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Nr. 651, siehe GAA, Bd. VI, S. 281thumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Carl Georg Schreiner (Düsseldorf)
Brief


  Handschrift Ich kann Ihnen über die Journale, die ich bei meiner
Kränklichkeit las, nur Allgemeines mittheilen.

  Das Morgenblatt ist diesesmal nur Schund. Lenau ist ein
erbärmlicher Poet, hat's aber bei Cotta verlegt.

30  Die Miscellen sind erbärmlich wie der Lügner Roß mit
seinem Pow-weet-yah. Y Ah! Esel. Daß dieses langweilige,
weder wissenschaftliche, noch künstlerische Zeug von Miscellen,
noch gelesen wird, thut die Macht der Gewohnheit.

  Minerva: Goethe wird mitgenommen. Aber nicht an der
35rechten Ecke gepackt. Dieser adlig gewordene Kaufmannsbengel
hat so ziemlich die Sprache, nie das Leben gekannt.
Er krämert aber gut aus, fremde Sachen mitunter. — Nu, der
Referent nimmt diese berühmte goethische Erbärmlichkeit
endlich auch mit. Die anderen Jungen treten in Dreck, und

[GAA, Bd. VI, S. 282]

 


der klebt fester als Sonnenlicht, drum ist ihnen Goethe alles,
Schiller nichts.

  Goethes Faust ist nichts als ein frankfurter liederlicher
Junge, der sich einbildet, was zu Handschrift seyn, aber nichts ist, und
5nur durch den Blick auf den Taunus seiner Phantasie Farbe,
durch hübsche Verse und Reime seinen Trivialitäten Pfeffer
und Salz gibt. Hätten Sr Excellenz Viel gerußt, und nicht
Vielerlei, so wär's besser um Sie.

  Die Ochsen — glauben noch immer, die Briefwechsel würden
10so herausgegeben, wie sie geschrieben sind.

  Lord Brougham ist ein eitler geschäftiger Narr. Stürz' du
den Staatsbau um, ist er schlecht. Sonst schwatze nicht darüber.
— p. 313—28 ein Wurstbrei, zum 1000mal aufgetischt,
kommt aber ekelhafter als je aus dummfranzösischen
15Maul. Ist deshalb zu bewundern.

  Bl. für litt. Unterhaltung.

Ekelhaft p. 887 stehe auch ich. „Grabbe und schmucke Reinheit!
“ Ich bin reiner wie ihr, ihr Onanisten. Habe stets die
Wahrheit gesagt, und nie gequengelt.

20  Lord Byrons Tochter, Ada, heirathet. Das ist mir ein
Messer in der Seele. Die mußte unverheirathet bleiben. Nun
seh' ich um sie die alten Mütter und Tanten.

  Wer Niebuhrs römische Geschichte lobt, die nur in der
Unbegründerei besteht, kennt die Welt nicht. Niebuhr war
25ein Narr. Soll auch an den Julitagen gestorben seyn. Leicht
angegriffen p. 910.: „Die That vom 15 März ist zu würdigen.“
Werden die Handschrift Kerle toll? Wer braucht's zu sagen, daß [der]
Tod des divus Julius zu würdigen sey? Sind die Journale für
Schulj[ungen] geschrieben, oder — von Schuljungen?

30  Herrn Spindler wird endlich die kahle — aufgedeckt. Er
taugte nie was, das Zierpüppchen.

  Der Phönix fängt bedeutungsvoll mit dem goldnen Kalb
an. Ich fürchte, Stang schlachtet ihn zu Cottelettes eh er zum
Ochsen wird.

35Alles dummes Journalzeug.

Heute.Ihr

                              Grabbe.

[Düsseldorf, erste Septemberhälfte 1835.]

[Adresse:] Handschrift Dem Herrn Buchhändler Schreiner Wohlgeboren
40Mit 1 Mappe u. 5 Journalen darin, und dem zufällig verspäteten
Desmarest.

[GAA, Bd. VI, S. 283]

 

 

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  Ebene schließenChronologisch
   
1818Meyersche Hofbuchhandlung Nr. 22, 03. März 1818
1820Adolph Henrich Grabbe 
1822Christian Gottlieb Clostermeier Nr. 42, 01. März 1822 — Adolph Henrich Grabbe  — Gotthelf Heinrich Jacobi Nr. 49, 21. November 1822 — Ludwig Tieck Nr. 51, 06. Dezember 1822
1823Adolph Henrich Grabbe  — Otto Carl August Ludwig Höpffner Nr. 62, 04. April 1823 — freunde Nr. 65, 24. April 1823 — Ludwig Christian Gustorf  — Karl Köchy Nr. 73, 24. Juli 1823 — Witwe Lohse Nr. 79, 23. November 1823
1824Karl Köchy Nr. 82, 16. Februar 1824 — Wilhelm Hermann Claepius Nr. 84, 01. März 1824 — Examinationskommission Nr. 86, 28. März 1824 — Fürstlich Lippische Regierung Nr. 87, 02. Juni 1824
1826Fürstlich Lippische Regierung Nr. 111, 14. November 1826 — Christian Gottlieb Clostermeier 
1827Christian Gottlieb Clostermeier Nr. 137, 07. November 1827 — Fürstlich Lippische Regierung 
1828Fürstlich Lippische Regierung  — Christian Gottlieb Clostermeier Nr. 154, 23. Januar 1828 — Louise Clostermeier  — Johann Karl August Kestner Nr. 178, 28. März 1828 — Louise Christiane Clostermeier 
1829Louise Christiane Clostermeier Nr. 233, 13. Juli 1829 — Fürstlich Lippische Regierung Nr. 252, 22. Dezember 1829
1831Fürst Leopold zur Lippe II. Nr. 298, 14. April 1831 — Fürstlich Lippische Regierung  — Louise Christiane Clostermeier Nr. 348, 29. Dezember 1831
1832Fürstlich Lippische Regierung  — Secondelieutenant Carl Wilhelm Runnenberg Nr. 365, 27. Juli 1832
1833Secondelieutenant Carl Wilhelm Runnenberg Nr. 370, 20. Januar 1833 — Wilhelm Arnold Eschenburg Nr. 378, 16. März 1833 — Johann Wilhelm von Hoffmann Nr. 379, 17. März 1833 — Louise Christiane Grabbe Nr. 387, 26. April 1833 — Fürstlich Lippische Regierung 
1834Fürst Leopold zur Lippe II. Nr. 423, 30. Januar 1834 — Fürstlich Lippische Regierung  — Louise Christiane Grabbe Nr. 476, 13. November 1834 — Karl Leberecht Immermann Nr. 481, 21. November 1834
1835Louise Christiane Grabbe  — Karl Leberecht Immermann  — Carl Georg Schreiner Nr. 648, 27. August 1835
1836Louise Christiane Grabbe  — Karl Leberecht Immermann Nr. 687, 25. Februar 1836 — Moritz Leopold Petri Nr. 700, 05. May 1836 — Carl Georg Schreiner  — Fürstlich Lippisches Konsistorium Nr. 728, 07. September 1836
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