ernannt; später
Hauptmann und Kompagnie-Chef. Gest. am 24. Juni 1869 in Detmold.
Siehe auch Dewall S. 51 unter Nr 42.
S. 59, Z. 10: Rath Falkmann: Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 10, Z. 16.
S. 59, Z. 11: Die Regierungsräthinn Volkhausen ist todt: Die
Anzeige ihres Todes steht in Nr 3 der „Intelligenzblätter“ vom
18. Januar 1823 auf S. 22 und hat folgenden Wortlaut:
  Detmold den 15ten Januar 1823. Gestern den 14ten d.M. ging
durch einen sanften Todesschlummer zur wohlverdienten Ruhe ein
die Wittwe des am 1sten Febr. 1805 verstorbenen Fürstl. Lipp.
Regierungsraths Simon Heinrich Volkhausen, Henriette Benton,
unsre würdige Mutter, in einem Alter von 77 Jahren und 5 Monaten.
In der tröstlichen Ueberzeugung, daß bey Allen, welche die
Verewigte näher kannten, ihr Andenken in Ehren seyn wird, widmet
diese Anzeige in seiner Schwestern, drey abwesender Brüder und
seinem Namen
Aug. Ernst Volkhausen,
                                 in Horn.
S. 59, Z. 11 f.: der SchloßHauptmann: Der Hauptmann und Hofkavalier
Johann Wilhelm von Hoffmann (1771—1844). Der Charakter
als Schloßhauptmann war ihm unterm 6. Nov. 1817 erteilt
worden. Später Hofmarschall und Oberhofmarschall. Siehe auch
Dewall S. 55—56 unter Nr 59.
S. 59, Z. 13 f.: der Kaufmann Barkhausen ist Bürgermeister geworden:
Franz Carl B. (1778—1835).
S. 59, Z. 14 f.: Der Sohn des Pastor Krüger und Schönfeld erhalten
Dein Stipendium wieder: Unterm 14. Okt. 1822 sind die
Pastoren Friedrich Conrad Krüger in Wüsten und Friedrich Wilhelm
Christoph Schönfeld in Horn davon benachrichtigt worden,
daß ihren Söhnen das fragliche Stipendium je zur Hälfte bewilligt
sei. (Nr 72 der Stipendiats-Akten.) Wilhelm Ludwig K., am 8. Aug.
1803 zu Detmold geboren, hat zweieinhalb Jahre in Halle und ein
halbes Jahr in Göttingen studiert, wo er am 16. Nov. 1825 immatrikuliert
worden ist. (Göttinger Matrikel S. 755, unter Nr 32346.)
Unterm 8. Jan. 1828 wurde er unter die Zahl der Landeskandidaten
aufgenommen, 1829 Pfarrgehilfe und 1834 Pastor in Hohenhausen,
was er bis 1855 geblieben ist. (Vgl. W. Butterweck, „Die
Geschichte der Lippischen Landeskirche“, Schötmar, Dröge 1926,
S. 432.) — Friedrich Heinrich Ferdinand Sch. war am 10. März

[Bd. b5, S. 447]

 


1804 zu Haustenbeck geboren und studierte Medizin. In Göttingen,
wohin er von Marburg gekommen war, ist er am 22. Nov. 1824
immatrikuliert worden. (Göttinger Matrikel S. 733, unter Nr 31543.)
Unterm 15. April 1828 wurde er zum Physikus der Stadt und
Vogtei Detmold sowie des Amts und Fleckens Lage ernannt, ihm
auch die ärztliche Besorgung des Detmolder Militärs übertragen.
Damit war er verbunden, die Geschäfte des Arztes bei der Untersuchungskommission
über die Diensttauglichkeit der Militärpflichtigen
unentgeltlich zu übernehmen. Am 23. Jan. 1842 ist er zu Detmold
während einer Typhus-Epidemie am Typhus (Nervenfieber)
gestorben.
S. 59, Z. 16—18: Das Amt Detmold kömmt nach Lage [usw.]:
Den Anstoß zu dieser Verlegung gab eine am 8. Juli 1822 eingegangene
Vorstellung von Seiten sämtlicher Vorsteher der Bauerschaften
der Vogtei Lage; es war das dritte Gesuch dieser Art,
seitdem im Jahre 1806 die Trennung der vier Vogteien des Amtes
Detmold vorgenommen worden war. Über das Für und Wider
der Verlegung hatten im Schoße der Regierung eingehende Beratungen
stattgefunden. Schließlich hatte sich Fürst Leopold davon
überzeugen lassen, daß die Vorteile der Verlegung des Amts das
zu leistende Opfer gänzlich überwögen. (Vgl. Acta die Verlegung
des Beamten-Sitzes der Vogteien Lage und Heiden nach dem
Flecken Lage betreffend. Vol: I. 1822.1823. StAD. L 77 A Fach
9. Nr. 1I. Insbes. Nr 1. 11 u. 20.)
S. 59, Z. 16: Bornemann: Christian Ludwig B., unterm 30. Dez.
1806 Justizamtmann der Vogteien Lage und Heiden zu Detmold,
1823 zu Lage; unterm 3. Nov. 1818 zum Amtsrat, unterm 8. April
1823 zum Herrschaftlichen Richter in Lage ernannt. Er wurde am
15. Febr. 1831 pensioniert und ist am 5. Dez. 1833 in einem Alter
von 60—65 Jahren an Altersschwäche gestorben.
S. 59, Z. 17 f.: die Detmolder sind sehr unzufrieden darüber
[usw.]: In einer vom 24. Juli 1822 datierten Vorstellung hatten sich
Bürgermeister und Rat der Stadt Detmold an den Fürsten gewandt
und gebeten, das Amt Detmold sowie die Vogteien Heiden und
Lage fernerhin in Detmold zu belassen. Darin wird u. a. ausgeführt:
„Die Bürger hiesiger Stadt, welche nur von einer kleinen
Feldmark umgeben ist, leben hauptsächlich [...] von dem durch
die Hochfürstl. Hofhaltung, den Sitz aller Hohen Landesbehörden
und mehrerer Gerichte in derselben, verursachten Verkehr und
können bei wenigem Grundbesitze vom Ackerbau sich nicht ernähren.
Das Amt Detmold, Vogtei Heiden und Lage, welches ein sehr
volkreiches, ausgebreitetes und wohlhabendes Amt ist, hat seit
seiner Entstehung seinen Sitz in hiesiger Stadt gehabt, und haben
die hiesigen Bürger eine bedeutende Einnahme von den, vor demselben
erscheinenden Amtsunterthanen bisher genossen; indem bei
dieser Gelegenheit nicht nur von den letzteren ein beträchtlicher
Verzehr in den Wirthshäusern gelößt ist, sondern auch von denselben
bei Gelegenheit ihres Hierseyns hiesige Handwerker und Kaufleute
in Nahrung gesetzt wurden. Es ist bekannt, daß bei aller Gewerbthätigkeit
und Betriebsamkeit der hiesigen Bürger, dennoch unter
den meisten derselben, wegen der großen Concurrenz der Handwerker

[Bd. b5, S. 448]

 


in den verschiedenen Gilden, kein großer Wohlstand herrscht,
sondern die meisten nur ihr kärgliches Auskommen finden. Wie
wollten diese einen so bedeutenden Ausfall ihrer Nahrung ersetzen,
wie manche, welche jetzt kaum ihr Brod verdienen, sich auch nur
kümmerlich ernähren? Das Verarmen der Handwerktreibenden
Bürger der Residenzstadt und die Abnahme der Concurrenz derselben,
würde gewiß auch nicht ohne nachtheilige Rückwirkung auf
das Ganze seyn, indem die Hochfürstliche Hofhaltung und der
Aufenthalt der ersten Staatsbedienten in hiesiger Stadt, die Concurrenz
geschickter Arbeiter wünschenswerth macht und den äußern
Glanz und die äußere Würde nicht wohl entbehren kann.
  Die Cämmerey der Stadt, ohnehin nicht in blühenden Zustande,
ein bedeutendes Grundeigenthum, wie z. B. Lemgo und Lage solches
besitzen, entbehrend, würde nicht blos an der wichtigen Einnahme
der Accise, sondern auch an dem Handwerksgelde einen beträchtlichen
Verlust erleiden, indem in bald fühlbarer Art die Abnahme
der Handwerker erfolgen müßte.“
  Ferner war kurz danach eine auf dasselbe Ziel gerichtete Vorstellung
und Bitte von Seiten der Dechen des Kramer-, Brauer-,
Bäcker-, Schuhmacher-, Schneider-, Metzger- und Schmiede-Amts in
Detmold eingegangen.
  (In dem, in der Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 59, Z. 16—18 aufgeführten Faszikel,
Nr 9 u. 10.)
S. 59, Z. 21 f.: das schöne Theater in München [...] ist abgebrannt:
Es war das Hauptwerk Karl von Fischers und von diesem
nach dem Vorbilde des römischen Pantheon in den Jahren 1811—18
errichtet worden. Die Brandkatastrophe wird in der Venturini'schen
„Chronik“ (Bd 20, Jahr 1823. Altona 1826, S. 250) folgendermaßen
geschildert: „Am 14. Januar brach [...], während der Vorstellung
der beiden Füchse, im neuen Hoftheater Feuer aus, indem der
das wilde Heer im Freischützen vorstellende, auf Gaze gemahlte
Vorhang, zu tief herabhangend, sich an einer Coulissenlampe entzündete
und die in seiner Nähe befindlichen Dekorationen so fürchterlich
schnell in Flammen setzte, daß die auf den Kehlbalken befindliche
zum Löschen bei Feuersgefahr eingerichtete Wasser-Reserve
durchaus nicht benutzt werden konnte. Glücklicherweise gelang es
den im Theater Anwesenden sich zu retten. Gleich nachher stürzte
unter fürchterlichem Geprassel das Dach zusammen. Nach drei
Stunden lag das ganze herrliche Gebäude in Asche.“ Leo von Klenze
mußte es mit nur geringen Veränderungen wieder aufbauen.
S. 59, Z. 22—24: Tischer Tegeler sein Sohn der Maler ist da,
kömmt aber Ostern zu Haus: Friedrich Bernhard Wilhelm T.
(1793—1864), geb. in Detmold als Sohn des Bürgers und Schreinermeisters
Johann Henrich Wilhelm T. aus Mosebeck, ging im Juni
1816 nach Kassel, um sich an der dortigen Akademie und privatim
auszubilden, sodann im Sommer 1820 mit Unterstützung der Fürstin
Paulina nach München, wo er mit Cornelius bekannt und bei der
Ausmalung der Glyptothek beschäftigt wurde. Im Frühjahr 1823
kehrte er nach Detmold zurück, wurde dort 1825 als Registratur-Gehilfe
angestellt und unterm 2. Okt. 1832 zum Kammer-Registrator
ernannt.

[Bd. b5, S. 449]

 


  Vgl. über ihn den aus archivalischen Quellen geschöpften Aufsatz
von Dr. Gerhard Peters in Bd 21 der „Mitteilungen aus der lippischen
Geschichte und Landeskunde“, Detmold 1952, S. 5—45.
S. 59, Z. 39 f.: Ist Begemann an Neujahr in Berlin gewesen:
Siehe Verweis zum Kommentar S. 45, Z. 8—10, sowie die Anm. Verweis zum Kommentar dazu.
S. 59, Z. 41 ff.: Moritz Petri hat auf Ostern von Leipzig weg
und nach Berlin wollen, sein Vater hat es aber nicht haben wollen:
Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 22, Z. 20, u. zu Verweis zum Kommentar S. 40, Z. 9.
S. 60, Z. 2: Werfel: Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 32, Z. 33.
S. 60, Z. 3: B.[allhorn] Rose: Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 20, Z. 22.
S. 60, Z. 4—8: Dem Vernehmen nach soll Petri gleich auf
Michaeli [usw.]: Wie sich aus der Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 22, Z. 20 ergibt, ist
Moritz Leopold P. zunächst 1824 Hofgerichts-Auditor und 1825
in der Tat Syndikus in Lage geworden, eine Stellung, die vordem
auch sein Vater innegehabt hatte. Dessen jüngerer Bruder Diedrich
Moritz (geb. am 21. Jan. 1782 zu Lemgo, gest. ebenda am 9. Nov.
1863) ist (nach einer Auskunft des Stadtarchivs zu Lage auf Grund
des Aktenfaszikels A IV D 6 „Auseinandersetzung mit dem zeitherigen
Syndikus Bürgermeister Petri, Lemgo betreffend“) etwa in
der Zeit von 1823—1825 als stellvertretender Syndikus beim Magistrat
von Lage tätig gewesen. Von 1824—1858 war er Bürgermeister
von Lemgo.
S. 60, Z. 8 f.: Der Burgermstr. Heldmann in Lemgo ist auch todt:
Karl Albert H. (1769—1823), Bürgermeister und Syndikus des Stiftes
St. Marien zu Lemgo, war am 23. Jan. gestorben. Durch seine Heirat
mit Dorothea Luise Petri (1769—1845), der ältesten Tochter des
Advokaten und Stadtsekretärs Franz Carl Theodor P. in Lemgo
(1738—1785), war er der Schwager des Regierungsrates Leopold und
des Bürgermeisters Moritz P. geworden.
S. 60, Z. 10: Der 2te Althof: Friedrich Jakob A., geb. am 25.
Juli 1805 als viertes Kind des Fiskals A. (siehe die Anm. z. Verweis zum Kommentar S. 26,
Z. 11), verließ im April 1823 das Detmolder Gymnasium, das er
sieben Jahre lang besucht hatte, war vom 25. April 1823 bis zum
30. März 1826 als studiosus juris an der Jenaer Universität immatrikuliert,
wurde unterm 24. Okt. desselben Jahres in die Zahl der
expektivierten Advokaten aufgenommen und unterm 5. Jan. 1830
zum Kriminalgerichts-Sekretär ernannt. Gest. am 5. Juli 1874.