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Nr. 612, siehe GAA, Bd. VI, S. 243thumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Karl Ziegler (Detmold)
Brief

                    Handschrift Lieber Ziegler.

35  Daß Pustkuchen es so redlich meint, ist mir lieb. Nur muß
die Sache doch jetzt wohl ein Ende haben? Sind die Leute

[GAA, Bd. VI, S. 244]

 


edictaliter citirt gewesen? Dann bitte ich, endlich zu präcludiren,
zu schließen.

  Bitte Pustkuchen darum, und dank' ihm in meinen Namen
für seine bisherige Mühe.

5  Die Foderungen der Leute sind meist unächt. Indeß theils
mag ich nicht immer die Quittungen gefodert haben, theils
könnt' ich sagen, es ginge mich nichts mehr an, seitdem Oberst
Böger auf eigne Hand die Acten in der Caserne in Ordnung(!)
gebracht, noch vor Pustkuchens Uebernahme des Geschäfts.

10  Die Foderungen an mich wären:

  1) Thocke, aus Lemg., mit 1 rthlr. 21 gr. Zinsen für
Montur u. Arm.[atur] C[au]t.[ion]

  2) Klöpper, nach Abzug des Bezahlten und der Gerichtskosten
20 rthlr. 20 gr. 3 pf.

15     (Dieser Foderung trau' ich nicht,
womit ich aber den Kl. nicht verletzen
will, sondern alles Pustkuchen
überlasse. Ehe er sie auszahlt,
bitt' ich, mir zu nennen, welcher Klöpper
20es ist, und welche Gläubiger er
hat? Es ist viel bezahlt.)

                      22 rthlr. 5 gr. 3 pf.
      Handschrift 3.) Colon Reese's Gelder sind
    der Hahmeier ausbezahlt.
25    Ich hoffe, Pustk. ver-
    hört sie, und rechne sie
    nur zur Uebersicht
    hier an. Ziegenbein muß
    auch die Gerichtsk.
30          davon sich abziehn lassen        10 rthlr.
4.) Soldat Hagedorn hat mir
    soviel Plage gemacht,
    daß ich ihm nicht den
    Pfennig der Gerichtskosten
35    schenke. Lohgerber Schmuck
    kann unter anderen Auf-
    schluß geben, daß er und
    wie viel er von mir für

[GAA, Bd. VI, S. 245]

 

    ihn empfangen. Doch setz'
    ich die Summe nur zur
    vorläufigen Uebersicht
          und späteren Erörterung hin      9 rthlr.
      5.) Vogler  ------------          29 gr.
5      6.) Kirchley ------------    2 rthlr. 28 gr. 4 pf.
Na — das ist kein Malheur

                              42 rthlr. 28 gr. 1 pf.
Nun bitte ich euch obiges zu lesen
nochmal und dar[na]ch abzutragen.
10Im Deposito sind für mich wie Du
schreibst noch von Windmeier    —    6 rthlr. 21 gr.
von Grote aus Horn ----------    5 rthlr.

                              11 rthl. 21
Die kann Pustk. nur zur Bezahlung
15verwenden. Es bliebe also Rest        31 rthlr. 7 gr. 1 pf.

Handschrift Wenn Du, ohne Dein[en Aus]lagen u. Deservite[n] zu schaden
soviel übrig hast von meinem Gelde, bezahl diesen Rest, mit
möglicher Vorsicht, wie ich gebeten. Endlich ein Ende!

  Ihr erhaltet in diesen Tagen meine Fabricate. Sie sind ganz
20fertig und gebunden, aber noch in der Cöllner Censur, woher
sie täglich zurückerwartet werden. Immermann hat in Voraus
Exemplare bezahlt, obgleich ich ihm doch eins schenke, der
Buchhändler ist froh, über die einlaufenden Bestellungen.
Lewald in Stuttgart hat auch gerochen, und sagt in einer
25Schrift: Grabbe, dieses gewaltige Talent, erwacht! — Mein
Napoléon kommt auf die Bühne. Die Hermannsschlacht ist
in zwei Monaten fertig. Ich stehe hier, ich kann sagen, in
hohem Ansehn. Das wird Dir lieb seyn. Grüße meine Mutter.
Bleibt etwas von den Des. übrig, gib ihr etwas davon. —
30Ueber eure Gemäldeausstellung brauch' ich nichts zu sagen.
Ich denke wohl so, wie Du schreibst. — Die Idee mit dem
Museum ist gut. Man muß sich nicht abschrecken lassen, fängt
das Große mit Kleinem [an. Be]sorg doch die Einlage an
Althof. Bald! Sey er wie er will, er ist eine gute Seele.
35Gestern Abend ist Einer über den Rhein gestolpert und trocknen
Fuß[es ans] andere Ufer gefallen. Der hat von Glück zu
sagen.

[Düsseldorf,] 1835. 10. Jun.Dein

[GAA, Bd. VI, S. 246]

 

Ebbarg von Zurückzu.
          Antworte mir bald!!!!!!!!

[Adresse:] Handschrift Sr. Wohlgeboren dem Herrn Advocaten Ziegler
in Detmold. Frei.

 


612.

H: Doppelbl. in gr.-20; 3 S., Adresse auf S. 4.
  Auf S. 4: Abgangsstempel: DÜSSELD. 1—9 10 6 Ankunftsstempel:

F: GrA
D: Wagner, S. 219—20, als Nr V.

S. 245, Z. 9: dar[na]ch] Der Brief ist an dieser Stelle mit Textverlust
beschädigt
S. 245, Z. 16: Dein[en Aus]lagen u. Deservite[n]] Der Brief
ist an dieser Stelle mit Textverlust beschädigt.
S. 245, Z. 33: [an. Be]sorg] Der Brief ist an dieser Stelle mit Textverlust
beschädigt.
S. 245, Z. 36: Fuß[es ans]] der Brief ist an dieser Stelle mit
Textverlust beschädigt

S. 245, Z. 19—38: Ihr erhaltet in diesen Tagen [bis] 1835. 10.
Jun.: aRl mit Rotstift angestrichen.
S. 244, Z. 1 f.: präcludiren: Diejenigen, welche den für Anmeldungen
von Ansprüchen und Forderungen in einem Rechtsverfahren
ausgeschriebenen endgültigen Termin unbenutzt haben vorübergehn
lassen, mit ihren Ansprüchen usw. für immer ausschließen.
S. 245, Z. 24 f.: Lewald [...] sagt in einer Schrift: Siehe die
Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 241, Z. 5 f.
S. 245, Z. 25 f.: Mein Napoléon kommt auf die Bühne: Immermanns
„Projektenzettel“, der „manches seltsame, phantastische, poetische,
gewagte Problem“ verzeichnete, enthielt auch „Grabbes Napoleon,
szenenweise phantasmagorisch-tableauartig behandelt“. Vgl.
„Düsseldorfer Anfänge“ („Werke“, hrsg. von Werner Deetjen, T. 5,
Berlin [usw.], Bong o. J. [1911]), S. 196.
S. 245, Z. 30 f.: Ueber eure Gemäldeausstellung brauch' ich nichts
zu sagen [usw.]: Bei der letzten Verlosung des Hannöverschen

[Bd. b6, S. 589]

 


Kunstvereins waren auf Detmolder Vereinsmitglieder drei Gewinne
gefallen. Die Eigentümer dieser Gemälde und Kupferstiche hatten
gestattet, daß sie mit mehreren anderen, von Detmolder Kunstfreunden
zu diesem Zwecke hergeliehenen Gemälden auf einige Zeit
im Lokale der Ressource zur Ansicht ausgestellt wurden. (Siehe
„Lippisches Magazin“, No 5, 6. Mai 1835, Sp. 79.)
S. 245, Z. 31—33: Die Idee mit dem Museum ist gut: Bezieht
sich wohl auf den Plan, in Detmold einen naturwissenschaftlichen
Verein zur Begründung einer Naturalien-Sammlung zu stiften, was
denn auch am 17. Juni geschehen ist.
S. 245, Z. 33 f.: die Einlage: Brief Verweis zum Kommentar Nr 610