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Nr. 70, siehe GAA, Bd. V, S. 81thumbnail
Adolph Henrich Grabbe (Detmold) an Christian Dietrich Grabbe (Dresden)
Brief

        Handschrift Lieber Christian!

  Deinem Brief vom 21ten haben wir den 26ten d. zu unserer
Freude daß Du gesund bist richtig erhalten. Wir sind es auch
noch. Daß Du Dein Zeug erhalten hast freuet uns, aber die
25Mutter ist nicht zufrieden, daß Du nicht schreibst, ob es Dir
auch gut paßt, sie hat es bei dem ersten Schneider hier in
Detmold verfertigen lassen. Auf was für eine Art kommst Du
mit dem Fürsten von Bückeburg in eine Gesellschaft? Daß Du
Deine Sachen alle aus Berlin hast freuet uns, auf was für
30eine Art hast Du da sie dahin bekommen, denn Du hast
viele Bücher Kleidungsstücke p?

  Wegen Werfel: Den Hofprediger ist es gleich nicht bekannt
geworden, es ist ihm nachher gesagt worden u. hat es sehr
übel genommen, vielleicht hat ihm der Assessor Rötteken verführt.
35

  Du schreibst Du hättest schon ein drittes Stück fertig: Wo
sind die Beiden Ersten u. in 3 Wochen wilst Du noch ein
4tes fertig haben. Hier in Detmold ist alles voller Erwartung
von Dir, Du hast uns nicht geschrieben, wie Dein erstes Stück

[GAA, Bd. V, S. 82]

 


heißt, Ernst Meier hat mir aber gesagt es wäre bettittelt
Herzog Theodor v. Gothland.

  Begemann, der Dich besucht hat in Berlin ist in der Woche
vor Pfingsten hiergewesen u. sagte der p Falkmann hätte ihn
5um Dich gefragt, er hätte, weil Du es ihm gesagt hättest, er
könnte alles sagen gesagt, daß Du 2 Comedien geschrieben:
die Antwort wäre gewesen: dies hätte man erwartet, auch der
Superintendent, der nach Dir gefragt hätte, hat das nämliche
gesagt; also Du mußt mit Deinem Sachen zum Vorschein
10kommen, damit die Detmolder befriediget werden, noch mehr
Deiner Mutter u. Vaters Verlangen ist es herzlich, weil Du
schon voriges Jahr aus Berlin schriebest daß Du grade am
11ten Juni mit der Abschrift mit dem ersten Stück fertig
geworden wärest. Dresel hat mir auf dem Spaziergange darum
15gefragt u. er wünschet Dir Glück.

  Daß das Essen in den Gasthäusern gut ist, freuet Deiner
Mutter.

  Handschrift Hat Dir Petri auch in Dresden besucht, er ist von hier
darauf zu gereiset. Barkhausen hat von Leipzig geschrieben
20er bewohnte Deine Stube die Du bewohnt hättest. Was hast
Du von Bekannten von Aelteren Leuten in Dresden?

  Wenn viele Mahler in Dresden sind, warum läßt Du Dich
den nicht mahlen u. thust Deiner Mutter es zu gefallen, die
Dir gerne die Kosten dafür vergütet?

25  Daß Deine Wirthin Dir reinen Kaffe kocht, freuet Deiner
Mutter, aber ihr schmeckt er nicht mehr so gut wie sonst und
des Abends wird keiner mehr getrunken.

  Tharand ist da nicht ein Sächsisches Forstinstitut? Daß Du
Dir Freunde erworben, freuet uns.

30  Du schreibst: daß Du den Brief auf ConceptPapier geschrieben,
weil das andere durchschläge, dieses thut Deiner
Mutter leid, weil sie Dir hätte, wenn da kein gutes Papier
wäre, von hier aus mit den Kleidungen gutes Papier gesandt.
Daß Du viele Corespondenz aus Berlin hast, freuet uns, aber
35wir warnen, welches Du selbst am besten wissen wirst, daß Du
Dich in keine geheime Verbindungen, welche nach den Frankfurter
Zeitungen auf Preußischen Universitäten sein sollen,
einläßt.

  Daß der König von Baiern aus Dresden abgereißt ist, schreiben
40die Frankfurter Zeitung u. hat wirklich nach derselben
Königl. Geschenke an den Hof p so gar namentlich an Dichter

[GAA, Bd. V, S. 83]

 


gemacht. Die Musik in der Katolischen Kirche gefällt, Deiner
Mutter, aber daß die die Leute des Singens wegen verschnitten
werden, ist ihr zu hart.

  Dein Bart muß stark sein, daß Du Dich einen um den
5andern Tag Rasiren läßt.

  [Lücke] Handschrift Handschrift und so lange wir zusammen noch leben, warum
sollten wir das nicht thun? Das Postgeld für das Porto wird
ja nicht betrauert, darum bitte ich halte Dein Versprechen.
Wir haben ja als Eltern an Dir gethan, was wir zu thun
10schuldig waren, u. thun es bis diese Stunde ja noch: schreib
fleißig Deiner Mutter wegen, Du weißt nicht wie ängstlich
sie ist wenn Dein Schreiben über Zeit ausbleibt. Es ist hier gute
Zeit u. die Früchte stehen vortreflich. Daß wir weiter wie
sonst aus einander sind thut nicht, wenn nur Briefe herkommen
15können. Es ist Sommer ich bleibe bis 7 Uhr im Garten
u. dann kann ich nicht nach dem Keller mehr gehn, und
nach dem Essen gehe ich nicht mehr aus. Zu den Neuigkeiten
Detmolds: Der Werkmstr Kruel ist am 26ten v. M. gestorben
und am 1ten Juni tritt ein unverheiratheter Nahmens Döring
20der Knecht im Irrenhause zu Brake ist an! Kein verheiratheter
sollte angenommen werden, vielleicht deswegen, weil ein unverheiratheter
die Frau wieder heirathen muß. Du kennst
St.[erzenbach]! Der alte Bäcker Brügemeier ist todt. /: Der
Rath nimt seinen Abschied von der Bibliothek, er kann sich
25mit Wasserfall nicht vertragen, dieses lese ich der Mutter nicht
vor! :/ Die Straten in unser Nachbarschaft ist auch todt. Der
Fürst reist die ander Woche nach Schieder nach der Sommer:
Residenz. Der alte Rentmstr Meier ist auch todt.

[Detmold, 30. Mai 1823.]