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Nr. 641, siehe GAA, Bd. VI, S. 270thumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Carl Georg Schreiner (Düsseldorf)
Brief


Handschrift 1.) Die Elegante.

Theod. Maul: nichts als Manier. Selbst von Callot-Hofmann.
p. 463 heißt es „ist der Ton beim Dichter vorhanden,
kommts bloß auf die Wahl des Stoffes an.“ — Spricht
20ein elender Meistersänger? p. 464 weint's Wiener Publicum
über Raupach. Recht, er ist beweinenswerth.

nr. 119 „Gruß und Lied“. Der letzte Vers ist Unsinn.

„Europas Aufgaben in Asien“ das Dummste, was ich je
gelesen. p. 487. Der faule Fritz. Solch Zeug!

25Die Elegante ist unter Kühne noch schlechter als unter
Binzer.

2.) Bäuerle's Theaterz.

  Die Aufgabe des Lustspiels, Hr. Saphir (p. 434) ist: mit
guten Characteren, Scenen und dramatischer Handlung,
30Heiterkeit, und noch besser, Lachen zu erregen. Du aber,
Kerl, sprichst wie ein Pfaff. — p. 435. Buschmann (den ich
selbst kenne) und sein Terpodion, eine verschlechterte
Orgelei, sind beide keine Raritäten.

[GAA, Bd. VI, S. 271]

 


  p. 448 seh' ich weder weißen Hut, noch vergoldete
Knöpfe auf dem Kupfer. p. 436 [richtig: 450]. Daß in
Frankr. 1836 (wie werden die Kerle binnen dem 1 Jahre
noch zu gewinnen suchen!) die Lotterien aufhören, ist für
5Juden, Croupiers und die heimlichen Lotterien sehr pro-

fitable.

  Ib. Nordamerikas Regierung verfährt, mein' ich, gegen
die Indianer usupatorisch. Sie soll Menschenwürde schützen!
und verjagt die Leute aus ihren Sitzen! Pfui!

10  Ach was, das franz. Drama, wie's jetzt ist, besteht im
Spiel, nicht in der Dichtung. Er glaubt's nicht.

3.) Der Freimüthige. Gleich erste Nummer dieses Hefts
(108). Daß der Häßliche nur ein Fragment vom Dr. Schiff
in seiner Handschrift ganzen Häßlichkeit ist, glaub' ich.

15  p. 435. Ernsthafter Ernst. O Hoffmannswaldau und
Banise. Der vom E. F. recensirte Gruppe meints gut. Er
läßt ein Posthorn durch die Träume seines Luders ziehen.

  Das Gedicht p. 447. Nur die, welche nicht auch ein
Stück Gott in sich fühlen, suchen ihn da draußen.

20  Ueber Seydelmann von Alexis unter aller Kritik ekelhaft.
Seydelmann scheint doch mehr zu seyn, und Devrient
u. Wolff sind abscheulich bepinselt.

p. 460. Daß der geheime Cabinetsrath Albrecht †, thut mir
wahrlich leid. Er war mir gut.

25  463. Vögelt der Maltiz noch immer mit Schillers Demetrius.
Das Bordell oder Pümpchen wird gelobt. Wo die
Polizei?

  Was der arme Hufeland sich mit System und Kunst
herumzerrt. Ist das Kunstwerk gut, so führt es sein System
30ja mit sich. Die Gewitter, ihr Esel, steuern gegen
den gewöhnlichen Wind, denn sie führen ihren eigenen.
Man sollte toll werden.

  Ach Fikchen Albrecht, der junge Officier! Wo saß dein
Werth p. 470 oder —? Er ist in 3 Tagen in Eilmärschen
35abgezogen und nicht wieder kommen. Hatte dich satt.

  p. 472. Nun ist Tieck's Dortchen (alte Jungfer) auch

gepreßt oder gedruckt. Sieht so circa aus:

[GAA, Bd. VI, S. 272]

 



Verzeihung Dortchen!

  Ob Sperlinge so sorglos sind, wissen Herr Brunow noch
nicht.

  Der [Schluß fehlt.]

  Düsseldorf, [Zweite] Juli[-Hälfte 1835].

 


641.

H: 1 Bl. in gr. - 20; 2 S.
F: GrA

S. 271, Z. 8: usurpatorisch] usupatorisch H
S. 271, Z. 16: F.] F H
S. 271, Z. 17: Träume] Träme H
S. 272, Z. 2: sind, wissen Herr] sind wissen, Her H

S. 270, Z. 16 f.: 1.) Die Elegante. Theod. Maul [usw.]:
„Zeitung für die elegante Welt“ Nr 115—35. 15. Juni bis 13. Juli:
„Lebensmagie. Novelle von Th.[eodor] Mundt.“ (Mit dem Untertitel
„Wirklichkeit und Traum“ in Mundts Werke: „Charaktere und
Situationen. Vier Bücher Novellen, Skizzen, Wanderungen auf Reisen
und durch die neueste Literatur.“ 2 Theile. Wismar u. Leipzig,
Schmidt & Cossel 1837. T. 2, S. 36—153.) In der Tat müssen mancherlei
Elemente dieser Novelle an E.Th.A. Hoffmann erinnern: Ein
Reiter sieht auf einer alten Eiche einen Rotspecht sitzen, der plötzlich
zu sprechen anfängt; der Hals einer Weinflasche dehnt sich aus und
wird zum redenden Munde; in einer mondhellen Mainacht betören
Katze, Maiblumenstrauß, Fink und Maikäfer einen Jüngling, der nun
Brautnacht begeht mit einem Mädchen, das ihm nur Pflegeschwester
ist. Daß dem wunderbaren Vorgange alsbald die grob-realistische Erklärung
folgt, das freilich hält diese Novelle von Hoffmannscher
Dichterkraft in weitem Abstande.
S. 270, Z. 18—20: p. 463 heißt es „ist der Ton [usw.]: Ebenda
Nr 116. 16. Juni. S. 463: Rezension der „Balladen und Romanzen
von Johann N.[epomuk] Vogl. (Wien, Wallishausser. 1835. 208 S.
gr. 8.) [Unterz.:] K.[ühne]“. Sie beginnt: „Vogl trifft durchaus den
echten Balladenton. Ist der Ton einmal in der Gewalt des Dichters,
so kommt es blos auf die Wahl des Stoffes an, um glückliche Productionen
zu Tage zu fördern, denn die Behandlung der Materie liegt
schon in der Sangesweise, die dieser Gattung lyrischer Poesie eigen
ist, bedingt.“
S. 270, Z. 20f.: p. 464 weint's Wiener Publicum [usw.]: Ebenda Nr
115—17. 15.—18. Juni: Korrespondenz „Aus Wien, im Mai.5*) ([Dazu
die Anmerkung:] 5*) Bericht von F.[ranz] A.[ugust] von Kurlän-

[Bd. b6, S. 659]

 


der.)“ Die erste Fortsetzung, in Nr. 116, S. 464, handelt von den
Gastspielen der „Mad. Crelinger und ihrer Töchter“. Darin heißt
es, daß Raupachs „Konradin“ in gewisser Beziehung Ähnlichkeit mit
dessen „Enzio“ habe. „Beide Helden sind trotz ihrer geringen Wirksamkeit
anziehend, und beiden wurde der Thränen Zoll im reichen
Maß gespendet.“
S. 270, Z. 22: nr. 119 „Gruß und Lied“ [usw.]: Ebenda Nr 119.
20. Juni. S. 473: Das Blatt beginnt mit dem folgenden Gedicht:
      Gruß und Lied.
      Einen Gruß will ich Dir senden,
      Voll Vertrauen, Lieb und Glück,
      Ach, dann fliegt aus Deinen Händen
      Auch zu mir ein Blatt zurück.
      Und der Gruß, den ich Dir sage
      Tönt aus innerstem Gemüth,
      Wird zur leisen Liebesklage,
      Wird zum kunstlos schlichten Lied.
      Und das Lied verschwebt dann wieder,
      Weil es rückwärts gehen muß,
      Denn ein jedes meiner Lieder
      Ist ja nur an Dich ein Gruß.
                    Karoline Leonhardt.
S. 270, Z. 23 f.: „Europas Aufgaben in Asien“ [usw.]: Ebenda Nr
118—21. 19.—23. Juni: „Europas Aufgaben in Asien. [Unterz.:]
K.[ühne]“. Der Aufsatz ist im wesentlichen ein Auszug aus dem
Asien-Artikel Friedrich Lists in dem, von diesem ins Leben gerufenen
Rotteck-Welckerschen „Staatslexikon“ (Bd 1. Altona, Hammerich
1834. S. 696—722), Darlegungen, die nicht nur von einer ungewöhnlichen
Weite des Horizonts zeugen und eine Perspektive von grandioser
Kühnheit eröffnen, sondern auch einen sicheren Blick für vorerst
nur keimhaft sich regende Entwicklungstendenzen bekunden.
  Europa — so führt der Referent aus — sei nicht frei von
Konfliktsstoffen. Infolge der Übervölkerung und der durch das
Maschinenwesen fortwährend gesteigerten Produktion an Lebensgütern
sei auf wirtschaftlichem Gebiete ein Überdruck vorhanden,
der ein Ventil verlange. Aber auch auf geistigem sei, seit dem
Sturze Napoleons, eine Stagnation eingetreten. Die „Entwickelung
staucht sich hier und da, wir sind überfüllt, überschüttet, geistig
und physisch, es muß sich irgendwie entladen, eine Ausströmung
ist nothwendig.“ (S. 470.) Dabei müsse man nun freilich aufhören,
„das Princip der Eroberung als etwas Leitendes für die Geschichte
der Zukunft anzunehmen.“ (S. 469.) Es solle hier nicht die Behauptung
eines ewigen Friedens unterstützt werden, „weil man an
die Vorstellung eines solchen auch eine ewige Ruhe, mithin einen
moralischen oder physischen Tod zu knüpfen gewohnt“ sei (S. 469),
man müsse jedoch bedenken, daß die Zeit nahe sei, da die Interessen
der Fürsten und Dynastien abgelöst würden durch die der

[Bd. b6, S. 660]

 


Völker. „Völkerinteressen können auch in Conflict gerathen, Reibungen
werden nach wie vor entstehen, allein man wird sich ausgleichen,
sich accommodiren, aber sich nicht mehr todtschlagen, um
dies und das in Ordnung zu bringen. Die Existenz der Staaten ist
viel zu sehr durch Gegenseitigkeit bedingt, um es noch möglich zu
machen, daß einer von ihnen durch äußere Gewalt vernichtet
würde. Man wird in Europa nichts mehr erobern. Die Civilisation
ist so weit vorgerückt, daß ein Culturvolk gegen ein anderes Culturvolk
nicht mehr mit Feuer und Schwert auftreten wird. [...]
Ich habe nichts weniger als sanguinische Hoffnungen von solchem
Zustande der Dinge, ich hoffe nicht und fürchte nicht, ich kann
blos sagen, wozu es sich nach meinem Erachten anläßt. Aber ich
habe keinen Glauben an einen allgemeinen europäischen Krieg, weil
die materiellen Interessen den Ausschlag geben, wenn heut zu Tage
ein Hauptstaat das Für und Wider erwägt, und diese materiellen
Mächte verlangen Frieden. Für eine Idee, ein Princip das Schwert
zu ziehen, wird bald nur noch für eine romaneske Chimäre der
Altvordern gelten“. (S. 469—70.)
  Suche man nun das Gebiet, auf das Europas überströmende
Kräfte hingelenkt werden könnten, die europäische Intelligenz eine
neue Tätigkeit sich schaffen könne, so böten sich zwei Möglichkeiten
dar: die eine Gruppe, von der Meinung beherrscht, Europa und
Asien würden in Barbarei, in chaotisches Vegetieren versinken, blicke
auf Amerika, als den einzig möglichen Schauplatz für eine neue
Epoche der Weltgeschichte. Die andere dagegen sei des Glaubens,
daß die europäische Kultur, in ihren Schoß zurückkehrend, in Asien
ihre weiteren Taten erleben, den asiatischen Nationen zu einer
Wiedergeburt verhelfen müsse. Im Recht sei diese zweite Gruppe.
  Darauf werden die Aufgaben selbst beleuchtet, die Europa sich
in Asien zu stellen habe. Zu diesem Zwecke werden zunächst die
Vor- und Nachteile der beiden alten Handelswege nach Indien
erörtert (der eine über den persischen Meerbusen, Bassora, den
Euphrat oder Tigris entlang durch Syrien nach irgend einem syrischen
Seehafen; der andere über das Rote Meer durch die Landenge
von Suez oder durch Ägypten nach dem Mittelländischen Meere),
und zwar im Anschluß an den Bericht der englischen Parlamentskommission,
die zu ihrer Untersuchung eingesetzt worden war.
Dabei wird die Meinung vertreten, daß durch die Wahl des zweiten
Weges England in dem Pascha von Ägypten, der ihn bevorzuge,
den tauglichsten Bundesgenossen zum Schutze seiner Herrschaft in
Indien gewinnen, gleichzeitig aber einer Bedrohung durch Rußland
— mit der bei der Wahl des ersten, von Armenien her, gerechnet
werden müsse — entgehen würde. Rußlands Interesse weise nicht
nach Indien, sondern nach China, zu dessen Gewinnung und wirtschaftlicher
Durchdringung eine Eisenbahn gebaut werden müsse.
Deutschlands Anteil aber an der Zivilisation der asiatischen Völker
müsse darin bestehen, daß es — indem Österreich bei der bevorstehenden
Auflösung der Türkei Anspruch auf die gesamten Uferstaaten
der unteren Donau bis hin zum Schwarzen Meere habe
— durch diese Erbschaft endlich in den Besitz der ihm von der
Natur angewiesenen Handelsstraße nach Asien gelange, dessen westliche

[Bd. b6, S. 661]

 


Staaten, von europäischen Dynastien beherrscht, zu neutralen
Handelsgebieten für die europäischen Nationen zu erklären seien.
S. 270, Z. 24: p. 487. Der faule Fritz. Solch Zeug!: Ebenda
Nr 122. 25. Juni. S. 487:
                    Der faule Fritz.
„Fritz! nenne mir das Masculin,
Von einer faulen Strickerin!“
— So spricht der Rector — „Schnell, Du weißt's!“
Fritz schweigt. Da ruft mit bösem Blick
Der Rector: „Wird's bald, fauler Strick?“
„Ja richtig!“ stammelt Fritz, — „So heißt's!“ —
Fanny G.[umpel geb. Heß.]
S. 270, Z. 28—31: Die Aufgabe des Lustspiels [usw.]: „Theaterzeitung“
Nr 109. 2. Juni. S. 434: Erstaufführung von „>Brautstand
und Ehestand,< Lustspiel in vier Aufzügen von Dr. Römer [Pseudonym
für Johann Ludwig Ferdinand Deinhardtstein]. (Beurtheilt
von M. G. Saphir.)“ Der zweite Abschnitt der Kritik lautet:
  „Ich kann vor Allem mich nicht enthalten, über die Tendenz
dieses Lustspiels mich auszusprechen. Die erste Aufgabe des wahren
Lustspiels ist — eine sinnvolle Unterhaltung der Zuschauer zu
bezwecken. Aber nicht blos Unterhaltung, sondern Belehrung,
sittliche Verbesserung des geselligen Zustandes
durch die Darstellung der menschlichen Schwächen und Irrungen;
Veredlung des Herzens und des Geschmackes
durch das Enthüllen der geheimsten Krümmungen und Gänge der
menschlichen Leidenschaften und Thorheitern, das ist der Endzweck
des Lustspiels, Familienscenen, überhaupt die Gemeinplätze
des Lebens sind kein Vorwurf des Lustspiels; das Lustspiel soll
Natur, Wahrheit und eine moralische Grundidee haben,
dann muß das Lustspiel die Gattung der Charaktere zum Gegenstand
nehmen, aber nicht die Unnatur eines Einzelnen, welche
keinen Eindruck hervorbringen kann.“
  Das Lusstpiel ist in Deinhardtsteins „Gesammelten dramatischen
Werken“ Bd 2 (Leipzig, Weber 1848), S. 1—105 abgedruckt.
S. 270, Z. 31—33: p. 435. Buschmann (den ich selbst kenne)
[usw.]: Ebenda S. 435—36: Brief „Aus Triest“ von Eduard Jäll.
Darin heißt es S. 435: „Im deutschen Casino hörten wir an demselben
Abende auch die Herren Buschmann, Vater und Sohn,
auf dem von ihnen erfundenen Terpodion. Dieses Instrument, welches
durch Friction so wunderschöne Töne, und ein Crescendo und
Diminuendo hervorbringt, wie kein anderes Tasteninstrument, macht
seinem Erfinder allerdings große Ehre. Nur scheint dasselbe als
Concertinstrument nicht vollkommen an seinem Platze zu seyn. Auch
müßten Composition und Vortrag sich besonders auszeichnen, um
die beabsichtigte Wirkung hervorzubringen.“ — Grabbe wird in
der Tat Gelegenheit gehabt haben, diese Erfindung kennen zu lernen.
Im „Fürstlich Lippischen Intelligenzblatte“ nämlich Nr 5 vom
2. Februar 1828, S. 38, zeigen die Gebrüder Eduard und Friedrich
Buschmann, „Akustiker aus Berlin“, an, daß sie mit hoher Erlaubnis
die Ehre haben würden, am Montage den 4ten Februar, Abends
6 Uhr, im Hoftheater ein Konzert zu geben, „worin sie das von

[Bd. b6, S. 662]

 


ihrem Vater neu erfundene sehr merkwürdige Instrument, genannt
Terpodion, hören lassen werden“.
  Eine empfehlende Notiz über das Terpodion aus der Feder Carl
Maria von Webers, datiert aus Dresden vom 28. August 1817,
findet sich in Nr 210 der „Abendzeitung“ vom 2. September 1817,
S. [4.]
S. 271, Z. 1 f.: p. 448 seh' ich weder weißen Hut [usw.]: Ebenda
Nr 112. 6. Juni. S. 448: „Modebild Nr. 267 zur Theaterzeitung.
Sommeranzug für Herren. Erster Herr: Weißer Hut nach der modernsten
Form; Frack von braunem Tuche mit kleinen vergoldeten
Knöpfen; [...]“ Auf dem zugehörigen Kupfer ist in der Tat der
Zylinder von mausgrauer Farbe, und die Knöpfe auf dem braunen
Frack sind nur mit schwarzen Umrißlinien angedeutet.
S. 271, Z. 2—6: p. 436. [richtig: 450] Daß in Frankr. 1836 [usw.]:
Ebenda Nr 113. 9. Juni. S. 450: Die Rubrik „Weltpanorama“ bringt
aus „Paris“ am Ende der ersten Spalte die Meldung: „Im Jahre 1836
werden die Lotterien in ganz Frankreich aufhören.“
S. 271, Z. 7—9: Ib. Nordamerikas Regierung verfährt [usw.]:
Ebenda. Die folgende Notiz mit der Überschrift „Philadelphia“ lautet:

  „Die Indianerstämme in den nordamerikanischen Freistaaten werden
fortwährend zur Auswanderung nach den westlichen Gegenden
gezwungen. Zu ihrer Aufnahme und Einrichtung hat die Landesverwaltung
über 100,000.000 Acres zusammenhängenden Landes angewiesen,
und bestreitet alle Umzugskosten. Jeder Stamm empfängt
nach Maßgabe der Bevölkerung einen gewissen festbegränzten Jagdbezirk.
Um den Frieden unter diesen Indianern zu erhalten, werden in
der Nachbarschaft ihrer Ansiedelungen starke Militärposten errichtet.
Uiber 20,000 Indianer sind bereits ausgewandert, um ihre Heimat den
Weißen zu überlassen. In diesem Sommer noch werden die übrigen
50,000 nachfolgen. Ungefähr 50 Stämme sind in den vereinigten
Staaten noch vertheilt, und die Regierung sucht sie durch geistige
Cultur zur Menschenwürde zu erheben.“
S. 271, Z. 10 f.: Ach was, das franz. Drama [usw.]: Ebenda Nr
108—14. 1.—10. Juni: Brief „Aus Paris“ von L. S. In dem in Nr
113 vom 9. Juni (S. 451—52) enthaltenen Teile fährt der Verfasser
fort, die Neuigkeiten der Pariser Bühnen zu besprechen. Er hegt im
ganzen durchaus keine übertriebene Meinung von den dichterischen
Qualitäten der zahlreichen, von ihm namhaft gemachten Stücke, und
stellt in mehreren Fällen fest, daß nur das treffliche Zusammenspiel
aller oder die trefflichen Leistungen einzelner Darsteller einen Erfolg
herbeigeführt hätten.
S. 271, Z. 13—14: Daß der Häßliche nur ein Fragment [usw.]:
„Der Freimüthige“ Nr 108—19. 1.—16. Juni. „Der Häßliche. Ein
Fragment von Dr. Schiff.“ Es schildert, in bewußter Abwandlung
des Werther-Motivs — das übrigens, in einer äußerst geschmacklosen
Parodie der unglücklichen Liebe des Sohnes der Ninon de Lenclos
zu seiner Mutter, ein zweites Mal erscheint — die Beziehungen eines
französischen Marquis zu der seltsam-glücklichen Ehe zwischen einem
mißgestalteten, aber geistig hochstehenden geheimen Rate Albert und
der schönen und tugendhaften, aber geistig armen Lotte, die vorher

[Bd. b6, S. 663]

 


Dienstmagd bei dessen Eltern war. — Der Verfasser, der eigentlich
David Bär Schiff hieß, war ein Vetter Heinrich Heines. Er war am
1. Mai 1801 in Hamburg geboren und ist im dortigen Armenhaus am
1. April 1867 gestorben. Das Fragment „Der Häßliche“ ist nach
leichter Überarbeitung wiederabgedruckt in: „Glück und Geld“. Novelle
von Dr. H.[ermann] Schiff. Hamburg, Hoffmann u. Campe
1836. S. 155—216.
S. 271, Z. 15—17: p. 435. Ernsthafter Ernst [usw.]: Ebenda Nr
108 u. 110. 1. u. 4. Juni: „Poetische Spaziergänge in den deutschen
Wäldern und Baumschulen. 1835. Von E. F. [wohl Eduard Ferrand,
Pseudonym für Eduard Schulz, der damals zu den Mitarbeitern des
„Freimüthigen“ gehörte.] 6. Rezension der „Gedichte von O.[tto]
F.[riedrich] Gruppe. Berlin, Reimer. 1835.“ Sie beginnt, S. 435:
„Die Literatur der Gegenwart ist überreich an guten Gedichten, ein
Ausspruch, über den ein guter Theil der Leser stutzen und mich ansehn
wird, ob es Ernst ist. Aber es ist Ernst, ernsthafter Ernst, über
den ich im Verlauf dieses Aufsatzes mich ernstlicher aussprechen
werde.“ — Christian Hofmann von Hofmannswaldau (1617—1679)
ist, neben Daniel Kaspar von Lohenstein, der Hauptrepräsentant des
„schlesischen Schwulstes“. Mit „Banise“ meint Grabbe die bis auf den
heutigen Tag sprichwörtlich gebliebene „Asiatische Banise, oder blutiges
doch muthiges Pegu“ u.s.w., den im Jahre 1688 erschienenen und
bis weit ins achtzehnte Jahrhundert hinein immer wieder aufgelegten
Roman des Oberlausitzers Heinrich Anshelm von Ziegler und
Kliphausen (1663—1696), der schon in seinem „Aushängeschild ein
Pröbchen des schwülstigen Stils“ gibt (Erich Schmidt, ADB Bd 45,
S. 169—73.)
  Der Rezensent rechnet zu den anmutigsten Liedern des ersten
Buches der Sammlung, darin auf S. 23 als Nr 12 abgedruckt, das
folgende, welches auf derselben S. 435 als Probe gegeben, und später,
als „Die Post im Walde“, durch die Vertonung H. Schäffers (op. 12)
besonders volkstümlich geworden ist:
        Im Walde rollt der Wagen
        Bei tiefer stiller Nacht;
        Die Passagiere schlafen,
        Der Postillion fährt sacht.
        Beim Försterhaus im Walde
        Was bläst der Postillion?
        Die Passagier' erwachen
        Und meinen, es wär' Station.
        Er bläst so sanfte Lieder
        Zum Fenster klar empor,
        Es hallt der Wald sie wieder,
        Und kommt der Mond hervor.
        Ja scheine Mond in's Fenster
        Des Liebchens hold herein:
        Da zieht durch ihre Träume
        Posthorn und Mondenschein.

[Bd. b6, S. 664]

 


S. 271, Z. 18 f.: Das Gedicht p. 447. Nur die [usw.]: Ebenda
Nr 111 u. 115. 5. u. 11. Juni: Rezension der Gedichtsammlung „Am
malerischen Ufer der Spree. Phantasiebilder eines Unbekannten [d. i.
Gotthilf August Baron von Maltitz]. Berlin, bei J.[ohann] G.[ottfried]
Hasselberg. 1834.“ Der „Poetischen Spaziergänge“ von E.F.
Nr 8. Der Referent findet, daß der Geist, der in den meisten dieser
Gedichte lebe, ein katholischer sei; daß der Verfasser „Andacht,
Glaube, heilige Begeisterung“ in ihren feire. Als Probe aus dieser
Gruppe führt er (S. 447) eine Reihe von Strophen aus der „Rückkehr
des Zweiflers [zur evangelischen Wahrheit. 1834]“ an, welche auf
S. 53—55 des Gedichtbandes stehen, deren genauer Titel übrigens:
„Fantasiebilder, gesammelt am malerischen Ufer der Spree. Von
einem Unbekannten“ ist, und so lauten:
        Raffe dich empor vom feigen Zagen,
        Bange Seele, laß den offnen Blick
        Freuen [!] Flug im freien Aether wagen,
        Sonnenschimmer leuchten dir zum Glück.
        Forsch' und sieh, ob an des Abgrunds Steile,
        Wo dein Grausen in die Hölle schaut,
        Nicht die Wahrheit eine ew'ge Säule,
        Einen Tempel Gott sich nicht erbaut.
        Sieh, wohin die Heiligen sich flüchten,
        Wo sich keusch verhüllt die Himmelsbraut,
        Sieh, wo liebeschauernd den Gerichten
        Gottes sich das Sünderherz vertraut.
        Frag' die Märtyrer, woher sie stammen,
        Forsche, was ihr heil'ges Blut bezeugt
        An dem Altar, dessen ew'gen Flammen
        Zwei Jahrtausende ihr Knie gebeugt?
        Gott der Wahrheit! wär's ein Werk der Lüge,
        Das du achtzehnhundert Jahre lang
        Kröntest durch Erniedrigung und Siege,
        Das du schütztest in der Zeiten Drang?
        Schmückt dies Werk, nur daß es uns betrüge,
        Solcher Kraft und Demuth Herrlichkeit?
        Wär' so einig mit sich selbst die Lüge,
        Und die Wahrheit mit sich selbst entzweit?
        Ewiger Vater! Lästern heißt dies Wähnen!
        Nicht ein Hirn verrückend Räthsel bot
        Deine Gnade unserm bangen Sehnen
        Uns zur Rettung von dem ew'gen Tod.
        Nein, die Stadt, zu der die Völker wallen,
        Zion, auf des Berges Höh' gestellt,
        Sendet sichtbar, unverkennbar Allen,
        Ihre Zinnen zu dem Sternenzelt.
S. 271, Z. 20—22: Ueber Seydelmann von Alexis [usw.]: Ebenda
Nr 110—19. 4.—16. Juni: „Seydelmann.“ Drei Artikel von W.
Alexis. Im ersten Artikel stellt dieser fest, daß Seydelmann in Berlin

[Bd. b6, S. 665]

 


nicht nur eine Opposition gefunden, sondern daß auch die allgemeine
Meinung in seiner Beurteilung geschwankt habe. Den Grund dazu
findet er (S. 448) vornehmlich in dem unklugen Treiben einer Clique
von Enthusiasten, die mit übel angebrachten Empfehlungen und überspannten
Erwartungen das Mißtrauen und den Widerstand der Gegner
nur habe verstärken müssen. Er nennt da den taktlosen Toast
eines jungen Mannes, der den Künstler von Frankfurt her aufgefordert
habe, er möge „in Berlin die Kränze von den Gräbern
Fleck's, Iffland's, Wolf[f]'s und Devrient's für sich aufnehmen“. „Die
Kränze auf jenen Gräbern — so bemerkt er dazu — hat Seydelmann
ruhen lassen, dafür aber ist ihm der volle Kranz auf die Stirn
gedrückt, der eigens für ihn gewunden wurde, und den ihm vermuthlich
keiner der Lebenden entreißen wird.“ Um dies zu erweisen,
vergleicht er Seydelmann mit den vier genannten Schaupielern. Dabei
sagt er: „Devrient bezeichnet das Wort Genie so ausreichend,
als es selten der Fall ist. Er war der größte Schauspieler seiner Zeit,
und er würde es auch noch dieser Zeit sein, die ja gewaltige Lichter
und grelle Schatten liebt. Was er war, sein wollen, hieße Thorheit.
Seydelmann, der Hochverständige, kann es nicht wollen; diesen seltenen
Kranz läßt er unberüht, und das gefährdet doch seinen Ruhm
nicht im mindesten. Wo Devrient durch einen Hauch etwas gebar,
mag Seydelmann jahrelang arbeiten, er wird nichts Gleiches schaffen;
aber umgekehrt wird Seydelmann Vieles schaffen können, fest für
die Dauer — wie auf dem Theater Dauer ist, — wo Devrient's ganze
Schöpferkraft vergebens alle Flammen aushauchte und doch nur züngelnde
Irrlichter hervorrief.“ (S. 448.) Nachdem er einige Beispiele
dafür gegeben, kommt er (S. 452) zu Wolff: „Ein schlagender Gegensatz
zu Devrient war Wolff ein Gegensatz wie Iffland zu
Fleck, nur in umgekehrter Wirkung. Es war auch in Wolff eine
schöne, edle Natur, aber sie war weder geboren unter den Katarakten
eines jähen Hochgebirges, noch in den dunkeln Schluchten
und Schachten der Erde, wo ihre tiefen Geheimnisse glühen; es
war die Natur eines sanften Vorgebirges, voll rieselnder Bäche
und Wiesenschmelz. Auf solchem Boden muß die Cultur viel thun.
Und sie hat bei ihm viel gethan, geleitet von hellem, durchdringendem
Verstande und einer innigen Liebe für das Schöne.
Wolff als Schauspieler war der Repräsentant der Göthe'schen Kunstbildung,
dessen, was der Name Göthe in der Literatur war. Seinen
Werther, seinen Götz und Faust konnte er nicht spielen, aber seinen
Tasso, Meister, Orest. Zu einer Alles überstrahlenden Größe ist er
nicht gedrungen, obgleich sein König Johann, sein standhafter Prinz
nur um eine Stufe davon entfernt waren; dafür hat Wolff etwas
Anderes geleistet, er hat, wie Jener alles zu Gold machte, was er
berührte, die Schönheit in Alles, was er spielte, hineingetragen. Nichts
an ihm war hart, schroff, eckig, grell; der süße Schmelz der Harmonie
hauchte um alle seine Charactere, die tief innigste Auffassung gab
sich in der vollendeten Form kund. Seine Erscheinung schon sprach
zu jedem gebildeten Gemüthe; man fühlte sich nicht aufgeregt, aber
wohl, sobald er auftrat, sobald er den Mund öffnete. Er war das
Ebenmaß zwischen Willen und Mitteln, was dieses wohlthätige Gefühl
hervorrief. [...] auch diesen Kranz nimmt Seydelmann nicht

[Bd. b6, S. 666]

 


vom Haupte des Todten. Aber Wolff ist zu erreichen, Devrient war
das nicht.“
  Im zweiten Artikel versucht Alexis, mit möglichster Objektivität
das Für und Wider gegeneinander abwägend, das Urteil zusammenzufassen,
„welches sich in dem unbefangenen Publikum im Verlauf
seiner Gastrollen ausbildete“ (S. 452); im dritten geht er die einzelnen
Rollen durch. — Übrigens finden sich in der Kritik zwei
Sätze, die sich stark mit Grabbes früher geäußerter Ansicht über
Seydelmann berühren (Vgl. Verweis zum Kommentar S. 266, Z. 15—17.)
  Sie lauten: „Seydelmann's Spiel ist überhaupt nicht zum
Hinreißen. Wie er selbst, bedarf auch der Zuschauer des Mediums
des Verstandes; hinreißen kann nur, wer zum Gefühl spielt.“ (S.
444.) Und S. 455: „In Seydelmann steht eine feindliche Natur
entgegen; sein ganzes Vermögen ist eiue saure Errungenschaft; auf
seinem Gesichte möchte man die Spuren des mühsamen Kampfes
noch entdecken, die blutigen Schweißrinnen jahrelanger Arbeit.“
S. 271, Z. 23 f.: p. 460. Daß der geheime Cabinetsrath Albrecht
[usw.]: Ebenda Nr 114. 9. Juni: Die S. 460 beginnt mit folgender
Notiz: „Der Tod des geheimen Kabinetsrath Albrecht hat die
größte Theilnahme erregt. Selten möchte ein Mann, der in einer
so bedeutenden Stellung, unter so vielfach wechselnden Verhältnissen
so lange thätig gewesen ist, sich einer so allgemeinen und unerschütterlichen
Hochachtung und Liebe erfreut haben.“ — Daniel
Ludwig Albrecht, geboren 1765 in Berlin, übernahm am 13. Dezember
1810 die Leitung des Zivilkabinets Friedrich Wilhelms III.
und behielt sie bis wenige Monate vor seinem Tode, am 27. Mai
1835. Er war der erste Chef des Geheimen Zivilkabinets des Königs
im modernen Sinne. Seine Tätigkeit bestand darin, „daß er
alle Civilangelegenheiten vortrug, soweit sie nicht der Staatskanzler
selbst übernahm oder sie von ihm den Ministern zugewiesen wurden,
daß er den geschäftlichen Verkehr zwischen dem Könige und dem
Staatskanzler aufrecht erhielt und zwischen beiden vermittelte, daß
er schließlich vom Könige zu vertrauten Berichten über bestimmte
Sachen aufgefordert wurde.“ (E. Müsebeck, ADB Bd 55, S. 427—31;
die zitierte Stelle S. 428.) Wann Albrecht Gelegenheit gehabt haben
soll, Grabben seine wohlwollende Gesinnung zu bezeigen, ist nicht
bekannt.
S. 271, Z. 25—27: 463. Vögelt der Maltiz noch immer [usw.]:
Ebenda Nr 115. 11. Juni. S. 463: Besprechung des „Demetrius.
Trauerspiel. Nach dem hinterlassenen Entwurf des Dichters fortgesetzt
und für die Bühne bearbeitet vom Freiherrn Franz von
Maltitz. (Manuskript.) Berlin, 1835. Bei J. G. Hasselberg.“ In Nr 8
der „Poetischen Spaziergänge“ von E. F. Ihr wesentlicher Teil
lautet: „Herr von Maltitz hat, wie noch kein Anderer, die Aufgabe
gelös't, ein unvollendetes Dichterwerk zu beendigen. Mit großer
Gewissenhaftigkeit ist er dem Plane des großen Dichters gefolgt;
einzelne Scenen und Verse, selbst halbe Verse von Schiller sind so
mit den Worten des Bearbeiters verschmolzen, daß ein mit Schiller's
Fragment Unbekannter schwerlich unterscheiden könnte, was hier
dem Einen, oder dem Andern gehört. Schiller's Sprache in dem
Fragment ist weniger sentenzen- und bilderreich, als in seinen meisten

[Bd. b6, S. 667]

 


andern Dichtungen, und auch diese Einfachheit hat Herr von
Maltitz mit Glück festzuhalten gewußt.“
S. 271, Z. 28—32: Was der arme Hufeland [usw.]: Ebenda.
„Hufeland'sche Sprüche5*5*) [Dazu die Anmerkung:]5*5*) A. s. neuen
Auswahl klein. medic. Schriften. [Bd 1 .Berlin, Veit & Comp.
1834.])“ Die beiden ersten lauten:
  „Die lebendige Kunst und das System verhalten sich zu einander,
wie das Samenkorn zum schön geschmückten Kuchen.
  Die Kunst gehört dem innern Heiligthum des Menschen an, und
dem System der Zeit, deren Produkt es ist.“
  Sie stehen in der genannten Sammlung unter den „Aphorismen
eines freien Arztes“, und zwar der erste auf S. 335 [falsch statt
334] als Nr [8], der zweite auf S. 333 als Nr [2].
S. 271, Z. 33 f.: Ach Fikchen Albrecht [usw.]: Ebenda Nr 117 u.
118. 13. u. 15. Juni: „Sophie Albrecht. [Unterz.:] Fr. M.“ Eine
Charakteristik der im Jahre 1757 zu Erfurt geborenen Schauspielerin
und Dichterin Sophie Baumann [richtig: Baumer], einer Nichte
Wielands, die später den Schriftsteller, Arzt und Theaterdirektor
Dr. Johann Friedrich Ernst Albrecht heiratete und als dessen Witwe
noch in Hamburg lebte, wo sie 1841 gestorben ist. Von ihrem
„seltsam tragischen Schicksale“ wird u. a. folgendes erzählt: Nachdem
Sophie, als Kind schon verwaist, ihren Vormund, den Dr. Albrecht,
geheiratet hat, lernt sie in Rußland den jungen Grafen von
H. kennen. Beide lieben sich. Sophie gesteht ihre Schuld dem Gatten,
und dieser gibt sie frei. Aber drei Tage nach der schnell und still
vollzogenen Trauung wird der Graf zu seinem Regimente beordert,
„das in Eilmärschen ins Feld marschirte“. Sophie geht nach Hamburg
und tritt dort in einer Reihe hochtragischer Rollen auf. Da
empfängt sie unvorbereitet die Nachricht, daß ihr Gatte im ersten
Treffen gefallen ist. (S. 469—70.)
S. 271, Z. 36 — S. 272, Z. 1: p. 472. Nun ist Tieck's Dortchen
[usw.]: Ebenda Nr 117. S. 472: Schluß einer Korrespondenz über
„Die Leipziger Ostermesse 1835. [Unterz.:] Y.“ In dem Bericht ist,
bei Erwähnung der von dem Hofrat [Johann Georg] Keil veranstalteten
Gemäldeschau, auch die Rede von dem „Gemälde Vogel's
in Dresden: 'Tieck in seiner Wohnung,' umgeben von mehreren
Freunden, als eben der Bildhauer [Pierre Jean] David
[d'Angers] aus Paris mit seiner kolossalen Büste beschäftigt ist.“
Dabei heißt es: „Nach der Hauptperson scheint dem Künstler im
Wiedergeben der Personen besonders Tieck's älteste Tochter Dorothea,
die geistvolle Mitarbeiterin an seinem so trefflichen
deutschen Shakspeare, [...] gelungen zu sein.“ — Es handelt sich
um den im Jahre 1820 an der Stelle des unglücklichen Gerhard von
Kügelgen zum Professor an der Akademie nach Dresden berufenen
Carl Christian Vogel von Vogelstein (1788—1868) und dessen unter
dem Namen des Ateliers des Meisters bekanntes Gemälde, von dessen
einem Exemplar Hyacinth Holland (in der ADB Bd 40, S. 137)
eine so boshafte Schilderung gibt: („Tieck, der möglichst gefaßt
das Unvermeidliche einer doppelten Hinrichtung über sich ergehen
läßt, ist auf dem damals beliebten, mit einem farbigen Teppich
belegten Antritt, in einem ledernen Lehnstuhl postirt, welchen gegen

[Bd. b6, S. 668]

 


ein etwaiges Umkippen die wie ein Souffleur vorgebeugte, mit einem
Büchlein in der Linken ausgerüstete Dorothea zu stützen scheint,
während ein großköpfiges Kind [Johann Vogel von Vogelstein] die
Rechte des Dichters festhält und nach vorwärts zieht.“)
S. 272, Z. 2 f.: Ob Sperlinge so sorglos sind [usw.]: Ebenda Nr
118. S. 475—76: Besprechung der „Lieder von F. Brunold [Pseudonym
für August Ferdinand Meyer]. Stettin, 1834. Nicolaische
Buchhandlung.“ In Nr 10 der „Poetischen Spaziergänge“ von E. F.
Als Probe werden die „Herbstlieder“ mitgeteilt, mit dessen drittem
(S. 30 der „Lieder“), die S. 476 beginnt. Es lautet:
Am Fenster in dem Schwalbennest
Sitzt jetzt ein Sperling drin
Und lebt dort ruhig, sorgenlos
Die Wintertage hin.
Er pickt an meine Scheiben oft
Und schaut zu mir herein,
Als wollt' in meiner Einsamkeit
Zu Gast er bei mir sein.