Das Christian-Dietrich-Grabbe-Portal
 
Nr. 649, siehe GAA, Bd. VI, S. 277thumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Carl Georg Schreiner (Düsseldorf)
Brief


  Handschrift Eleg. p. 547. Nichts soll näher seyn als Liebe und Gleichgültigkeit.
Diese dummen Bengel-Aphorismen. Liebe du erst,
Bengel, und dann steig bergunter. 551 Wird die „süße Schweigelust
15“ besungen. Hätte der Kerl doch selbst geschwiegen.
p. 560. Ei ei, Johanna, wieder gedruckt! Wir kennen Dir!

  Meine Frau stimmt in Einem mit mir überein, nämlich in
diesem Liede, das sie in einer Gedichtsammlung hat, und diese
Uebereinstimmung ist bei Verhältnissen und Characteren
20merkwürdig:

            Ein Pilger am Jordan
            Handschrift Ging einsam und bloß,
            Er hatte verloren
            Ein Kleinod so groß!
25            Das Kleinod hieß Liebe,
            Vergangenheit hielt es
            Im ehernen Schooß!

War p. 563 Leopold Robert ein tüchtiger Maler, so wird er
besser als sein Nachkläffer wissen, weshalb er sich umgebracht
30hat. Die mit Lob versetzten Moralitätspredigten! Hab' ich
eingewilligt, als ich's Leben erhielt? Hab' ich's acceptirt?
Konnt' ich das als Kind? Handschrift Weg damit, hat man's satt. — Was
die Narren dem Napoleon in's Gemüth legen. Er hat sich
nie über das Große, wohl aber über Kleinliches in den
35Tuillerien geärgert. nr. 148. Zimmermann unterschreibt sich
jetzt Professor, doch seine Gedichte werden nicht besser. —

[GAA, Bd. VI, S. 278]

 


Romane müssen was einbringen, sonst verlegte Brockhaus
solchen Schofel nicht. —

  Phönix. Kein Duell? Wollt ihr denn Prügel? — Shakspeares
Gedanken sind bei Sauerländer im Sauer. — In Lissabon
5schützt man sich durch dicke Mäntel Handschrift gegen die Hitze.
Hab' ich's nicht immer so behauptet und so gemacht?

  nr. 27. Danton, der geistlose Titane, mit dem geschmeidigen
Alcibiades verglichen. Ausland: fast alles namenlos, nicht
mehr die Zeit, wo man log, aber sich nannte. Threlkeld
10(p. 800) macht schon eine südwallische Grammatik. Ist's ein
dummer Junge oder schrauben die Engländer ihre Neu-Süd-Walliser
schon in die gehörigen Stiefeln? Bald werden Pfaffen
nachkommen, und dann die Kaufleute.

  nr. 200. Maschinen! Die Ueberlegung, daß das Volk dadurch
15litte! Die Säue! Je mehr Cultur, je mehr Arbeit, und wer
kümmert sich um einen Anderen, schafft er etwas Besseres?
Soll man still stehn des Gepacks halber?

  nr. [Lücke]

Handschrift war ein schlechter Feldherr. Er brauchte nur Madrid in's Auge
20und vor die Flinte zu nehmen, denn die Berge von Catalonien
und Biscaya mit ihren Bewohnern schützten seine beiden
Flanken.

  Freim. Voran ein Redactionsbettelbrief. — Göschel über
Goethe. Ein Lump über den andren. Goethe hat sein mittelmäßiges
25Talent zu Lumpen zerrissen, darum grade heben
Gassenkehrer und Lumpensammler es so hervor. — Die Bosheit
des Handschrift Alexis gegen mich ist noch nicht vorüber. Ich seh's. —
Und, Hund, spaße nicht mit Latour d'Auvergne. Das ärgert
mich mehr, als beleidigte er mich. — Sulla hatte Recht, wie
30er sie zu tausenden morden ließ. — Das Wiederauftreten der
Stich in Berlin scheint, trotz der 2 Töchter als Adjutanten,
mager abgelaufen zu seyn, oder ich verstehe keine stinkige
Lobpreisung.

  Malten: Dummes Zeug. Belgien ist nichts. Es kann sich
35nicht wehren. Schreibt was ihr wollt Ochsen! Belgien ist nicht
mehr blind katholisch. Nur Einzelne sinds, das wird aber hervorgehoben,
wie eine Forelle aus der Weser, und Narren glauben
Handschrift dann an Alles. Mit der Religion ist's überhaupt bei den
Constitutionen, und sonst wo, aus. †. — Artesische Brunnen!
40Ja, es liegt noch mehr unter euren Füßen, statt dessen kuckt

[GAA, Bd. VI, S. 279]

 


ihr, die ihr das Geld zu tüchtigeren Unternehmungen habt,
in die Lüfte.

  Elisabeth bringt mir erst eben dieß ordentliche Papier.
Darum verzeihen Sie Form und Gestalt des früheren.

5  Wer p. 134 noch „Aermen“ schreibt, verdient so elend über
Octavian zu urtheilen als es da geschieht.

            Tändle Locke,
            Sey keine Glocke,
            Die's ausschreit!
10              (Er küßt sie:)
            Was hab' ich dich lieb,
            Und bin doch kein Dieb!

Grabbe.

[Düsseldorf, zweite Augusthälfte 1835.]

[Adresse:] Handschrift Sr Wohlgeboren dem Herrn Buchhändler Schreiner.
15Mit 5 Journaalen.

 


649.

H: 1 Doppelbl. in 40, 1 Bl .in quer-80, 1 Doppelbl. in 20; 7 S.,
Adresse auf S. 10.
F: GrA


  Das erste Doppelblatt in 40 ist in der rechten oberen Ecke der
ersten Seite mit1.“, das zweite Blatt in quer-80 in der linken

[Bd. b6, S. 679]

 


oberen Ecke der ersten Seite mit3.“, das Doppelblatt in 20 an
der gleichen Stelle mit4.bezeichnet. Der Übergang von S. 4
des ersten Doppelblattes zu S. 1 des zweiten Blattes stimmt nicht:
S. 4 schließt mit dem Custosnr.“, S. 5 (erste Seite des zweiten
Blattes) beginnt mit den Wortenwar ein schlechter Feldherr.An
sich würde also die Möglichkeit bestehen, daß es sich um zwei verschiedene
Briefe handelt, von denen der erste am Ende, der zweite
am Anfange unvollständig ist. Mehr Wahrscheinlichkeit hat jedoch
die andere Annahme für sich, daß die drei Blätter einen Brief
bilden. Sie stützt sich einmal auf die Beobachtung, daß Grabbe das,
was ihm hier an Journal-Heften vorgelegen hat, in der Regel in
einem Briefe glossiert; zum andern auf die Übereinstimmung der
Zahl der Zeitschriften, über die er berichtet, nämlich fünf, mit
der der zurückgesandten. Dann ist die weitere Frage die, ob sich
die erwähnte Lücke zwischen dem ersten und dem zweiten Teile
dadurch erklärt, daß Grabbe sich beim Übergange zum Blatte in
quer-80 versehen, oder dadurch, daß er das auf dem ersten Blatte
(Doppelbl .in 40) Niedergeschriebene auf einem anderen Blatte fortgesetzt
hat, welches verloren gegangen oder abhanden gekommen
ist. In diesem Falle würde die Bezeichnung mit 1, 3 und 4 keine
Zählung der Blätter, sondern der Teile sein. Eine zuverlässige Beantwortung
dieser Frage ist nicht möglich.

S. 277, Z. 12—14: Eleg. p. 547. Nichts soll näher seyn [usw.]:
„Zeitung für die elegante Welt“ Nr 137. 16. Juli. S. 547:
Reflexionen.
  Von der Liebe zum Hasse ist nur ein Schritt, zwischen der Liebe
und Gleichgültigkeit liegt eine Welt. —
  Ein schönes geistloses Gesicht erfüllt uns im gesellligen
Leben mit Bedauern für unsern Verlust; ein häßliches geistvolles
mit Bedauern für seinen Verlust.
  Der Bräutigam nennt die Erwählte seines Herzens sein Ein
und sein Alles, der Ehemann subtrahirt 50 Procent vom Facit,
und nennt sie höchstens seine Ehe hälfte.
  Liebe gleicht der Stahlfeder, je tiefer man sie beugt, je höher
schwingt sie sich.
  Kurz ist ein Jahr, ist es dem Glück vermählt;
  Lang schleicht ein Tag, wenn ihn die Sehnsucht zählt.
Ein einz'ger großer Schmerz giebt große Kraft zum Tragen,
Er wecket Deinen Muth und lehrt Dich das Entsagen,
Doch tausend kleine Pfeile des Geschicks ermüden,
Entmuthigen Dein Herz, — zerstechen Deinen Frieden.
Fanny Gumpel, geb. Heß.
  Grabbe hat nicht nur die erste der Reflexionen falsch gelesen —
denn sie sagt genau das Gegenteil von dem, was er schreibt —,
es ist ihm weiterhin wahrscheinlich auch entgangen, daß sie eine
Frau zum Verfasser haben.
S. 277, Z. 14 f.: 551 wird die „süße Schweigelust“ besungen
[usw.]: Ebenda Nr 138. 17. Juli. S. 551: Zwei Gedichte „Aus den
Papieren des [nach einer Fußnote der Redaktion in Nr 125 in
Gefühlen] Ertrunkenen.“ Davon lautet das zweite:

[Bd. b6, S. 680]

 


Schweigen.
    Und wenn ich still und schüchtern bin
      Und scheine trüb' verschlossen:
    Die Seele flattert her und hin
      Und lauschet unverdrossen.
    O, süß geheime Schweigelust!
      Der leisen Grundgewalten,
    Der Mächte scheint entleert die Brust,
      Die tief im Innern walten.
    Sie reden nicht, sie prunken nicht,
      Sie lispeln, flüstern leise,
    Und wird selbst Reden eine Pflicht,
      Bleibt Schweigen Lieblingsweise.
S. 277, Z. 16: p. 560. Ei ei, Johanna [usw.]: Ebenda Nr 140—44.
20.—25. Juli: Unter „Correspondenz“ ein Bericht über das „achte
Elb-Musikfest, gefeiert den 11., 12. und 13. Junius 1835 zu Dessau.
(Aus dem Briefe eines Reisenden.) [Unterz.:] —s.—.“ Im Anfang
wird S. 560 unter den mitwirkenden Sängerinnen „Madame Johanna
Schmidt aus Amtersdam (jetzt in Halle)“ genannt. — Johanna
Schmidt, „Conzertsängerin aus Amsterdam“, war die Gattin des
aus Detmold gebürtigen Kapellmeisters Georg Schmidt (vgl. Verweis zum Kommentar Bd 5,
S. 37, Z. 1 f. sowie die Anmerkung dazu Verweis zum Kommentar S. 424). Beide gaben am
22. August und am 21. September 1832 im Gasthaus „Zur Stadt
Frankfurt“ in Detmold Konzerte. Über ein früheres Auftreten des
Künstlerpaares daselbst berichtet Grabbe mit sehr anerkennenden
Worten in seinem Theaterbriefe an die „Abendzeitung“, darin abgedruckt
in den Nrn 99—102 vom 24. bis 28. April 1828. Siehe Bd 4,
Verweis zum Kommentar S. 83, Z. 5—20.
S. 277, Z. 17—27: Meine Frau stimmt in Einem mit mir überein
[usw.]: Diese Gedichtsammlung hat so wenig wie der Verfasser des
Gedichts ermittelt werden können. Im GrA befindet sich der Druck
einer Komposition des Gedichtes mit dem folgenden Titel: Der
Pilger am Jordan mit Begleitung des Forte-Piano. Componirt und
der Fräulein Henriette von Sichart unterthänig zugeeignet von C.[hristoph]
A.[ugust] Gabler. Leipzig, bey Breitkopf und Härtel
[1798]. 13 S. quer-20. Auch daraus geht der Name des Dichters
nicht hervor, wohl aber, daß Grabbe aus dem Gedächtnis ungenau
zitiert. Das Gedicht lautet folgendermaßen:
      Ein Pilgrim am Jordan gieng einsam und matt
      und welk, wie vom Wurme gerollet ein Blatt.
      Er hatte verlohren ein Kleinod so gros!
      Vergangenheit hielt' es im eisernen Schoos.
      Einst trug er im Dunkeln ein Lämpchen so rein,
      das hatte verlohren den leuchtenden Schein;
      Ein Stab der ihn stützte, sein Freund in der Nacht,
      der war ihm gebrochen und schwankend gemacht.
      Das Lämpchen hieß Liebe, es starb ihm am Grab,
      da wo er gebrochen den stützenden Stab.

[Bd. b6, S. 681]

 


      Der Stab war ein Sprößling der Hoffnung und brach
      am Grabe, wo modernd die Gattin ihm lag.
      Einst hub er voll Trauer den Stein von den [!] Grab,
      und senkte hinunter die Splittern vom Stab;
      da fiel ihm verborgen ein köstlicher Stein
      vom Hals in die Höhle des Grabes hinein.
      hieß Ruhe des Geistes sein letzter Gewinn,
      sein Trost und sein Reichthum — und schwand ihm dahin!
      Dann gieng er als Pilger und knikte zum Stab,
      oft dürre Zypressen vom [!] Gräbern sich ab,
      und suchte sein Kleinod so sehnlich so bang,
      und wallte die dunkelsten Thäler entlang.
      bis endlich am Jordan beim heiligen Grab
      da fiel ihm der Schleier vom Angesicht ab.
      Da las er am Himmel im sternigten Licht:
      Du suchest dein Kleinod und findest es nicht;
      doch Leiden der Erden sind zeitlich und leicht,
      und groß ist die Seele, die duldet und schweigt.
      Der Hoffnungen schönste wird selten erreicht;
      sie täuschet den Menschen mit Blendwerk und fleucht!
      sie lähmet des Herzens geflügelten Schlag; —
      erst welket ihm alles — dann welket er nach.
S. 277, Z. 28—32: War p. 563 Leopold Robert ein tüchtiger Maler
[usw.]: Ebenda Nr 141. 21. Juli. S. 563: „Leopold Robert. [Unterz.:]
—e—“. Der erste Abschnitt lautet:
  „Ueber diesen berühmten Maler, der sich kürzlich in Venedig den
Tod gegeben, sind wir im Stande, unsern Lesern Einiges mitzutheilen.
Sein Gemälde: 'die (italienischen) Schnitter' hat auf der Ausstellung
in Paris im Jahre 1831 alle Parteien zur Bewunderung hingerissen.
Das Gegenstück: 'die Fischer im adriatischen Meere' war
kaum in Paris (leider zu spät für die Ausstellung) angelangt und
hatte gerechten Enthusiasmus erregt, als die plötzliche Nachricht
von des Künstlers Tode die Gemüther erschütterte. Nach seinen
Grundsätzen, nach der Regelmäßigkeit seiner Lebensweise, seiner Anhänglichkeit
an seine Verwandte, deren Stütze er war, bei der schönen
Stellung, welche er im Leben hatte, scheint ihm nichts so fremd
gewesen zu seyn als ein freiwilliges Ende. Und doch war es so.
Die That war das Resultat einer geistigen Krankheit, der seine
Grundsätze unterlagen und die seinen Willen nicht ganz frei bleiben
ließ. Diese Meinung, welche alle theilen, die ihn näher gekannt und
auf seiner edlen und schönen Laufbahn ihm nachblickten, ist durch
die Aerzte bestätigt worden, welche bei der Section einen Wassererguß
im Gehirn gefunden haben. Uebrigens hatte schon ein älterer
Bruder, Robert, der eben so regelmäßig lebte und dieselben religiösen
Grundsätze hatte, durch Selbstentleibung sein Leben geendet,
ohne einen andern Grund als eine melancholische und krankhafte
Stimmung des Organismus.“ —
  Der Tod Roberts, der im Jahre 1794 in der Schweiz geboren war,
erfolgte am 20. März 1835 aus Schwermut wegen einer unglücklichen
Neigung zu Charlotte Bonaparte, der Schwägerin Napoleons III.

[Bd. b6, S. 682]

 


S. 277, Z. 32—35: Was die Narren dem Napoleon [usw.]: Ebenda
S. 564 die Notiz: „Napoleonsruhe bei Leipzig. [Unterz.:] —d.“ Sie
beginnt folgendermaßen: „Der, vor einiger Zeit verstorbene, Verf.
des Buches: 'Napoleon's Feldzug in Sachsen im Jahre 1813,' erzählt
in seiner Darstellung des 18. Octbr. 1813. Folgendes: 'Es ward jetzt
dunkel, [...] Man hatte dem Kaiser Napoleon [...] einen hölzernen
Schemel gebracht, auf den er, von den Anstrengungen der letzten
Tage erschöpft, in Schlummer sank. Seine Hände ruhten nachlässig
gefaltet im Schooße; er glich in diesem Augenblicke jedem andern,
unter der Bürde des Mißgeschicks erliegenden Menschenkinde. [...]
Nach Verlauf einer Viertelstunde erwachte der Kaiser und warf
einen großen, verwunderungsvollen Blick im Kreise umher, welcher
zu fragen schien: Wache ich, oder ist's ein Traum?'“ — Der Verfasser
des Buches, das, zunächst anonym, in zwei Bänden 1816 in Dresden
erschien und noch im selben Jahre eine zweite, verbesserte Auflage
erlebte, ist der sächsische Oberst und Generaladjutant Ernst
Otto Innocenz Freiherr von Odeleben (1777—1833), der dem Kaiser
Napoleon für den im Jahre 1813 in Deutschland bevorstehenden
Krieg als ein des Landes kundiger und der französischen Sprache
mächtiger Offizier beigegeben wurde und vom Beginn der Feindseligkeiten
an sein steter Begleiter blieb. Erst nach der Schlacht bei
Leipzig wurde er in Erfurt vom Kaiser entlassen. Die Schrift „erregte
weithin großes Aufsehen, da sie in einfacher sachlicher Weise Wahrnehmungen
eines hochgebildeten Soldaten und unparteiischen Beobachters
wiedergibt; sie enthält werthvolle Beiträge zur Kriegsgeschichte
und zur Charakteristik des Kaisers.“ (B. Poten, ADB Bd 24,
S. 145—46.)
S. 277, Z. 35 f.: nr. 148. Zimmermann unterschreibt sich jetzt
[usw.]: Ebenda Nr 148. 31. Juli. S. 589:
      Die Capelle.
      Hier, wo der wilde Rosenstrauch
        Die reine Luft durchwürzet,
      Wo sich vom Fels mit Lebenshauch
        Die rasche Quelle stürzet:
      Da ist ein Kirchlein im Gebüsch,
      Und hier ist dämmerig und frisch
        Und lieblich auszurasten
        Von Tages Gluth und Lasten.
      Horch, wie die wilde Taube girrt
        In waldverwachs'nen Klüften!
      Sieh, wie der Adler einsam irrt
        In ungemess'nen Lüften!
      Wie traulich hier um Quell und Baum!
      Und schauernd in der Lüfte Raum
        Mag über Wald und Höhen
        Die Seele sich ergehen.
      Nun tret' ich aus des Tages Schein
        Ins Dunkel der Capelle.

[Bd. b6, S. 683]

 


      Das Licht blickt zweifelnd nur herein,
        Und leis' verrauscht die Quelle.
      Wie still und heilig ist der Ort,
      Und recht ein sanfter Friedensport,
        Wenn einer durch die Wogen
        Des Lebens wild gezogen!
      Im Dunkel, ahnungsvoll und kühl,
        Vom lichten Streif umwoben,
      Wie weckt mir himmlisches Gefühl
        Der Herr, am Kreuz erhoben,
      Ich fühl' es, was die Brust durchglüht
      Des Pilgers, der in Andacht kniet,
        Sein unaussprechlich Sehnen
        Ergießt in heißen Thränen.
                    Prof. Gottlieb Zimmermann.
  Das Distichon „Tulpe und Rose“ in Nr 131 der „Zeitung
für die elegante Welt“ vom 7. Juli, S. 523, ist noch mit „G. Zimmermann
“ unterzeichnet, das Gedicht „Warnung und Trost“ in Nr
136 vom 14. Juli, S. 541, mit „Prof. Gottlieb Zimmermann“.
S. 278, Z. 1 f.: Romane müssen was einbringen [usw.]: In Nr
148 der „Zeitung für die elegante Welt“ ist nur besprochen: „Lotosblätter.
Drei Novellen von Adolfine. Leipzig, Brockhaus. 1835.“
Im Intelligenzblatt Nr 7 der Zeitung vom Monat Juli sind folgende
Werke erzählenden Charakters aus dem Brockhausschen Verlage angezeigt:
W. Alexis, „Das Haus Düsterweg. Eine Geschichte aus der Gegenwart.
“ „Luise Strozzi. Eine florentinische Geschichte vom Verfasser
der Nonne von Monza. (Giov. Rosini.) Nach dem Italienischen
bearbeitet.“ Heinrich Walch, „Das Gelübde. Novelle.“
  Schofel: Substantiviertes Adjektivum: schofele Dinge, Waren;
schofeles Zeug. (Vgl. Grimms Wörterbuch Bd 9, Leipzig 1899, Sp.
1439.)
S. 278, Z. 3: Phönix. Kein Duell? [usw.]: „Phönix“ Nr 145.
22. Juni. Nr. 152—55. 30. Juni bis 3. Juli: „Erinnerungen aus
Heidelberg.“ Der ungenannte Verfasser ist F.L.K. v. Biedenfeld. Er
schildert in der Nr 153 vom 1. Juli einen Konflikt zwischen zwei
Landsmannschaften, in dem der Prügel an die Stelle des Duells zu
treten drohte, nachdem ein Bruch des Komments alles Konventionelle
vernichtet hatte. Wir erfahren seinen Ausgang, und dann heißt es,
in Nr 154, S. 615 oben:
  „Das Duell ist unverträglich mit Legalität, Civilisation, Christenthum
und Vernunft.
  Der Prügel ist unvereinbar mit jedem Begriff von Ehre, mit
jener unantastbaren schönen Schwärmerei einer edlen Jugend, mit
jener adelnden Glut für eine höhere Bestimmung, mit der Bildung
für die künftige Geselligkeit.“
  Nachdem der Verfasser noch weiterhin gegen den Gebrauch des
Prügels geeifert und zur Beseitigung beider Unsitten praktische Vorschläge
gemacht hat, schreibt er — am Ende der Spalte — nochmals:

[Bd. b6, S. 684]

 


  „Aber das Duelliren muß aufhören und kein Prügel soll den
deutschen Studenten herabwürdigen!“, und spricht in einer Anmerkung
zu dieser Stelle sein Erstaunen darüber aus, daß es der Regierung
von Weimar noch heute nicht gelungen sei, „die scheußlichen,
und für die Jugend irgend einer Universität auf keine Weise passenden
Duelle [...] gänzlich zu verbannen.“ Endlich gelten noch die
Ausführungen, mit denen (S. 619) der Schluß beginnt, dem Gedanken,
daß das Duell eine Barbarei sei, die auf alle Fälle verschwinden
müsse.
S. 278, Z. 3 f.: Shakspeares Gedanken sind bei Sauerländer
[usw.]: Ebenda Nr 156. „Literatur-Blatt“ Nr 26. 4. Juli. S. 624:
[Karl Gutzkows] Rezension (Nr 89) der „Musterstücke aus Shakspeare's
Dramen. Zwei Theile. Frankfurt am Main, Sauerländer.
1835. Auch unter dem Titel: Beauties of Shakspeare.“
S. 278, Z. 4—6: In Lissabon schützt man sich durch dicke Mäntel
[usw.]: Ebenda Nr 157—65. 6.—15. Juli: „Nachtscenen in Lissabon.
Genrebilder aus dem vorigen Jahrhundert.“ Von H. E. R. Benlani
[d. i. Karl Ludwig Häberlin]. Gleich unter den ersten Sätzen des
Aufsatzes stehen diese: „Man schützt sich dort gegen die Hitze
durch Mäntel. Man hat dort den Glauben unsrer Schäfer, die man
im Sommer in Schafpelzen sieht: was gegen die Kälte hilft, schütze
gegen die Wärme. Ja schon die eigenthümliche Richtung der Straßen
macht einen solchen Schutz nothwendig. So z. B. weht jeden Morgen
ein scharfer Ostwind, der sich auf den im Frühjahr noch mit Schnee
bedeckten Gipfeln des Estrellagebirges abgekühlt hat.“
S. 278, Z. 7 f.: nr. 27. Danton, der geistlose Titane [usw.]: In der
bereits in der Anmerkung zu Verweis zum Kommentar S. 273, Z. 1 f. genannten Kritik von
Büchners Drama „Dantons Tod“ heißt es, bei der Schilderung der
zweiten Phase der französichen Revolution, auf S. 645—46: „Waren
die Girondisten die Römer der Revolution gewesen, so waren die
Dantonisten ihre Griechen. Man hatte die Charaktere guillotinirt,
jetzt wollte man die Genialität guillotiniren. Danton war Alcibiades.
Camille Desmoulins lebte nur in Athen. Alle seine Anschauungen
gingen vom Ilissus aus: er nannte das Palais royal den Ceramikus,
er wollte eine Republik, worin man patriotisch wäre wie
Demosthenes, weise wie Sokrates und genial in den Sitten, wie die
Kreise, die sich um Aspasia sammelten.“ — Der Ilissos ist ein kleiner,
vom Hymettos kommender, die Ebene von Athen durchströmender
Fluß, der unmittelbar südlich an den Mauern von Athen vorbeifließt.
— Keramikus (Töpfermarkt) ist der Name für zwei Plätze
im alten Athen; der innere bildete den Aufweg zur Akropolis, auf
dem äußeren wurden die im Kriege gefallenen Bürger bestattet.
S. 278, Z. 9—13: Threlkeld (p. 800) macht schon [usw.]: „Ausland“
Nr 200. 19. Juli. S. 800: Die erste der „Vermischten Nachrichten
“ beginnt mit dem Satze: „Ein Herr Threlkeld hat in Neusüdwales
eine Grammatik der Sprache der Eingebornen geschrieben.“
S. 278, Z. 14—17: nr. 200. Maschinen! Die Ueberlegung [usw.]:
Ebenda S. 797—98: „Die arbeitenden Klassen in England. 2. Gewöhnliche
Weber. Fabriksystem.“ Der Verfasser des dem „Monthly
Magazine“ entnommenen Aufsatzes schildert die kritische Lage, in

[Bd. b6, S. 685]

 


welche die in der Baumwollenmanufaktur beschäftigten Arbeiter
durch den Siegeslauf des Fabriksystems geraten sind. Er erkennt
wohl dessen Vorteile an, und weiß, daß es unnütz sei, sie zu beklagen,
hält sie aber für bedroht durch eine wirtschaftliche Katastrophe,
welche unvermeidlich sei, wenn man der Lage der Arbeiter
keine Beachtung schenke. Er macht einige Angaben darüber, wie sehr
der Arbeitslohn infolge der Veränderung der Verhältnisse gefallen
sei, und fährt sodann (S. 797—98) fort: „Diese Lage der gewöhnlichen
Weber zeigt deutlich die Wirkungen des Maschinenwesens, das
bereits eine große Menge Menschen aus einer vergleichungsweise unabhänigigen
Stellung in den tiefsten Abgrund des Elends hinabgestoßen
hat, und es ist auch nicht die entfernteste Wahrscheinlichkeit
vorhanden, daß sie sich wieder daraus emporarbeiten können; im
Gegentheil vermehrt die fortdauernde Anwendung mechanischer
Kräfte ihre Anzahl fortwährend, und die durch die Armenbill
eingesetzten Kommissäre wollen nun auch eine verarmte Ackerbaubevölkerung
unter ihnen ansiedeln ohne die geringste Aussicht, ihnen
eine regelmäßige Beschäftigung zu verschaffen. Dadurch kann nur
die Masse von Elend vermehrt, und die gesellschaftliche Krisis beschleunigt
werden, wenn man nicht durchgreifende Maßregeln anwendet,
um sie abzuwenden.“
S. 278, Z. 19—22: war ein schlechter Feldherr [usw.]: Worauf
sich diese Bemerkung bezieht, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen.
Sie könnte durch den Artikel über „Zumala-Carreguy“ hervorgerufen
sein, der sich in der Nr 211 des „Auslands“ vom 30. Juli auf
den S. 841—42 findet. In ihm wird Zumala-Carreguy der „Held
und Vorkämpfer der Baskenfreiheit“ genannt und zum Schlusse festgestellt:
„Ein trübes Geschick waltet über Spanien, und der Tod eines
solchen Mannes ist ein schwerer Verlust, selbst für diejenigen, welche
er bekämpfte.“ — Tomás Zumalacárregui, geb. am 29. Dez. 1788
in Ormáiztegui (Guipúzcoa), seit 1834 der bedeutendste Führer der
carlistischen Heerscharen, wurde am 15. Juni 1835 vor Bilboa verwundet
und starb zehn Tage später.
S. 278, Z. 23: Freim. Voran ein Redactionsbettelbrief: Auf
der Rückseite des Titelblattes zum Juli-Heft des „Freimüthigen“
steht eine Erklärung „Ueber den Inhalt dieser Zeitschrift“, in der
Alexis ihr Programm darlegt und u. a. die Bitte ausspricht, man
möge sie nie nach einzelnen Blättern richten.
S. 278, Z. 23—26: Göschel über Goethe [usw.]: „Der Freimüthige
“ Nr 142—43. 18. u. 20. Juli: „Göschel über Göthe. [Unterz.:]
Timm.“ Referat über Karl Friedrich Göschels „Unterhaltungen zur
Schilderung Göthescher Dicht- und Denkweise. Ein Denkmal.“ (3
Bde. Schleusingen, Glaser 1834.) Timm erhebt gegen die Tendenz
des Buches gewichtige Einwände. Er findet einmal, daß es unmöglich
sei, in den Goetheschen Denkweisen überall einen alles überschauenden
Standpunkt zu finden, ohne dabei dem Einzelnen vielfach
Gewalt anzutun; daß ein solches Bestreben aber lächerlich
werde, wenn dieser beherrschende Standpunkt als ein christlicher ausgegeben
werde. Er findet zweitens, daß Göschel, in seinem Bemühn,
das Unvernünftige zu einem Vernünftigen zu erheben, sehr oft in

[Bd. b6, S. 686]

 


eine falsche philosophische Deutelei verfalle. Darum werde er seinen
Zweck, die Gegner Goethes zur Vernunft zu bringen, schwerlich erreichen.
— Göschel (1784—1862) war von Haus aus Jurist und in
jener Zeit Hilfsarbeiter im preußischen Justizministerium. Seine
Wirksamkeit als theoretischer Gelehrter erstreckt sich jedoch auch
auf die Gebiete der Geschichte, Philosophie und Theologie. Er war
ein entschiedener Anhänger und Verfechter der Hegelschen Philosophie,
als deren gründlichster Kenner er galt, und eifrig bemüht,
ihre Übereinstimmung mit dem christlichen Glauben zu erweisen.
Nach ihrer Spaltung vertrat er ihre sog. rechte Seite. (Vgl. Hermann
Müller, ADB Bd 9, S. 397—98.)
S. 278, Z. 26 f.: Die Bosheit des Alexis gegen mich [usw]: Diese
„Bosheit“ kann darin gefunden werden, daß bis dahin noch keines
der im Juni erschienenen neuen Werke Grabbes im „Freimüthigen“
besprochen worden war. Vgl. dazu Verweis zum Kommentar S. 228, Z. 1—4.
S. 278, Z. 28 f.: Und, Hund, spaße nicht mit Latour d'Auvergne
[usw.]: Ebenda Nr 146. 24. Juli. S. 588: In der Rubrik „Zur Tagesgeschichte
“ wird unter der Spitzmarke „Ein Streit um ein Herz“ erzählt,
daß in Frankreich soeben ein heftiger Streit um das Herz
„jenes merkwürdigen Braven“ ausgefochten worden sei, „der unter
dem Namen le premier grenadier de la France aus den Napoleonischen
Erinnerungen durch ganz Europa berühmt“ sei: [Théophile
Malo Corret de] Latour d'Auvergne. Dieser, Abkömmling einer
alten Familie und beim Ausbruch der Revolution Royalist, sei als
gemeiner Soldat in die Reihen der republikanischen Krieger eingetreten,
wofür ihn Napoleon dadurch geehrt habe, daß er für ihn
die genannte Würde schuf. Latour fiel im Kampfe, und fortan wurde
sein Herz, in einer Urne verschlossen, im Regimente mitgetragen.
„Beim Apell wurde sein Name zuerst verlesen, und der Flügelmann
der Garde schüttelte dann mit Stolz die Urne und beantwortete im
Namen des Todten den Ruf. Zwei Mitglieder der Familie führten
Prozeß über den Besitz des Herzens. Das Gericht sprach es, als der
nächsten Verwandten, einer Dame zu, ob nach dem Spruche im
romantischen Codex: mon coeur aux dames, wissen wir nicht“. Minder
bekannt sei, daß Latour nicht nur ein trefflicher Soldat und
Patriot, sondern auch ein Gelehrter gewesen sei, von dem ein
Lexikon der bretagnischen Sprache herrühre.
S. 278, Z. 29 f.: Sulla hatte Recht, wie er sie zu tausenden morden
ließ: Grabbe wird zweifellos vor allem die brutale Schreckensherrschaft
meinen, die Lucius Cornelius Sulla nach seinem, am Ende
des Jahres 82 siegreich beendeten Kampfe in Italien mit Hilfe der
Proskriptionen ausübte, um den Rachedurst an seinen Feinden zu
befriedigen und seine Stellung als Diktator der Republik zu befestigen.
Vgl. dazu auch die Darstellung in „Marius und Sulla“,
insbes. V., 1 u. 2. (Bd 1, Verweis zum Kommentar S. 407—409.)
S. 278, Z. 30—33: Das Wiederauftreten der Stich in Berlin [usw.]:
Ebenda Nr 147. 25. Juli. S. 592: In der „Wochenlese“ steht folgende
Notiz:
  „Bei Madame Crelinger's erstem Wiederauftreten nach
ihrer Urlaubsreise [in „Donna Diana“, Lustspiel nach dem Spanischem

[Bd. b6, S. 687]

 


des Don Augustin Moreto von Carl August West, d. i. Joseph
Schreyvogel] gab es ein volles Haus, vollen Beifall und vollen Genuß.
Neben ihr beide blühende Töchter, zum ersten Male als amtliche
Colleginnen ihrer Mutter. Ihnen zur Seite Herr Lucas als
Don Cesar [...]. Empfang, Herausrufen und dankende Erwiederung
wie gewöhnlich.“
S. 278, Z. 34—39: Malten: Dummes Zeug [usw.]: „Maltens
Weltkunde“ 6. Teil. S. 3—29. „Gegenwärtiger Zustand der politischen
Parteien in Belgien. Erster Aufsatz.“ Die positiven Angaben
sind einem Aufsatze [von Alphonse Royer] „über die Politiker Belliens
“ in der „Revue des deux Mondes“ (1835, 6. Lieferung[, S. 672—
714]) entnommen. Den Anfang bilden folgende Sätze: „Das Dasein
des belgischen Staates ist nicht mehr ohne politische Wichtigkeit in
den Angelegenheiten Europas. Als konstitutionelles Königreich
nimmt er bereits einen Rang ein, der ihn den wichtigsten Mächten
zweiter Größe beigesellt. Das weise, umsichtige, durchaus verfassungsmäßige
Verfahren Königs Leopold, hat die meisten seiner
frühern Gegner zur Neutralität vermocht, und seinen Feinden
Schweigen auferlegt [...].“ Darauf wird die Gruppierung der Parteien
besprochen: Das erste Phänomen, welches sich dabei darbiete,
sei das der Vermischung zweier Prinzipien, welche einander bisher
überall bekämpft hätten, nämlich das des Liberalismus und das
des Katholizismus. Jedoch sei diese Übereinstimmung nur eine scheinbare.
Die katholische Aristokratie habe sich mit einem Teile der
freisinnigen Partei nur zu dem Zwecke verbündet, um eine parlamentarische
Mehrheit zu bilden. Sie habe dadurch gegenwärtig
in Belgien, in der Person ihrer Häuptlinge [Monseigneur Van Bommel,
Bischof von Liége, und Monseigneur Sterx, Erzbischof von Malines],
die Macht in Händen, die sie weniger zur Erhebung und
Läuterung der christlichen Moral, weit mehr zur Bekämpfung des
demokratischen Elements benutze, wobei sie mit Heftigkeit von einer
dissidenten Fraktion bekämpft werde, der auch mehrere junge katholische
Geistliche angehörten. Bei alledem dürfe man freilich nicht
voraussetzen, „daß die katholische Partei in Beligen 'allmächtig' sei,
oder daß es in den neun Provinzen dieses Königreiches nichts als
Kirchen und Klöster gebe, und daß jedermann von dem Gutdünken
eines Groß-Inquisitors abhängig sei.“ (S. 6.) Vielmehr entsende
ein Teil von ihnen größtenteils freisinnige Deputierte. Nachdem die
Verteilung der Macht in den einzelnen Landesteilen dargelegt worden
ist, werden die Führer der katholischen Partei eingehend charakterisiert.

S. 278, Z. 39 — S. 279, Z. 2: Artesische Brunnen [usw.] Ebenda
S. 30—52: „Erläuterungen über die unterirdischen Wasser-Behälter
und Strömungen, wie über den Bau der artesischen Brunnen. Erster
Artikel.“ — Grabbe spottet auch sonst gern über die wissenschaftliche
Welt, die damals mit Spannung das Erscheinen des Halleyschen
Kometen erwartete. Vgl. vor allem Verweis zum Kommentar S. 240, Z. 35—40.
S. 279, Z. 5 f.: Wer p. 134 noch „Aermen“ schreibt [usw.]: Ebenda
S. 133—60: „Die Frauen der ersten Zäsaren, und Rom's gesellschaftliche
Verhältnisse bei der christlichen Aera Beginn. Zweiter
Artikel.“ Darin steht S. 134 der Satz: „Klaudia, die zweite

[Bd. b6, S. 688]

 


Gemahlin Augusts, der damals noch Octavius hieß, war eine
Tochter jener Fulvia, die aus den Aermen des Publius Klaudius,
in die des Markus Antonius übergegangen war.“ — Mit der Charakteristik
des Augustus beginnt der Artikel. Sie lauter (S. 133—34)
so:
  „Im Kampfe wilder Thiere ist's der Tieger, der endlich obsiegend
bleibt; so auch in der Gesellschaft der kaltberechnende, politische,
unermüdete Mensch, der mit Verbrechen nicht sparsam, nur einem
alleinigen Drange, dem seines persönlichen Vortheils, gehorcht.
  Ein solcher Mensch war Octavius Augustus, schlau genug,
ein Dutzend Dichter zu erhalten und ihnen zu schmeicheln,
in der Hoffnung, von ihrer beredten Muse als ein Engel des Lichts
dargestellt zu werden. Mit einem fühllosen Herzen, einer kalt und
richtig erwägenden Verstandeskraft, einer feigen aber tiefen Seele,
verbarg er, als vollendeter Heuchler, schon in einem Alter von 19
Jahren, seine natürlichen Züge hinter einer künstlichen Larve, die
er bis zu seinem Tode bewahrte. Erst mit dem letzten Hauche
rief er: 'Das Stück ist gespielt.'
  Die Macht, welche Zäsar's Genie sich erworben, wurde ein Erbe
des verschlagensten und geschicktesten. Der Trunkenbold Markus
Antonius und der feige Lepidus bahnte ihm den Weg zum Thron.
In seinem Betragen gegen die Frauen zeigte er sich auf dieselbe
Weise, wie in seinem politischen Benehmen: interessirt, grausam,
alles seinen persönlichen Neigungen aufopfernd, ohne wirkliche
Skrupel, wie ohne andere Zurückhaltung, als eine gewisse äussere
Schicklichkeit, die seine häßlichen Laster nur unvollkommen verbarg.

  Im Anschluß daran wird (S. 134 f.) erzählt, wie er seine erste
Gattin, Servilia, verstößt, um eine politische Heirat mit Klaudia
eingehen zu können; wie er später auch von dieser sich trennt,
nachdem er eine Verminderung der Macht seines Schwiegervaters,
des Triumvirs Markus Antonius, bemerkt hat, und welch verwerflicher
Mittel er sich dabei bedient.