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Absender unbekannt an Adressat unbekannt
Brief
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Der Brief an den Kronprinzen von Preussen.

  Handschrift Von aller Welt verlassen, immer mehr in die tiefste Hülfslosigkeit
versinkend, erhebe ich meine scheue Stimme zu der
Handschrift Gnade Ewr Königlichen Hoheit.

  Die Strafe meiner Lügen auf mein Haupt, wenn an den
5folgenden Thatsachen etwas Unwahres ist: ich bin von ziemlich
armen Eltern in Lippe-Detmold geboren; sie waren schwach
genug, mich auf das Gymnasium zu schicken, und ahnten nicht,
daß die Weisheit des Gelehrten nur in der Form sich von
der eines Schusters unterscheidet; ich überflügelte bald in den
10Handschrift Wissenchaften nicht nur meine Mitschüler, sondern auch manche
meiner Lehrer, und glaube noch jetzt extempore mich einer
fast schrankenlosen Prüfung unterwerfen zu können; da aber
mein Geist bei seinem inneren Wachsthume sich auch äußerlich
entfalten mußte und dieß im jugendlichen Übermuthe auf
15eine vielleicht zu gewaltsame Weise geschah, so konnten meine
ein wenig kleinstädtischen Landsleute Handschrift das nicht fassen, und
ich merkte, daß es um meine lippische Laufbahn gethan war;
weil ich indeß einmal angefangen hatte, so durfte und konnte
ich nicht sogleich wieder aufhören, und ich eilte nach Leipzig,
20um daselbst die Rechte zu studiren, welches ich denn auch
so redlich gethan habe, daß ich mich vor keinem Examen zu
fürchten brauche; jetzt hatten jedoch meine unglücklichen Eltern
das letzte Geld für mich aufgewendet, Handschrift und da ich bei
meinen schlechten Aussichten in der Heimath, kein andres
25Mittel wußte, so schrieb ich in meinem Schmerze ein Trauerspiel,
für welches ich wegen seiner Sonderbarkeit einen hohen
Preis zu erhalten dachte; aber obwohl bloß wegen dieses
Stückes bedeutende Männer auf mich aufmerksam geworden
sind und selbst Briefwechsel mit mir angefangen haben, so
30fehlte es mir bis auf Hut und Schuhe an Handschrift allem Äußeren,
um es einem anständigen Verleger auf die gehörige Weise anzubieten;

[GAA, Bd. VI, S. 362]

 


da übermannte mich die ausgelassenste Lustigkeit, und
ich schrieb mit einem abgebrochenen Schwefelhölzchen, welches
ich in Ermangelung einer Feder in die Tinte tauchte, das
Lustspiel nieder, welches ich als Probe meines Talentes hier
5beizulegen wage. Jetzt galt es aber, meine letzten Kräfte für
meine Erhaltung aufzubieten, Handschrift und ich erinnerte mich meiner
Anlage für die Schauspielkunst, die so groß zu seyn scheint,
daß es mährchenhaft lautete, wenn ich ohne einen näheren,
persönlichen Beweis davon sprechen wollte; ich eilte also voll
10sicherer Hoffnung nach Berlin und — konnte es daselbst nicht
einmal so weit bringen, daß ich zu irgend einer kurzen Probedarstellung
im Zimmer gelassen wurde!

  Ewr Königliche Hoheit haben nun gewiß Handschrift schon ersehen,
was ich für ein Mensch bin. Viele nannten mich genial, ich
15weiß indeß nur, daß ich wenigstens Ein Kennzeichen des
Genies besitze, den Hunger.

  Nochmals erhebe ich meine Stimme zu Ewr Königlichen
Hoheit!

II.
Verlags-Kontrakte
A.
20Handschrift  Contract

zwischen dem Herrn Auditeur Grabbe in Detmold und der
Joh. Christ. Hermann'schen Buchhandlung in Frankfurt a/m
über die schriftstellerischen Arbeiten desselben.

1) Der Herr Auditeur Grabbe in Detmold überläßt alle und
25jede literarische Arbeiten, die er in den nächsten 4 Jahren
vom 1sten Januar 1830 an gerechnet liefern wird, der Joh.
Christ. Hermann'schen Buchhandlung zum eigenthümlichen
Verlage und verpflichtet sich binnen dieser Zeit, also bis zum
1sten Januar 1834 mit keiner anderen Buchhandlung hinsichtlich
30seiner in diese Periode fallenden schriftstellerischen Erzeugnisse
in Verbindung zu treten.

2) Er verspricht der Joh. Christ. Hermann'schen Buchhandlung
im Laufe eines jeden Jahres mindestens 3 dramatische
Stücke im ungefähren Umfang wie sein Anfang 1829 erschienener
35Don Juan und Faust zu liefern, und zwar würden in
den 3 ersten Jahren 2 Stücke hiervon jedesmal die Fortsetzung
des von ihm begonnenen Cyclus von Tragödien „die Hohen-

[GAA, Bd. VI, S. 363]

 


staufen“, welches Werk auf 8 Bände berechnet ist, bis zur
Vollendung desselben nach diesem Umfange ausmachen.

3) Die Joh. Christ. Hermann'sche Buchhandlung verpflichtet
sich dagegen dem Herrn Auditeur Grabbe für diese seine
5dramatischen Arbeiten monatlich eine Summe von rthlr. 24:
—. Preuß. Court. zu bezahlen, über welchen Betrag derselbe
durch Anweisung von seinem Wohnort aus verfügen wird.

Handschrift 4) Wird Herr Auditeur Grabbe, das von ihm begonnene dramatische
Werk „die Hohenstaufen“, von welchem der 1ste
10Band Kaiser Friedrich Barbarossa bereits erschienen, und dessen
2r Theil Kaiser Heinrich VI demnächst erscheinen soll, vom
3ten Theile an bis zum letzten 8ten Theile binnen 3 Jahren
vom 1sten Januar 1830 an gerechnet, vollenden, also jährlich
davon 2 Bände liefern, so verpflichtet sich die Joh. Christ.
15Hermann'sche Buchhandlung unter Voraussetzung, daß diese
späteren Theile im gleichen Geiste, wie der erste Theil Kaiser
Friedrich Barbarossa gearbeitet sind, zu einem Extra-Honorar
von rthlr. 100: —. Preuß. Court. für jeden einzelnen
Band, vom 3ten Band an gerechnet.

205) Gefällt es dem Herrn Auditeur Grabbe außer diesen poetischen
Arbeiten sich noch mit anderweitigen Arbeiten in Prosa
zu beschäftigen, so verspricht er ebenfalls dieselben innerhalb
des obigen Termines bis zum 1sten Januar 1834 der Hermann'schen
Buchhandlung nicht zu entziehen, und diese dagegen verpflichtet
25sich ihm ein im Verhältniß mit seinen übrigen Leistungen
angemessenes Honorar dafür zu bezahlen.

6) Der Herr Auditeur Grabbe gewährt der Joh. Christ. Hermann'schen
Buchhandlung die Freiheit ihm Arbeiten, die ihr
für den Druck nicht geeignet scheinen zu refüsiren, und würde
30dann Herr Auditeur Grabbe statt der ausfallenden Arbeiten
entweder neue liefern, oder wo nicht, der verhältnißmäßige
Handschrift Betrag des Honorars dafür in Abzug gebracht werden; ferner
gesteht er der Verlagshandlung das Recht zu, wenn er bis
zum Verlauf von 4 Monaten von Eingang des letzten Manuscriptes
35an kein neues Stück übersandt, mit Zahlung der monatlichen
rthlr: 24 einzuhalten.

7) Alles, was Herr Auditeur Grabbe in der übereingekommenen
Zeit in Poesie und Prosa der Hermann'schen Buchhandlung
unter den angeführten Bedingungen liefert, gehört
40derselben als volles Eigenthum für beständig und für alle und
jede Auflagen.

[GAA, Bd. VI, S. 364]

 


8) Sämmtliche aus diesem Contrakt für beide Theile entspringenden
Rechte und Verbindlichkeiten gehen, in so fern dies
ihrer Natur nach möglich, auf die beiderseitigen Erben über.

  Zur sicheren Beglaubigung wurde dieser Contrakt in duplo
5von den beiden contrahirenden Theilen unterschrieben und
besiegelt.

Frankfurt a/M den 15ten August

            1829        Joh Christ. Hermann'sche
                          Buchhandlung

10  Handschrift Obigen Contract nehme ich unter folgenden Modificationen
an,

  a) daß es mir unbehindert bleibt, Aufsätze, auch Probescenen
aus meinen dramatischen Stücken, in geeignete Journale
zu senden,

15  b) daß, wenn über die Frage, ob ein Stück der Hohenstaufen
im Geist des Barbarossa geschrieben sey, [keine Einigung
unter den Vertrags-Partnern zu erzielen ist,] dieses durch
von beiden Theilen vorzuschlagende Kunstverständige ermittelt
werde,

20  c) daß, falls Zwiespalt über das Honorar etwaiger prosaischer
Arbeiten entstände, gleichfalls Kunst- und Sachverständige,
von beiden Theilen zu wählen, denselben entscheiden, —

  d) daß ich zwar die vom 1st Januar 1830 bis zum 1st Januar
1834 von mir in der Hermann'schen Buchhandlung
25erscheinenden Werke, letzterer zum Eigenthum hinsichts aller
Auflagen übertrage, jedoch mir bei jeder etwaigen neuen Auflage
eines einzelnen Stückes eine Vergütung von 90 rthlr.
Pr. C., sämmtlicher oder mehrerer Stücke hingegen eine hiernach
zu erhöhende (pro jedes Stück 90 rthlr.) ertheilt werde, —

30  e) daß ich die refusirten Stücke andren Buchhandlungen
übertragen darf.
Detmold den    Grabbe.
20st August. 1829.    

B.
35   Zwischen dem Herrn Landgerichtsrath Immermann dahier,
als Special-Bevollmächtigtem des Herrn Auditeurs Grabbe und
dem Herrn Buchhändler I.[ohann] H.[einrich] C.[hristian]
Schreiner ebenfalls dahier ist nachstehender Verlags-Contract
abgeschlossen worden:

[GAA, Bd. VI, S. 365]

 


1.
Herr Schreiner übernimmt das Werk des Herrn Grabbe
„Aschenbrödel, Lustspiel in 4 Aufzügen“ in Verlag, läßt dieses
Werk sogleich drucken und giebt nach Beendigung des Drucks
5dem Herrn Verfasser fünfzehn Freiexemplare auf feinerm
Papier.
2.
An Honorar erhält der Herr Verfasser Fünfzig Thaler in
Golde bei Aushändigung des Manuscripts ausgezahlt.
103.
Die Stärke der Auflage wird auf Eintausend Exemplare bestimmt.

4.
Die Correctur übernimmt der Herr Verfasser.
15   Vorstehender Contract ist in zwei gleichlautenden Exemplaren
ausgefertigt und von den Partheien zum Zeichen der
Genehmigung eigenhändig unterschrieben worden.
         Düsseldorf, den 16ten Januar 1835.
        Immermann.            I. H. C. Schreiner.

20C.
  Zwischen dem Herrn Landgerichts-Rath Immermann, als
Spezialbevollmächtigten des Herrn Auditeur Grabbe und dem
Buchhändler I.[ohann] H.[einrich] C.[hristian] Schreiner,
beide dahier wohnhaft, ist nachstehender Verlags Contract abgeschlossen
25worden:
Art. 1.
  Der Herr Landgerichts-Rath Immermann im Namen und
Auftrage des Herrn Auditeur Grabbe überträgt dem Buchhändler
Schreiner das Verlags-Recht an der Tragödie: Han-
30nibal, des genannten Verfassers.
Art. 2.
  Dieses Verlags-Recht bezieht sich auf die 1te Auflage,
deren Stärke zu Eintausend Exemplaren bestimmt wird.
Art. 3.
35   Der Buchhändler Schreiner zahlt ein Honorar von
/ Einhundert Thalern in Golde /
  bei Empfangnahme der Handschrift, giebt außerdem fünfzehn
frei Exemplare dem Herrn Verfasser auf feinem Papier,
sobald der Duck beendigt ist.

[GAA, Bd. VI, S. 366]

 


Art. 4.
  Mit dem Drucke wird sogleich begonnen, und derselbe in
thunlichst kürzester Frist zu Ende geführt.
  Also von beiden Theilen verabredet, und ist gegenwärtiger
Contract, in zwei gleichlautenden Exemplaren ausgefertigt,
5zum Zeichen der Genehmigung von den Contrahenten unterschrieben
worden.
Düsseldorf den 21. Februar. 1835.
        K. Immermann.        I. H. C. Schreiner.
10 III.
Acta in causa Auditeur Grabbe und Forst
secretair Kestner,
puncto injuriarum.
(Fragment.)
15 Einleitung.

  Am 1. Juli 1833 erschien Louise Christiane, die am 6. März
des gleichen Jahres Grabbes Gattin geworden war, mit einem
verschlossenen Kasten bei ihrer Freundin, der Frau des Forstsekretärs
Kestner in Detmold, und bat sie, diesen Kasten mit
20Gelde in Verwahrung zu nehmen, mit der Begründung: „daß
sie zwar mit ihrem Ehemann in Gütergemeinschaft lebe, derselbe
ihr jedoch die Verwaltung des von ihr inferirten Vermögens
zu belassen versprochen habe 1, daß das Geld ihr gehöre,
daß dasselbe zum Einsatz in eine Witwen-Casse bestimmt
25und bisher dazu aufbewahrt sey“, Grabbe jedoch nun gegen
ihren Willen auf andere Art darüber disponieren wolle 2. Im
gleichen Augenblicke kam Kestner selbst von einem Spaziergange
zurück und ließ, um der größeren Sicherheit willen,
den Kasten in seine Arbeitsstube bringen.

30  Bald darauf hatte Grabbe in Erfahrung gebracht, daß der
Kasten, welcher annähernd 300 Rtlr. enthielt, weggeschafft
worden, und auch, zu wem er gekommen war. So erhielt am
folgenden Tage, also am 2. Juli, Kestner von ihm einen

[GAA, Bd. VI, S. 367]

 


Brief, in dem die Herausgabe des Kastens sowie die Beantwortung
verschiedener Fragen begehrt wurde. Der Forstsekretär
erwiderte, daß ihm der Kasten allerdings, nicht aber
andere Sachen anvertraut worden seien, daß er sich jedoch
5nicht für berechtigt halte, ihn jemand anders auszuliefern,
als Louisen. Darauf traf, nachdem er diese bereits zur
Rücknahme des Kastens aufgefordert, auch ihre Zusage erhalten
hatte, am 3. Juli ein zweites Schreiben Grabbes bei ihm
ein, dessen Gründe indes seine Ansicht nicht zu ändern vermochten,
10daß er verpflichtet sei, den fraglichen Kasten nur der
Überbringerin zurückzugeben. Dieses geschah noch am nämlichen
Tage. Grabbe wurde davon sogleich benachrichtigt.
Kestner bemerkte dazu, daß er nun auch faktisch außer
Stande sei, dem Verlangen Grabbes zu genügen, daß er übrigens
15vermuten müsse, Grabbe werde bei ruhigem Nachdenken
wohl das beste Mittel finden, den Kasten wieder ins Haus zu
schaffen, daß Nachgibigkeit gegen billige Forderungen auch
dem Manne nicht Schimpf, sondern Ehre bringe u.s.w. Diese
Mitteilung beantwortete Grabbe mit einem dritten Briefe, der
20vom 4. Juli datiert war und, wie Kestner angibt, außer
einigen Grobheiten, wie z. B. der Behauptung, daß das ganze
Deutschland ihn besser kenne und höher schätze, als Kestner
geschätzt werde, gleich zu Anfang den Hinweis auf eine
Angelegenheit enthielt, mit der es folgende Bewandtnis hatte:
25Eine Geldrolle im Betrage von etwa neun Rtlrn. war von dem
Regierungsfiskal Rat Antze in Detmold, der die Summe eigenhändig
auf dem Papier bemerkt hatte, an den Leutnant Steffen,
von diesem an den Kaufmann Wist, von diesem an den
Forstsekretär Kestner und von diesem endlich an den Kornhändler
30Austermann ausgegeben worden. Dieser letzte Empfänger
öffnete sie, zählte sie in Gegenwart des Überbringers
nach und stellte fest, daß an dem angegebenen Betrage etwas
fehlte. Darauf erhielt Kestner die Tute mit dem darin gefundenen
Gelde zurück, gab sie seinerseits an den Kaufmann Wist
35weiter und erhielt von diesem ohne weiteres den darauf
bemerkten Betrag in anderem Gelde. Dagegen weigerte sich
der Leutnant Steffen, die Tute von Wist zurückzunehmen und
nötigte diesen dadurch, ihn beim Militärgerichte zu verklagen.
Dies geschah am 18. Juni 1832, und so erscheint denn die
40Sache in der Prozeßtabelle vom gleichen Monat (unter Nr. 14)
mit dem Bemerken: „Implorat verneint die Foderung, und

[GAA, Bd. VI, S. 368]

 


wird die Sache im Laufe dieses Monats wohl verglichen werden,
so mehr als partes Evictionsleistungen 3 von Dritten glauben
fodern zu können.“ Diese Voraussage traf jedoch nicht
ein. Darum wurde dem Imploranten, Kaufmann Wist, der
5Beweis seiner Forderung aufgegeben, und dieser wurde am
4. Juli angetreten.

  Da nun Kestner Jurist, und über das Sachverhältnis am
genauesten unterrichtet war, so hatte ihn Wist gebeten, die
Klage und noch ein paar andere Eingaben zu entwerfen. Kestner
10hatte diesen Wunsch erfüllt, weil er annahm, Wist werde
seines Zeugnisses in diesem Prozesse nicht bedürfen. Dies war
nachher doch der Fall, und nun trug der Forstsekretär freilich
Bedenken, als Zeuge für den Kläger aufzutreten. Diese Bedenken
wurden ihm jedoch durch den Rat eines erfahrenen
15Kollegen zerstreut. So erschien er denn am 23. August mit den
anderen, von Wist vorgeschlagenen Zeugen vor Gericht, unterließ
es dabei aber nicht, dem Gerichte Anzeige davon zu machen,
daß er die Schriften des Klägers verfaßt habe. Der außer
dem Militärrichter Grabbe allein anwesende Verklagte, Leutnant
20Steffen, fand indes jene Bedenklichkeiten unerheblich. Termin
zur mündlichen De- und Gegendeduktion wurde auf den
13. September angesetzt, am Ende aber die Sache unter beiden
Teilen verglichen, da der Gegenstand des Streites, nämlich
der Fehlbetrag der Geldtute, auf einem Mißverständnis beruhte
25und durch einen Dritten ersetzt wurde.

  Diesen Vorfall also zog Grabbe in seinem Briefe vom
4. Juli nach einem Jahre wieder hervor, und zwar, wie Kestner
in seiner Klagschrift behauptet, in hämischer Weise, entstellt
und mit der Absicht, den Gegner an seiner Ehre zu
30kränken. Er wurde deshalb von Kestner am 7. Juli 1833 bei
der Justizkanzlei in Detmold wegen Beleidigung verklagt und
Termin zur Verhandlung auf den 29. Juli angesetzt.

  Auch der Streit zwischen Grabbe und dessen Frau hatte
sich verschärft. Jener stellt auffallenderweise noch am 10. Juli
35die Sache so dar, als sei der fragliche Kasten noch nicht
wieder im Hause 4, und selbst am 16. Juli, in dem Augenblicke,
da er zum dritten Male in dieser Sache an den Regierungsrat

[GAA, Bd. VI, S. 369]

 


von Meien schrieb, vermutete er es nur, war dessen aber nicht
gewiß. 5 Auf jeden Fall drohte er, eine Anzeige in das Lippische
Intelligenzblatt einzurücken, die etwa den Inhalt gehabt
haben wird: er warne hiermit jedermann, von seiner Gattin,
5Louise Christiane Grabbe, geb. Clostermeier, irgend etwas anzunehmen,
da er sich sonst genötigt sehen werde, gegen den
Betreffenden vorzugehn. Es war darüber offenbar zu einer
häuslichen Szene gekommen, in deren Verlaufe Louise Christiane
ihrem Manne das Blatt gewaltsam aus den Händen
10gerissen hatte. Sie wußte natürlich, daß die geplante Anzeige
sie vor der Öffentlichkeit in der empfindlichsten Weise bloßstellen
müsse. Auch dem Regierungsrat von Meien konnte es
nicht gleichgültig sein, wenn sein Auditeur an einem gesellschaftlichen
Skandale beteiligt war, und er versuchte deswegen,
15zwischen den Ehegatten zu vermitteln. Er erhielt darauf von
Grabbe in der Zeit vom 10. bis zum 16. Juli drei Briefe, aus
denen sich die Voraussetzungen des Streites und Grabbes
Standpunkt mit ziemlicher Deutlichkeit ergeben.

  Bevor Grabbe die Ehe mit Louise Christiane Clostermeier
20geschlossen hatte, war zwischen ihnen Gütergemeinschaft vereinbart
worden. Louise Christiane selbst hatte sie gewünscht,
und solchem Verlangen waren Grabbes eigene Anschauungen
über diese Frage günstig. Die Gütergemeinschaft, so schrieb
er unterm 10. Juli 1833 an den Regierungsrat, interessiere
25ihn besonders insofern, als er dadurch ein eigentümlicheres
Interesse habe, für das Gesamtgut zu sorgen, als wenn keine
da wäre. Viele Beispiele zeigten, daß ein gemeiner Mensch
bei getrennten Gütern seine Frau und seine Gläubiger weit
eher als bei ungetrennten betrüge. 6

30  Kapital war von beiden Seiten eingebracht worden; von
ihrer Seite das größere. Grabbe behauptet, nicht einmal zu
wissen, worin das Vermögen seiner Frau bestehe; Prorektor
Clemen in Lemgo gab es im Jahre 1834 mit etwa 8—10_000
Rtlrn. an. 7 Grabbe stand das Recht der Verwaltung und
35Nutznießung des Gemeingutes zu. Jedoch hatte er offenbar
in mündlichem Übereinkommen auf einen Teil seiner Rechte

[GAA, Bd. VI, S. 370]

 


zu Gunsten seiner Frau verzichtet. Er hatte ihr die Verwaltung
ihres Eingebrachten überlassen, ferner seine Gage und
die von ihm aus ihrem Eingebrachten genommenen Zinsen.
Ausdrücklich versicherte er, von seiner Frau Vermögen nichts
5verbraucht zu haben.

  Bei solcher Großzügigkeit mußte es ihn empören, daß
Louise Christiane über 300 Rtlr. verschleppte und damit seiner
Aufsicht entzog. Er betrachtete diesen Schritt als eine Verletzung
seiner ehemännlichen Rechte und mußte bei dem
10herrischen Charakter seiner Frau, die er selbst „einen kleinen
Napoleon“ nennt, „indem sie alles, was man ihr bewilligt, als
ein erobertes Terrain zu benutzen versteht, wovon aus sie
mehr erobern kann“, befürchten, daß es mit seinem Ansehen
in der Ehe für alle Zeiten vorbei sein werde, wenn er jetzt,
10anstatt den Herrn zu zeigen, nachgebe, da sie dies nicht als
Gutwilligkeit, sondern als ein von Grabbe eingesehenes Unrecht
behandeln werde.

  Mit einer schönen Objektivität erkannte Grabbe an, daß
seine Frau „von Herzen gut“ sei, ja sogar „weit besser“ wie
20er selbst, dessen Herz schlechter sein möge als das ihrige.
Jedoch hatte er in den wenigen Monaten der jungen Ehe auch
bereits ihre fatalen Eigenschaften erkannt: daß sie „sehr eigen“
sei und „alles im übertriebenen Maßstabe“ nehme, mehr als
er selbst dies tue, daß sie nicht so klug sei wie er, aber eine
25Frau mit „ausdehnender Erfindungskraft“, eine „Denkgläubige“
, indem sie so ziemlich alles glaube, was sie denke, so daß
man ihrem „vielleichtigen Sprechen“ mit Mißtrauen begegnen
müsse. Auch was Grabbe an dem Verhalten des Forstsekretärs
zu tadeln fand, machte er dem Regierungsrate bekannt: Hätte
30er, so schreibt er, den Kasten mir überliefert, so würde ich
zu meiner Frau gesagt haben:

        sieh, hier ist der Kasten mir überliefert, und muß-
        te das mir als Ehemann geschehen,
und dann:
35        da ich mein Recht dir gezeigt habe, mache damit,
        was du willst.

  Statt so Versöhnung zu befördern, hat der Forstsekretär
Kestner sich auf halbe Maßregeln eingelassen, aus denen stets
wenig und nur Schädliches entspringt.“

40  Grabbe hatte den Wunsch, es möge alles gut gehen. Denn
es gelüstete ihn nicht, „unter der Kategorie einiger anderen

[GAA, Bd. VI, S. 371]

 


Weiberverläufer“ zu stehen, d. h. solcher, die ihrer Frau
davonlaufen. Darum war er erbötig, die Anzeige im Intelligenzblatte
zu unterlassen oder doch nicht ohne vorherige
Anfrage beim Regierungsrate einzurücken. Sodann sollte es,
5sobald nur erst „der unselige Kasten“ wieder ins Haus geschafft
sei, zwischen ihm und seiner Frau in jeder Art beim
früheren bleiben, und sie verwalten, wie sie wolle, sofern
sie dem Gemeingute nicht schade. Zum Beweise dessen, daß es
ihm damit Ernst sei, lieferte er die gerade fälligen einundzwanzig
10Reichstaler Zinsen Louisen zurück.

  Am 29. Juli 1833 traten sich also die beiden Gegner vor
den Schranken des Gerichts gegenüber. Gleich zu Anfang
machte der leitende Richter, Kanzleirat Althof, den Versuch,
die Sache gütlich beizulegen, jedoch ohne Erfolg. Grabbe erwiderte,
15daß er schon längst entschlossen gewesen sei, den Kläger
gerichtlich zu belangen. Aus diesen Worten muß darauf
geschlossen werden, daß die Feindschaft zwischen den beiden
Männern älteren Datums war; jedoch wissen wir über ihre
Gründe gar nichts. Grabbe gab also seine Erklärungen zu der
20Klagschrift ab. Insbesondere führte er aus: er habe den
Forstsekretär auf keine Weise beleidigt. Alles, was er getan
oder geschrieben, sei lediglich durch Kestners Verhalten provoziert
worden, also, wie wir heute sagen würden, in Wahrung
berechtigter Interessen geschehen. Um den weggebrachten Kasten
25wiederzuerlangen, habe ihm ein anderer, die Hilfe der
Behörden umgehender Weg nicht offen gestanden. Darum
erhalte der Gegner nicht, wie er gefordert, Widerruf und
Abbitte, Ehrenerklärung und Ersatz der Kosten.

  Dagegen stelle er nun Widerklage an. Denn indem der
30Gegner dadurch, daß er wissentlich einen aus einem wohlhabenden
Haushalte stammenden Kasten bewahrt und zurückgehalten
habe, dessen Inhalt er zwar angeblich nicht gekannt,
von dem er aber gewußt habe, daß er über 300 Rtlr. an
Gelde enthalte, habe er äußerst gesetzwidrig gehandelt, auch
35ihn, den Ehemann, durch diese Einmischung in seine Vermögensverhältnisse
zwischen ihm und seiner Frau äußerst
beleidigt und ihm an seinem öffentlichen Kredite Schaden
zugefügt.

  Die Frage nach der, weder aus dem Aktenfragment noch
40aus anderen Quellen sich ergebenden richterlichen Entscheidung
ist zugleich die, wie das Verhalten der beiden Prozeßgegner

[GAA, Bd. VI, S. 372]

 


zu beurteilen sei. Sie kann indes nur unvollkommen
beantwortet werden, da die zwischen den Parteien gewechselten
Briefe vernichtet, zum mindesten nicht bekannt sind.

  Bei dieser Beurteilung ist davon auszugehen, daß in der Ehe
5Grabbes die Gütergemeinschaft galt, ihm daher das Recht der
Administration des Gemeingutes zustand. Zwar behauptet
Louise Christiane, ihr Ehemann habe ihr vor der Ehe die
freie Verfügung über ihr Eingebrachtes zugestanden, wäre
sie aber von der Rechtsverbindlichkeit dieser mündlichen, unverbrieften
10Versprechen überzeugt gewesen, dann würde sie
nicht in ihren nach Düsseldorf gerichteten Briefen mit so bemerkenswerter
Hartnäckigkeit Grabbe vor die Wahl gestellt
haben: entweder in die Aufhebung der Gütergemeinschaft zu
willigen oder auf das Vorrecht der Administration des Gemeingutes
15gerichtlich zu verzichten.

  Wenn also Louise Christiane hinter dem Rücken ihres Mannes
eine nicht unbeträchtliche Summe aus dem Hause fortund
zu einer dritten Person brachte, um sie nach ihrem Willen
zu verwenden, so entzog sie damit dieses Kapital Grabbes
20gesetzlichem Verfügungsrechte und brachte einen Zweifel in
seinen guten Willen oder auch in seine Fähigkeit zum Ausdruck,
das Gemeingut ordnungsgemäß und sinnvoll zu verwalten,
durch den sich Grabbe, von seiner Ehepartnerin volles
Vertrauen fordernd, mit Recht gekränkt fühlen mußte.

25  Ein Gleiches gilt von dem Verhalten des Fortsekretärs
Kestner. Denn objektiv ist dessen Handlungsweise als ein Eingriff
in Grabbes ehemännliche Rechte anzusehen. Grabbe besaß
ein sehr verletzliches Ehr- und ein sehr feines Rechtsgefühl.
So sah er sich auch von Seiten eines Dritten beleidigt, der sich
30in seine persönlichen Angelegenheiten einmischte, und durfte
sich dagegen wohl zur Wehr setzen.

  Eine andere Frage ist die, ob man diesen Eingriff subjektiv
für gerechtfertigt halten muß. Kestner hat dies offenbar getan.
Er hielt die Frau Auditeurin für eine im höchsten Grade redliche
35und achtungswürdige Person und schenkte deshalb ihren
Behauptungen Glauben. So konnte er — ob mit Recht oder
Unrecht, bleibe dahingestellt — seine Handlungsweise für
berechtigt halten. Auf jeden Fall hat ihm, modern ausgedrückt,
bei dem Zurückhalten des Kastens das Bewußtsein der Widerrechtlichkeit
40gefehlt. Das fühlte Grabbe wohl auch; denn er
verteidigte sich. Eine Bestrafung Kestners wegen Beleidigung

[GAA, Bd. VI, S. 373]

 


wäre darnach wohl kaum eingetreten. Die Rechte Grabbes auf
Schadenersatz bleiben davon unberührt.

  Befremdlich bleibt freilich, daß er, der kein Laie, sondern
Jurist und obendrein kein Anfänger war, die Mahnung:
5„Audiatur et altera pars!“ so gänzlich außer acht gelassen
hat, und daß er ferner das Bedenkliche im Verhalten der
Freundin seiner Frau völlig übersehen zu haben scheint. Denn
es lag nahe, ihr dies vorzustellen und mit dem Rate zu verknüpfen,
den Kasten lieber wieder mit nach Hause zu nehmen.
10Der Forstsekretär läßt in seinem Verhalten Lebensklugheit und
Bedachtsamkeit vermissen. Bei seiner Einsicht in die Natur
beider Eheleute hätte er wohl nicht verkennen dürfen, daß
es Öl ins Feuer gießen hieß, wenn er sich parteiisch in ihren
Streit mengte, und es besser war, unbeteiligt zu bleiben. Vielleicht,
15daß seine Animosität gegen Grabbe ihm den Blick getrübt
hat.

  Was Grabbe angeht, so erhebt sich zunächst die Frage, ob
er Anlaß hatte, sich durch Kestners Verhalten beleidigt zu
fühlen. Dabei ist zu scheiden zwischen der Annahme und Zurückhaltung
20des Kastens und der Nachricht, in der er Grabbe
„ruhiges Nachdenken“ empfahl usw. Aus dem im vorigen
Abschnitte Gesagten ergibt sich, daß an sich das Zurückhalten
des Kastens nur gesuchtermaßen als eine Beleidigung auszulegen
ist. Denn zu einer solchen gehört, wenigstens nach heutigen
25Anschauungen, wenn auch die Beleidigungsabsicht nicht
gefordert wird, so doch das Bewußtsein, daß die Handlung
beleidigend sei. Beleidigen wollen hat Kestner den Auditeur
durch das Zurückhalten des Kastens wohl sicherlich nicht.
Andererseits mußte er sich denken können, daß das Zurückhalten
30des Kastens nicht gerade ein Ausdruck des Vertrauens,
vielmehr des Mißtrauens war. Insofern konnte eine Beleidigung
wohl konstruiert werden. Wenn aber Kestner, wie schon
erwähnt, sich auch nur für berechtigt halten konnte, den Kasten
für die Frau Grabbes gegen diesen zu sichern, so würde
35seine Bestrafung wegen Beleidigung ausgeschlossen gewesen
sein.

  Anders steht es mit dem Anspruche auf Schadenersatz aus
negotiorum gestio, verbetener Eigenmacht oder sonstigem
schuldhaftem Verhalten.

40  Was — um dies gleich an dieser Stelle zu erörtern —
Grabbes Ansprüche auf Schadenersatz anlangt, so ist schwer

[GAA, Bd. VI, S. 374]

 


zu sagen, ob sie wirklich völlig ernst genommen sein wollen.
Es gibt ja auch jetzt noch Anwälte und auch Laien, die
einmal ganz ernsthaft solche Forderungen aufstellen, andererseits
aber auch noch übertreiben, um dann sicherer wenig zu
5erhalten, aber mit sich handeln lassen. Grabbes ganze Widerklage
hinterläßt so sehr den Eindruck der gewollten Übertreibung,
ja an bestimmten Stellen, so z. B. S. sogar den der
bewußten Verhöhnung des Gegners, daß man jene Ernsthaftigkeit
der Ansprüche wohl nicht durchaus behaupten kann.

10  Die zweite Frage war die, ob Kestners Nachricht an Grabbe
Anlaß geben konnte, sich beleidigt zu fühlen. Sie wäre nur
dann zu bejahen, wenn — was wir nicht wissen können —
Kestner dabei Grabbe als unsicher und das Wohl der Frau
gefährdend hingestellt hätte.

15  Im ganzen hat natürlich Kestner recht, wenn er in
seiner Replik bemerkt: falls Grabbe in der Meinung gestanden
habe, daß ihm Unrecht geschehen sei, so hätte er als Jurist
wissen müssen, wo er sein Recht finden könne. In der Tat:
wenn Grabbe durch das Zurückhalten des Kastens seine Ehre
20für verletzt, sein Ansehen und einen Kredit für gefährdet
hielt, so konnte er Klage erheben, brauchte aber nicht Briefe
beleidigenden Inhalts zu schreiben.

  Hier ist vor allem diejenige Angelegenheit zu besprechen,
die den eigentlichen Grund von Kestners Klage bildete: das
25Berühren von Kestners Verhalten in der Sache Wist contra
Steffen. Schwerlich liegt hier ein Auftreten als Zeuge in
eigener Sache (testis in propria causa) vor. Nachdem ihm der
Kaufmann Wist die Geldrolle wieder abgenommen hatte, war
doch für den Forstsekretär die Angelegenheit erledigt und er
30an ihrem Ausgange nicht im mindesten mehr interessiert. Daß
jemand, der Klage und Eingaben entworfen hat, als Zeuge
auftritt, ist nach den heutigen Anschauungen unbedenklich.
Damals scheint es ein wenig anders gewesen zu sein. Dies
ergibt sich daraus, daß Kestner anfangs selbst Bedenken hatte
35und als Zeuge Wists erst dann aussagte, nachdem der Rat
eines anderen Juristen seine Bedenken zerstreut hatte.

  Bei dieser Sache wäre eigentlich noch festzustellen, ob die
zwei 'non's' Grabbes richtig sind oder Kestners gegenteilige
Behauptungen. Dazu aber fehlt es an dem erforderlichen Material.
40Unabhängig davon steht es fest, daß Grabbes Handlungsweise,
jenes Verhalten Kestners in die neuere Sache hineinzuziehn,

[GAA, Bd. VI, S. 375]

 


mit der sie nicht das mindeste zu tun hatte, nicht
anständig erscheint, und dies um so weniger, als sie ihm in
seiner Eigenschaft als Beamter bekannt geworden und in einem
Briefe erwähnt worden war, den er einem unbeteiligten Dritten
5diktiert hatte. Grabbes Verteidigung: der Feldwebel Scharf
sei ein ehrenwerter Mann, erscheint dagegen keineswegs stichhaltig.
Denn wenn einer ein noch so ehrenwerter Mann ist,
so hindert das nicht, daß man ihm gegenüber einen Dritten
beleidigen kann. Höchstens das weitere Bekanntwerden der
10Angelegenheit wird durch des Feldwebels Verschwiegenheit —
eines der Merkmale der Ehrenhaftigkeit — verhindert. Übrigens
hatte Grabbe umso weniger Veranlassung, diese Sache
seinem Gegner vorzuwerfen, als er (auf S. 6 der Vernehmlassung)
sein Verhalten mit Umständlichkeit und Ängstlichkeit
15erklären will. Im ganzen wird es zur Beantwortung der
Frage, ob Kestner sich durch die in Rede stehende Briefstelle
beleidigt fühlen konnte, sehr stark auf die Form ankommen,
in die Grabbe die Erwähnung der Wist-Steffenschen Sache
gebracht hatte. Wenn er dem Gegner dessen Verfahren in
20unnötig scharfer und vielleicht auch „hämischer“ Form vorgeworfen
hatte, so wäre sie zu bejahen.

  Wenn man es, da das „corpus delicti“ fehlt, dahingestellt
bleiben lassen muß, ob der dritte Brief Grabbes durch dieses
Hereinziehen des Verhaltens Kestners und etwaige sonstige
25„Grobheiten“ auf den Empfänger beleidigend wirken konnte,
so ist es ganz außer Frage, daß Grabbe in seiner Vernehmlassung
und Widerklage die etwaigen Injurien des Gegners in
reichlichem Maße erwidert. Dabei ist indeß immer zu beachten,
daß solche, im Prozeß vorgebrachte Dinge niemals tatsächlich
30als Injurien angesehen werden.

  So ist, wenn Grabbe von dem „angeblich“ verschlossenen
Kasten spricht, zu sagen, daß er zweifellos eine solche Wendung
als eine Beleidigung angesehen haben würde, wenn sie gegen
ihn selbst gebraucht worden wäre. Das gleiche gilt von seinem,
35in Punkt 2 der Widerklage ausgesprochenen Verlangen, die
Unversehrtheit des Kastens zu beschwören. Zu der, ja auch in
einer Randbemerkung der Klagschrift ausgesprochenen Annahme,
der verschlossen abgelieferte Kasten sei bei den Kestners
vielleicht geöffnet worden, hatte Grabbe zunächst doch gar
40keine Veranlassung.

[GAA, Bd. VI, S. 376]

 


  Weiterhin wirft Grabbe Kestner indirekt vor, daß er seine,
der Klagschrift als Anlage beigegebenen Briefe nicht getreu
abgeschrieben habe. Auch dieses würde er als eine Injurie
angesehen haben, wenn es ihm gesagt worden wäre.

5  Nicht anders verhält es sich mit seiner Wendung, daß jeder
Candidatus juris, der die Lippische Gütergemeinschaftsverordnung
nur flüchtig gelesen habe, einsehen werde, usw.

  Was endlich das von Grabbe angewandte Gleichnis zwischen
der beleidigenden Zurückhaltung des Kastens und dem Schlagen
10anlangt, so kann man wohl nicht anders sagen als daß
dieser Vergleich hinke. Denn das Geschlagenwerden erfordert
sofortige Abhilfe; mit ruhigem Nachdenken ist da nichts zu
machen. Anders bei dem Zurückhalten des Kastens. Dieses
war durch eine Einigung mit Louise Christiane, welche Kestner
15anempfiehlt, recht wohl aus der Welt zu schaffen.

  In der Rückschau auf die Art und Weise, mit der Grabbe
sich gegen die ihm nach seiner Überzeugung angetanen Kränkungen
zur Wehr setzte, wird man nicht finden, daß die
Rolle, die er in diesem Prozesse gespielt hat, die des Überlegenen
20gewesen sei. Man spürt die Wahrheit seines Wortes,
daß Mißtrauen ihn lähme. Etwa ein halbes Jahr später nannten
die Vorgesetzten ihn einen Mann, der, krank an Leib und
Seele, mit sich und der Welt zerfallen sei. Hier verraten sich
die ersten Anzeichen dieses Verfalls.

25  Ziegler, dem die zwischen den Parteien gewechselten Briefe
offenbar nicht bekannt waren und der von dem Prozesse
überhaupt nichts berichtet, spricht dagegen nun noch von einer
Duellforderung Grabbes, die Kestner abgelehnt habe. Im Briefe
Grabbes vom 4. Juli (die beiden vorhergehenden kommen
30schwerlich in betracht) kann eine solche Aufforderung kaum
enthalten gewesen sein, da Kestner sonst im Verlaufe des
Prozesses gewiß darauf Bezug genommen hätte. Aus diesem
Grunde ist es vielleicht plausibler, anzunehmen, daß sie erst
nach Abschluß des Prozesses, vielleicht weil Grabbe durch
35diesen nicht die erhoffte Genugtuung erhielt, erfolgt ist. Alles
das sind jedoch müßige Kombinationen, die allzu sehr der
sicheren Grundlage entbehren.

[GAA, Bd. VI, S. 377]

 


1.

Handschrift Klagschrift des Forstsekretärs Kestner
gegen den Auditeur Grabbe wegen Beleidigung.


pr.[aesentatum] den 7ten Jul. 1833.
              An
      Hochfürstliche Justitz Canzley,
            Klagschrift
5            von Seiten
    des ForstSecretairs Kestner, Klägers
              gegen
     den Auditeur Grabbe, Verklagten,

hat Anl. 1 bis 4. puncto injuriarum.

10  Handschrift Am 1ten d. M. hatte die Ehegattinn des Verklagten die
Meinige ersucht, einen angeblich der Ersteren gehörigen Kasten
mit Gelde in Verwahrung zu nehmen. Gerade in dem Augenblicke,
als ich von einem Spatziergange zu Hause kam, brachte
die Ehegattinn des Verklagten den fraglichen verschlossenen 1
15Kasten in mein Haus und um der mehreren Sicherheit wegen
auf meine Arbeitsstube 2. Am 2ten d. M. erhielt ich vom
Verklagten das Schreiben

Anl. 1, 3

worin derselbe die Herausgabe des Kastens an ihn, sowie die
20Beantwortung verschiedener Fragen begehrt 4. Ich antwortete
ihm, daß mir der Kasten allerdings 5, nicht aber andere Sachen
anvertraut seyn, daß ich mich aber nicht berechtigt halte, denselben
an jemand anders, als die Ehegattinn des Verklagten
herauszugeben 6.

25  Am anderen Morgen hatte ich Letztere bereits ersucht, mir
den Kasten qu.[aestionis] wieder abzunehmen, und war mir
dieses versprochen, als ich das Schreiben

[GAA, Bd. VI, S. 378]

 


Anlage 2

Handschrift erhielt 7. Die darin enthaltenen Gründe konnten meine Ansicht,
daß ich verpflichtet sey, den Kasten nur der Ehefrau des
Verklagten zurück zu geben, nicht ändern 8. Solches geschah
5denn auch noch am nämlichen Tage, wie ich durch die

Anlage 3

hiemit bescheinige. Verklagter wurde von der Zurückgabe des
Kastens an seine Ehegattin sogleich 9 benachrichtigt, mit dem
Bemerken, daß ich nun auch factisch ausser Stande sey, seinem
10Verlangen zu genügen, daß ich übrigens vermuthen müsse,
er werde bey ruhigem Nachdenken 10 wohl das beste Mittel,
den Kasten wieder ins Haus zu schaffen, finden, daß Nachgiebigkeit
gegen billige Forderungen auch dem Manne nicht
Schimpf, sondern Ehre bringe u.s.w.

15  Hierauf wurde mir denn das Schreiben vom 4ten d. M.
behändigt

Anlage 4

  Ausser verschiedenen Grobheiten 11, welche jedoch meiner
Ehre in den Augen keines vernünftigen Menschen, welcher beyde
20Theile kennt 12, auch nur im Mindesten schaden können Handschrift und
die ich daher nicht der Beachtung werth halte, erlaubt sich
Verklagter, ohne die geringste von mir gegebene Veranlassung,
mir in diesem Schreiben (gleich im Anfange) den Vorwurf
zu machen, daß ich in Sachen des Kaufmanns Wist und
25Lieutenant Steffen gegen den Rath Antze erst für Wist geschrieben
und nachher, ohne dem Gerichte Anzeige
davon zu machen, für ihn als Zeuge aufzutreten gewagt
habe.

  Meine Ehre erlaubt es nicht, daß ich mich bey diesem Vorwurf
30einer Unredlichkeit beruhige. Zu dem Ende erlaube ich
mir, das Factum der Wahrheit gemäß vorzutragen. Es handelte
sich nämlich um den Defect einer Geldtute im Betrage

[GAA, Bd. VI, S. 379]

 


von etwa 9 rthlrn. Diese Tute war vom Hrn. Rath Antze
gemacht (wenigstens hatte dieser eigenhändig die Summe darauf
bemerkt) und an den Lieutenant Steffen, von diesem an
den Kaufmann Wist und von Letzterem an mich ausgegeben.
5Von mir erhielt dieselbe der Kornhändler Austermann, öffnete
dieselbe und zählte den Inhalt nach, und zwar in Gegenwart 13
des Ueberbringers, wobey sich denn der Defect gefunden hat.
Handschrift Die mir zurückgebrachte 14 Tute mit dem darin gefundenen
Gelde gab ich an den Kaufmann Wist zurück und erhielt von
10diesem unweigerlich den darauf 15 bemerkten Betrag in anderem
Gelde. Der Lieutenant Steffen dagegen weigerte sich, die Tute
von Wist zurück zu nehmen und sah sich dieser daher genöthigt,
ihn deshalb beym MilitairGericht zu verklagen. Einzig
und allein aus dem Grunde, weil mir das Sachverhältniß am
15genauesten bekannt war, erfüllte ich den Wunsch des Kaufmanns
Wist, die Klage, sowie auch nachher noch ein Paar
andere Eingaben zu entwerfen, ohne daran zu denken, daß
der Kläger meines Zeugnisses bedürfen werde. Als dies dennoch 16
nöthig wurde, machte ich mir allerdings selbst ein Bedenken
20daraus, als Zeuge für den Kläger aufzutreten, habe
jedoch auf den Rath eines erfahrenen und redlichen Juristen,
es nicht für unerlaubt gehalten, meine Wissenschaft 17 von der
Sache zu bezeugen, dabey aber allerdings dem
Gerichte, — außer dem Verklagten war niemand gegenwärtig
25davon die Anzeige gemacht 18, daß ich
die Schriften des Kaufmanns Handschrift Wist concipirt habe. Verklagter
fand damals meine Bedenklichkeiten unerheblich 19 und hat
dies auch nachher noch gegen den Kaufmann Wist selbst geäußert.

[GAA, Bd. VI, S. 380]

 


Ich bemerke hiebey noch, daß ich zwar als Zeuge 20
für meine Versäumniß etwas liquidirte, dies aber so wenig
als Bezahlung meiner sonstigen Bemühung späterhin erhalten,
oder verlangt habe. Ich war durchaus nicht bey der Sache
5interessirt 21, und glaube deshalb durch meine Deposition in
keiner Hinsicht gefehlt zu haben. Seitdem ist wohl ein Jahr
verflossen und nun sucht der Verklagte hämischer 22 Weise
diesen unbedeutenden Vorfall wieder hervor, um mir daraus
mit Entstellung der Wahrheit einen meine Ehre kränkenden
10Vorwurf zu machen. Aus seiner Absicht, mich zu beleidigen,
macht Verklagter kein Hehl, wie aus dem Seite 1 unten in
der

Anl. 4

Gesagten hervorgeht. Diese Beleidigung ist um so größer, weil
15Verklagter den Brief qu. von einem Dritten, dem Feldwebel
Handschrift Scharf, hat schreiben lassen, solcher auch von ihm dem Secretair
Krohn mitgetheilt ist.

    Hochfürstliche Justitz Canzley bitte ich demnach gehor-
    samst: den Verklagten zum Widerruf, zur Abbitte und
20    Ehrenerklärung schuldig zu erkennen, auch denselben in
    die Kosten des Processes zu verurtheilen.
Worüber p.

Kestner.

[Auf der letzten freien Seite:] Handschrift Ins:[inuatum]

                        am 18n Jul 1833
25                            Reuter

Hrn. Auditeur Grabbe.

2.
Bescheid der Justizkanzlei.
Bescheid

Diese Klage, ohne die Anlagen, wird dem Verklagten abschriftlich
communicirt und, cum partium citatione, Termin
30zur Instruction der Sache auf den 29ten d. M. hierdurch
angesetzt.

  Decr. Detmold den 11ten Juli 1833.

Fürstl. Lipp. Justitz Canzley.

                                 Rosen.

[GAA, Bd. VI, S. 381]

 


3.

Protokoll über Grabbes Verteidigung und
Widerklage, Kestners Replik und Grabbes
Duplik. 23

                    Handschrift Actum Detmold den 29sten Jul. 1833

                  In Gegenwart des Herrn CanzleyRaths
                  Althof.
    in Sachen    
des ForstSecretairs Kestner,    
Klägers, . . . . . .    Erschien in Person und wolle
        contra              die Vernehmlassung des Verklagten
den Auditeur Grabbe, Verklagten,    erwarten.
                       Auditeur Grabbe erschien e-
      puncto injuriar.            benfalls und ließ sich auf die

eingereichte Klage des ForstSecretairs Kestner folgender gestalt
vernehmen:
  Meine Ehefrau, mit der ich in Gütergemeinschaft lebe, hat
neulich, wider mein Wissen und wider meinen Willen, einen
15angeblich verschlossenen Kasten mit mehr als 300 rthlrn.
Innhalt aus meinem Hause weggebracht. Diesen hat erst die
Frau des Klägers und dann der Kläger selbst in Verwahrung
genommen, und in zweyen, von mir geschehenen, Anfoderungen
de dat. den 2ten und 3ten d. M. ohnerachtet, wider
20Handschrift meinen, in eben so ehrenhaft als deutlich erklärten, rechtlich
begründeten Willen, zurückbehalten und ihn ex post ohne
mein Mitwissen mittelst eines Gesuchs an meine Frau, aus
seinem Hause, nach seinem Eingeständnisse, wieder fortgeschafft.

25   Nachdem er auf die oben erwähnten beyden Briefe nicht
das Benehmen annahm und die Folge leistete, welche ich, und
wohl jeder Jurist für gesetzlich halten müssen und befolgt
haben würde, schrieb ich ihm den Brief vom 4ten d. M.
  Ueber dessen Inhalt fühlt er sich beleidigt. Ich verneine
30aber, daß irgend eine Beleidigung darin enthalten ist und
behaupte, daß, selbst wenn jemand solche darin zu entdecken
wehnte, Handschrift diese durch den gerechten Eifer, den Kläger in mir
vorgerufen hat, gerechtfertigt wäre; so wie ich auch behaupte,
daß alle sonst darin enthaltenen facta auf Wahrheit beruhen,

[GAA, Bd. VI, S. 382]

 


um so mehr, als Kläger dieselben meistentheils in seiner Klagschrift
eingesteht.

  Kläger erhält weder Widerruf, Abbitte, EhrenErklärung,
noch KostenErsatz von mir.
5   In specie acceptire ich die confessa in der Klagschrift, insbesondere,
daß Klägers Ehefrau den angeblich verschlossenen
Kasten in Verwahrung genommen und er, Kläger, ihn nachher
doch mehrere Tage wider meinen Willen zurückgehalten
hat, nämlich, wie schon aus Anl. 1 und 2 der Klagschrift nach
10den Geständnissen des Gegners hervorgehen wird, wenigstens
vom 1sten bis zum 3ten d. M.
Handschrift 2)daß Kläger 2 Briefe, jetzt Anl. 1 u. 2 seiner Klagschrift,
von mir erhalten hat, worin er wiederholt rechtlich ersucht
ist, mir den Kasten zurückzugeben und er
153)solches doch nach Empfang des 2ten Briefs nicht gethan
hat, worüber ich sein Eingeständniß annehme; wobey ich
bemerke, daß ich die Anl. 1 u. 2 der Klagschrift, welche
die Copien oder Originalien der beyden Schreiben, worüber
der Gegner sich nicht näher ausdrückt, enthalten müssen,
20anzusehen wünsche, indem ich selbige sonst und wenn sie
nicht mit dem Originale mir zu harmoniren scheinen, in
meinen Concepten vorlegen und damit vergleichen lassen
werde.
4.)Acceptire ich ebenfalls utilissime, daß der Gegner, nachdem
25er meinen ersten Brief erhalten, statt diesen, wie er
mußte, Handschrift zu befolgen, selbst bey meiner Frau hinter meinem
Rücken und ohne mein Wissen nachgesucht hat, ihm den
Kasten qu. wieder abzunehmen. Dadurch ist er freilich,
wie er sagt, nachher „factisch“ vielleicht ausser Stande
30gewesen, meinem ihm längst geäußerten Verlangen zu
genügen. Jeder Candidatus juris, der unsere GütergemeinschaftsVerordnung
nur flüchtig gelesen hat, insbesondere
die Einleitung, die §. §. 1. 8 u. 9 etc. derselben kennt und
welche ich vor diesem hohen Gericht wohl nicht wörtlich
35anzuführen brauche, wird einsehen, daß Kläger weder die
Rechte in Erwägung gezogen hat, als daß er auch nicht
umsichtig und nicht gesetzlich handelte, indem er mit
meiner Umgehung offenbar nur des Kastens los zu werden
gesucht und meine Schreiben nicht Handschrift berücksichtigt hat.
405)Acceptire ich ebenfalls, daß der Gegner eingesteht, einstmals
in Sachen des Kaufmanns Wist und Pr. Lieutenant

[GAA, Bd. VI, S. 383]

 


Steffen contra Rath Antze erst für den Kaufmann Wist
die Klage, nachher auch ein paar andere Eingaben entworfen
zu haben, sich auch factisch daraus kein Bedenken
gemacht, als Zeuge für die Klägerische Seite aufzutreten,
5jedoch sich nicht selbst scheint befragt zu haben, was er
recht gut thun konnte, indem er denn doch schon lange
selbst ein erfahrner und wie ich in vollem Ernst glaube,
ein redlich meinender Jurist ist, sondern erst den „Rath
eines andern und erfahrnen Juristen“ eingezogen hat.
10Nur wird hierbey bemerkt, daß Kläger nicht früher, sondern
nachdem er beeydigt war und seine Aussage zu Protocoll
deponirt hatte, Handschrift schriftlich und mündlich angab, er
habe früher für den Kaufmann Wist gearbeitet. Dazu füge
ich, daß ich selbst den Gegner für einen sehr rechtschaffenen
15Mann halte, indeß daß es mir scheint, daß er sowohl
damals als jetzt zu umständlich und zu ängstlich gehandelt
habe.
  Auch war mir das Zurückhalten des Kastens und das
Wiederabgeben desselben, während welcher Zeit er mir
20ruhiges Nachdenken empfahl /: welches nach der Anomalie
so angenommen werden kann, als wenn man jemand recht
durchhaut und ihm während des Durchhauens empfiehlt,
so lange zu warten, bis er durchgehauen ist :/ an sich
so unangenehm und widerrechtlich, daß ich nicht „hämischer
25 Weise“ sondern um ihn durch ein anderes Beyspiel
auf sein mich Handschrift verletzendes und widergeseztliches Benehmen
aufmerksam zu machen, an die Sache gegen Antze erinnerte.
  Sodann verneine ich, ihn auf irgend eine Weise beleidigt
zu haben, indem meine Briefe vom 2. und 3. d. M., wie
30jeder Leser erkennen wird, wenigstens ganz ehrenhaft
waren, und nachdem diese Briefe vom Gegner in Sach
und That unbeachtet gelassen worden, der Brief vom 4ten
d. M. nebst dessen Nachschrift, zu dem ich mich nur nothgedrungen
entschloß, durchaus unvermeidlich war, Falls
35ich nicht Klägern gerichtlich belangen oder den unter dessen
Administration stehenden Kasten nebst dessen Inhalt
realiter unter Aufsicht der Behörden von ihm oder jedem
andern, der ihn unmittelbar oder mittelbar von dem Handschrift Klä-
ger weiter erhalten, ins Haus schaffen wollte.
40  Darin, daß der Feldwebel Scharf den Brief vom 4ten
d. M. schrieb, sehe ich keine Beleidigung, indem der Feldwebel

[GAA, Bd. VI, S. 384]

 


Scharf, so viel ich weiß, ein eben so ehrenwerther
Mann wie der Gegner und ich ist und ich überdem grade
durch das nicht zu entschuldigende Benehmen des Gegners
in solche gerechte Verdrießlichkeit gerieth, daß ich zu jener
5Zeit krank geworden war und weder in dieser noch in
andern Sachen selbst schreiben [konnte], sondern dictiren
mußte.
  Wie wenig der Gegner zu fürchten hat, daß mit dem
Kasten durch mich irgend etwas ihm entfernt schaden
10könnendes geschehen wäre, mag er daraus abnehmen, daß,
als /: freilich durch eine andere Vermittelung, als die
Seinige :/ der Kasten Handschrift neulich ohne Hülfe des Gerichts in
mein Haus zurückgeliefert wurde, ich ihm meiner Frau
zur Ablieferung an die Witwen-Casse hinsichtlich der unter
15andern darin befindlichen 300 rthlr. aber freilich auch keines
weiter darin befindlichen Groschens sofort überließ und
habe ich den Kasten bis jetzt nicht angefaßt, sondern es
verwahrt ihn meine Frau.
  Schließlich bemerke ich, daß ich durchaus nicht in meinem
20Schreiben vom 4. d. M. die in der Klagschrift speciell
angegebenen Injurien finden kann, wenn ich gesagt: „daß
das ganze Deutschland mich besser kennte und höher
schätzte, als Sie geschätzt werden“, so entstand diese
Aeußerung dadurch, daß Kläger, der mein Eigenthum
25zurückgehalten, mir ruhiges Nachdenken und anderes dergl.
empfahl, Handschrift und ist damit nicht gesagt, daß Kläger nicht
ebenso geistreich oder geistreicher als ich sey, sondern daß
Deutschland mich öffentlich besser kenne, wie ich ihm auch
das rechtlichen Falls beweisen kann. Auch hat er diesen
30Passus in seiner Klagschrift auf p. 3. unten, wo er von
beyden Theilen spricht und so ohngefähr glaubt, jeder
vernünftige Mensch müsse ihm Recht geben, genugsam
erwiedert, wobei ich bemerke, daß schon der Inhalt dieses
Passus mich verletzt.
35  Auch dem ConsistorialSecretair Krohn habe ich die Briefe
qu. nicht vorgelesen, um Gegner zu beleidigen, sondern
ich bat ihn, wider den Gegner den Proceß zu übernehmen,
welchen ich selbst nicht anfangen wolle; indem ich in
eigenen ProceßSachen nicht gern selbst arbeite, oder den
40Kasten mir zurückzuschaffen und Handschrift mußte er daher aus den
Briefen qu. instruirt werden.

[GAA, Bd. VI, S. 385]

 


  Ersteres that er nicht gern, weil der Gegner sein Procurator
und Bekannter ist, letzteres versuchte er, jedoch
vergebens.
  Auch die Originalien der mir zugeschickten Briefe des
5Gegners vom 2ten und 3ten Jul. d. J., welche meine
Angaben bestätigen, kann ich auf Erfodern diesem verehrlichen
Gerichte mittheilen.
  Nun stelle ich aber folgende Wiederklage an, die ich,
da ich schon längst entschlossen war, den Kläger gerichtlich
10zu belangen, deshalb um so mehr zu Protocoll gebe,
1.)der Kläger hat dadurch, daß er wissentlich [einen] aus
einem wohlhabenden Haushalt wider Wissen des Mannes
durch seine, Klägers Frau, angenommenen Kasten, dessen
Inhalt er angeblich nicht kennen wollte, von dem er aber
15wußte, daß er über 300 rthlr. Geld Handschrift enthielt, wieder angenommen,
bewahrt und zurückgehalten hat, äußerst gesetzwidrig,
um mich mild auszudrücken, gehandelt, und
verlange ich, da er, soviel ich weiß, noch nicht zum General
-Depositar des ganzen Landes oder zum SpecialDepositar
20für die aus einer Gemeinschaft weggebrachte Sachen
angesetzt ist, eine wegen dieses Verfahrens vom Gerichte
anzusetzende paßliche Strafe.
2)Verlange ich, daß er und seine Frau, die den angeblich
verschlossenen Geld Kasten verwahrt, zurückgehalten und
25wie sie sagen, abgeliefert haben und zwar, alles gegen
meinen dem Kläger bekannten Willen, vor Hochfürstl.
Justitz-Canzley eydlich erhärten, daß während der Zeit,
wo sie den Kasten in Händen gehabt, so wie auch während
der Zeit, Handschrift wo er durch ihre Schuld in anderen Händen als
30den meinigen gewesen, er durchaus so geblieben ist, wie
sie und die dritten Personen ihn empfangen haben, wobei
ich aber das Datum und das Wesen des Empfangs von
dem Tage an rechne, an welchem meine Frau den Kasten
weggebracht hat.
353)Hat der Kläger dadurch, daß er wider die Gütergemeinschafts
-Verordnung, das mir und meiner Frau gehörige,
aber auch unter meiner Administration stehende, Eigenthum
zurückbehielt, ein Vergehen begangen, welches ich mit keinem
andern als mit dem crimen vis vergleichen kann und
40bitte ich, ihn dieserhalb civiliter angemessen zu bestrafen,

[GAA, Bd. VI, S. 386]

 


oder sonst wegen dieses Punktes die Sache ans Criminal-Gericht
abzuliefern.
  Auch beziehe ich mich wegen dieses gegnerischen Verfahrens
unter andern Handschrift noch auf
5          1. 1. §. 1. D. de inj.
          1. 1. D. de neg. gest.
          1. 3. D. quod met. caus. pp.
4)Wieder verklage ich daher mit Recht den Gegner ferner
wegen Injurien, indem er dadurch, daß er sich in meine
10VermögensVerhältnisse zwischen mir und meiner Ehefrau
mischte, mich für einen so ehrlosen oder verächtlichen
Ehemann gehalten hat, der nicht einmal einen aus seinem
Hause verschleppten Kasten wieder fodern kann, mich
äußerst beleidigt hat.
15    Dieses ist unbedingt eine Injurie
        conf. z. B. Quistorp Grundsätze des peinl. Rechts
        4. Ausg. §. 13 [irrtümlich statt 305] Z. 8—1 dess.
und solche Wiederklage stelle ich um so mehr an, als in
einer kleinen Stadt wie Detmold, wo Jedermann, insbesondere
20auch der Handschrift Gegner, die Grundsätze der GütergemeinschaftsVerordnung
kennen muß, eben durch die Weigerung
des Gegners, den Kasten zurückzuliefern, die Sache Gegenstand
eines scandalösen Gesprächs geworden ist.
Wer kleine Städte kennt, wird dies zu beurtheilen wissen
25und mögte ich wagen, Jedem Mitgliede dieses Gerichts die
Frage vorzulegen: ob es in einem Fall, wie ihn der Gegner
bey mir bewirkt hat, nicht in einen gerechten Eifer gekommen
wäre?
5.)Für dieses allgemeine injuriöse Benehmen, in specie so weit
30es sich aus voriger nr. 4 ergiebt und dafür, daß Kläger
mich durch Zurückhaltung des Kastens in Miß-Kredit gebracht
hat, welcher immer, da mein und meiner Frau
Gesammt-Vermögen sich auf 12000 rthlr. beläuft, ebenso
hoch als dieses anzuschlagen ist, Handschrift fodere ich nun sowohl
35wegen meiner Ehre als meines Credits auf rechtlichem
Wege Genugthuung. Meine Ehre und mein Credit sind
mir unschätzbar und ich dürfte füglich das ganze Activ-Vermögen
und die Hälfte seines Gehalts, so lange er
und seine Erben existiren und so lange ich und meine
40Erben leben, nach den Gesetzen der actio aest.[imatoria]
für mich in Anspruch nehmen; jedoch verzichte ich hierauf

[GAA, Bd. VI, S. 387]

 


und verlange nur, da ich unmöglich diese Sache leicht
nehmen kann, oder leicht nehmen darf, den Kläger anzuhalten,
mir
  a) alle Kosten zu erstatten,
5  b) 300 Rthlr. /: über welche Summe noch hinaus in den
Kasten an Gelde befindlich gewesen ist :/ an irgend eine
Waisen- oder sonstige wohlthätige öffentliche Anstalt in
unserm Lande auszuzahlen.
    Zugleich überlasse ich
106)die mir in seiner Klagschrift vorgehaltenen, von mir begangen
Handschrift seyn sollenden Grobheiten und die mir ebenfalls
daselbst circa finem vorgehaltene „hämische Weise“ diesem
hohen Obergerichte zur Prüfung und Verfügung.
  Kläger repl. Er acceptire die in dem Vortrage des Verklagten
15enthaltenen confessa. Beziehe sich statt weiterer
Antwort auf das größtentheils nicht zur Sache gehörige
gegenseitige Vorbringen, auf den Inhalt der Klage und
wolle nur contrad.[icenti] contrad.[icens] bemerken, daß
die in Frage stehende Injurie auf keine Weise gerechtfertigt
20werden könne, zumal Verklagter, Falls er in der
Meinung gestanden, daß ihm unrecht geschehen, als Jurist
habe wissen müssen, wo er sein Recht finden könne.
  Er wiederhole lediglich den in seiner Klagschrift gestellten
Antrag.
25  Was die angestellten Wiederklagen betreffe, so müsse
Handschrift er sich vorbehalten, darauf schriftlich zu antworten, wozu
um eine OrdnungsFrist gebeten werde; ref. exp.
  Verklagter dupl.
  Daß Kläger confessa acceptire, begreife er nicht, indem
30weder gar keine da seyn, oder keine, die ihm nützen
könne.
  Daß er behaupte, es sey keine Injurie oder gesetzwidriges
Benehmen vorhanden, sey unbegreiflich, indem solche
gesetzwidrige Handlungen, es mögen Injurien, Mord, Raub,
35Gewaltthätigkeiten seyn, schon an sich strafbar wären und
nicht erst dadurch strafbar würden, daß man sie bey
Gericht denunciirte. In gegenwärtigen Falle habe aber
Kläger, wenn man auf diesen sonderbaren Einwurf Rücksicht
nehmen wollte, dadurch, daß er den Kasten schon
40binnen 3 Tagen wieder fortgeschafft habe /: vielleicht
eben aus einer Furcht vor einer Klage :/ Handschrift dem Verklagten

[GAA, Bd. VI, S. 388]

 


die Zeit genommen, ihn da, wo es jetzt geschieht und wo
es sich gebührte, zeitlich zu belangen.
  Dagegen-, daß Klägern die Wiederklage abschriftlich
mitgetheilt würde, hätte Verklagter nichts zu erinnern,
5jedoch wäre derselbe bereit gewesen, deshalb sofort auf
die Vernehmlassung des Klägers zu repliciren und bitte
er gehorsamst, daß die abschriftliche Mittheilung dieser
Wiederklage, indem Gegner sie in diesem angesetzten Termine
nicht beantwortet hat, durchaus auf seine Kosten
10geschehe.
  Der gleich zu Anfang des heutigen Termins von Gerichtswegen
gemachte Versuch einer gütlichen Beylegung der
Sache blieb ohne Erfolg.
                              a.[ctum] u.[t] s.[upra]
15                                 fidem
                                
4.
Gesuch des Forstsekretärs Kestner. 24
                                Handschrift     pr. den 12. Sept. 1833.
                                 An
ForstSecretair Kestner,              Hochfürstl. Justitz Canzley
Kläger    
        gegen    
den Auditeur Grabbe,    
Verkl.    
          p. injur.    

25                        Da ich auf die gegen mich an-
                      gestellte Reconvention in termino
                      den 29. Jul. c. wegen Kürze der Zeit
nicht antworten konnte, nachher aber durch eine Reise und
durch andere Geschäfte daran verhindert worden bin, so bitte
30ich gehorsamst:
      auf gedachtes Protocoll nicht schon aus morgen statt
      findender Session zu decretiren, sondern mir dasselbe
      zur Einsicht Handschrift br.[evi]) m.[anu] hochgeneigtest in orig.
      zu communiciren.
35                                 p.
      Kestner.

[GAA, Bd. VI, S. 389]

 


5.
Bescheid der Justizkanzlei.
Bescheid
Die gebetene Mittheilung der Acten an den Kläger, und zwar
auf 3 Tage, wird bewilligt.

  Decr. Detmold d. 12. Septbr. 1833.
5 Fürstl. Lipp. Justiz-Canzley.
6.
Entgegnung des Forstsekretärs Kestner
auf Grabbes Widerklage. 25
                                Handschrift pr. d. 17. Sept. 1833.
                              An
                Hochfürstl. Justitz Canzley,
                          Vernehmlassung
10                            von Seiten
            des ForstSecretairs Kestner, Klägers
            und Wiederverklagten
                              gegen
            den Auditeur Grabbe, Verklagten und
15            Wiederkläger,
                                 injur.
  Handschrift Es möchte fast überflüssig scheinen, auf die vom Herrn Gegner
gegen mich angestellte Wiederklage das Geringste zu erwidern,
denn von seinen 5 Anträgen ist der eine wirklich
so grundlos, ja man kann sagen absurd, wie der andere.
20   Die Ehegattinn des Verklagten ist nicht blos mir, sondern
dem ganzen hiesigen Publico als ein im höchsten Grade redliches
und achtungswerthes Frauenzimmer bekannt.
  Als dieselbe am 1. Jul. d. J., ohne mich vorher deshalb zu
befragen, einen verschlossenen Kasten mit Gelde mir zur Verwahrung
25anvertraute, mit der Eröffnung, daß sie zwar mit
ihrem Ehemann in Gütergemeinschaft lebe, derselbe ihr jedoch
die Verwaltung des von ihr inferirten Vermögens zu belassen
versprochen habe, daß das Geld ihr gehöre, daß dasselbe zum
Einsatz in eine Witwen-Casse bestimmt und bisher dazu aufbewahrt
30sey, der Verklagte jedoch nun gegen ihren Willen
in andere Art darüber disponiren wolle; so fehlte es mir durchaus

[GAA, Bd. VI, S. 390]

 


an allem Grunde, die Wahrheit dieser Handschrift Angaben zu bezweifeln
und würde ich mich gegen die Ehegattinn des Verklagten,
eine langjährige Freundinn der meinigen, äußerst
ungefällig bezeigt haben, wenn ich die Annahme des qu.
5Kastens hätte verweigern wollen.

  Ich stelle durchaus in Abrede, dadurch dem Verklagten
Unrecht gethan zu haben. Dies geschah auch so wenig durch
meine Weigerung, den qu. Kasten an den Verklagten herauszugeben,
als durch die WiederAblieferung jenes an die Ehegattinn
10des Verklagten. Ich habe ihm, dem Verklagten, dadurch
keinen Schaden zugefügt, weder an seinem Vermögen,
noch an seiner Ehre. Derselbe weiß dies auch recht wohl. Seine
ganze Intention ist einzig und allein die, durch seine höchst
lächerliche Widerklage die Aufmerksamkeit von der gegen
15ihn angestellten Klage abzuleiten.
  Was insbesondere das Verlangen des Verklagten betrifft,
daß nicht blos ich, sondern auch meine Frau beschwören Handschrift sollen,
daß aus dem Kasten nichts herausgekommen sey, so ist dies
um so mehr eine neue Beleidigung, weil, wie Anlage 3 der
20Klage beweist, und dem Verklagten auch bekannt ist, der
quaest. Kasten mir verschlossen übergeben und verschlossen
zurück geliefert ist. Meine Frau hat ihn keinen Augenblick
in Verwahrung gehabt.
  Die grundlosen Anträge der Widerklage glaube ich, ohne
25darüber weiter ein Wort zu verlieren, der Würdigung dieses
hohen Obergerichts ruhig anheimstellen zu können und bitte
gehorsamst:
                den Widerkläger, unter Verurtheilung in die
                verursachten Kosten, damit ab- und zur Ruhe
30                zu verweisen.Handschrift 
Worüber p.
Kestner.
7.
Bescheid der Justizkanzlei.
Bescheid
Handschrift Communicetur dem Wiederkläger ad replicandum in termino
35ordinis.
  Übrigens wird, und zwar vorerst auf gemeinschaftliche
Kosten, das Protocoll ]7[ act. beyden Theilen, der Nachtrag
des Wiederklägers dazu, ]8[ act., dem Wiederverklagten, sowie

[GAA, Bd. VI, S. 391]

 


dessen Eingabe nebst aufgeschriebenem Decrete, ]9[ act., dem
Wiederkläger abschriftlich zur Nachricht mitgetheilt.
  Decr. Detmold den 19ten Septbr 1833.
Fürstl. Lipp. Justitz-Canzley.
5                        Ballhorn Rosen.
[Auf der letzten freien Seite:] Handschrift Ins: am 30ten
                              Sept. 1833
                            Reuter
Hrn: Auditeur Grabbe.
8.
Anfrage Grabbes bei Syndikus
Runnenberg.
10G. P.
Wollen Sie wohl in dieser Sache mein Procurator seyn? Und
beim etwaigen Contumaciren Frist bitten? Gehorsamst
                                
IV.
Vollmacht für Dorothea Grabbe und
Wilhelmine Wallbaum
  Handschrift Sowohl bei meinem Leben als meinem Tod gebe ich aus
15guten Gründen hiermit meiner Mutter und ihrer Magd, nämlich
der Wilhelmine Walbaum von hier, die Erlaubniß mich
jederzeit zu besuchen, und verlange, daß ohne deren Wissen
nichts aus meinem Hause entfernt werden soll, sie auch dabei
sind, wenn meine Frau, die ich sonst sehr schätze, wie ich
20hiermit bezeuge, irgend eine Stube oder ein Möbel aufbrechen
läßt.
  Detmold den 10t Nov. 1833.
                                
                                
V.
Übersicht über die bereits im Druck er
schienenen, die in Arbeit befindlichen und
die geplanten Werke.
25[Düsseldorf,] 27. Juli 1835.
    Handschrift 1) Herzog Theodor von Gothland,    
      Tragödie. Frkf. a. M.                (Herm.)
    2) Nannette und Maria, Tragödie,          (ib.)


   1) Vgl. dazu die Stelle in Grabbes Brief an den Regierungsrat
von Meien vom G06S0036Z3910. Juli 1833: „Sodann bleibt es zwischen mir und
ihr auch in jeder Art beim Früheren, und sie mag, sofern sie dem
Gemeingut nicht schadet, verwalten wie sie will.“

   2) Vgl. G06S0389Z08Nr. 6.

   3) Evictio ist die rechtliche Entwehrung, wodurch man Jemand
aus dem Besitz setzt, sodann aber auch die Gewähr der Schadloshaltung
für den durch die Entwehrung um den Besitz Kommenden.

   4) Vgl. G06S0036Z34S. 36, Z. 34-35.

   5) Vgl. G06S0040Z07S. 40, Z. 5-6.

   6) Vgl. dazu auch die Ausführungen des Bearbeiters in Jg. 57 der
„Deutschen Literaturzeitung“, Heft 19, vom 10. Mai 1936, Sp. 800
bis 801.

   7) Vgl. Glaubw. S. 542, Anm. 12.

   1) Randbemerkung: „Beweisen Sie, u. ob er nicht geöffnet.“

   2) Randbemerkung: „Acceptire“; die Worte „auf meine Arbeitsstube
“ unterstrichen.

   3) Randbemerkung: „War ehrenhaft.“

   4) Randbemerkung: „Mit Recht.“

   5) Randbemerkung: „Acceptire dieses Geständniß.“

   6) Randbemerkung: „Hats vielleicht nicht begriffen, was Rechtens.


   7) Mit diesem Worte beginnt die dritte Seite, in deren oberer
rechter Ecke Grabbe mit Tinte bemerkt hat: „p. 3.“

   8) Randbemerkung: „Thut mir leid, da der Hr. FS. die Kosten
tragen wird. Acceptire auch dieses Geständniß“.

   9) Bemerkung zwischen den Zeilen: „(Nicht wahr. Ich fragte
erst.)“

   10) Randbemerkung: „Schlage mich und rathe mir ruhiges Nachdenken
an.“

   11) Randbemerkung „Injurien!! von Kestner.“

   12) Randbemerkung: „Dito Injurien von Kestner.“

   13) Die Worte „(aus-)gegeben [bis] Ge-(genwart)“ am Rande angestrichen;
daneben die Bemerkung: „Acceptirt.“

   14) Die Worte „(Ge-)genwart [bis] zurück-(gebrachte)“ am Rande
angestrichen; daneben die Bemerkung: „Acceptirt.“

   15) Die Worte „(zurück-)gebrachte [bis] darauf“ am Rande angestrichen;
daneben die Bemerkung: „dito.“

   16) Die Worte „die Klage [bis] entwerfen“ unterstrichen. Die
Worte „genauesten [bis] den-(noch)“ am Rande angestrichen; daneben
die Bemerkung: „Acceptirt!!!“

   17) Die Worte „den Kläger [bis] Wissen-(schaft)“ am Rande angestrichen;
daneben die Bemerkung: „Acceptirt, u. ein fremder
Jurist räth einem Juristen in solchen Sachen!“

   18) Randbemerkung: „non“.

   19) Randbemerkung zu der Zeile „(da-)mals [bis] unerheblich“:
„non.“

   20) Randbemerkung zu den Zeilen „Kaufmann Wist [bis] Zeu(ge)
“: „Test. in prop. causa.“

   21) Dies Wort unterstrichen; am Rande ein Fragezeichen.

   22) Dies Wort unterstrichen; dazu die Randbemerkung: „Injuria.“
   23) In der linken oberen Ecke mit Nr. 7 bezeichnet.
   24) In der linken oberen Ecke der ersten Seite mit Nr. 9 bezeichnet.

   25) In der linken oberen Ecke der ersten Seite mit Nr. 10 bezeichnet.

[GAA, Bd. VI, S. 392]

 



Anmerkungen

[GAA, Bd. VI, S. 394]

 


ABKÜRZUNGEN UND SIGLEN
I. GESAMT-AUSGABEN VON GRABBES WERKEN
WBI = Christ. Dietr. Grabbe's sämmtliche Werke u. handschriftlicher
Nachlaß. Erste kritische Gesammtausgabe. Hrsg. u. erl.
von Oskar Blumenthal. Bd 1—4. Detmold, Meyer 1874. Übergegangen
in den Verlag der G. Grote'schen Buchhandlung,
Berlin 1875.
WGr = Christian Dietrich Grabbe's sämtliche Werke. In vier
Bänden hrsg. mit textkritischen Anhängen u. der Biographie
des Dichters von Eduard Grisebach. Berlin, Behr 1902.
WN = Christian Dietrich Grabbes sämtliche Werke in sechs
Bänden. Vollständige Ausgabe mit den Briefen von u. an
Grabbe. Hrsg. u. mit Einleitungen u. Anmerkungen vers. von
Otto Nieten. Bd 1—6. Leipzig, Hesse [1908].
WFrZ = Grabbes Werke. Hrsg. von Albin Franz u. Paul Zaunert.
Kritisch durchges. u. erl. Ausgabe. Bd 1—3. Leipzig u. Wien,
Bibliographisches Institut (1910).
WW = Grabbes Werke in sechs Teilen. Hrsg. mit Einleitungen u.
Anmerkungen vers. von Spiridion Wukadinović. Berlin [usw.],
Bong (1912).
II. BÜCHER
ADB = Allgemeine Deutsche Biographie.
Dewall = Die lippischen Offiziere im Reichskontingent und im
Füsilier-Bataillon Lippe bis zu dessen Auflösung im Jahre 1867.
Von Generalmajor Hans von Dewall († 1923). In: Beiträge zur
Westfälischen Familienforschung. Bd 21. 1963. S. 38—81.
Duller = Grabbe's Leben von Eduard Duller. In: Die Hermannsschlacht.
Drama von Grabbe. Düsseldorf, Schreiner 1838.
S. 3—91.
Glaubw. = Die Glaubwürdigkeit der Zeugnisse für den Lebensgang
und Charakter Christian Dietrich Grabbes. Eine quellenkritische
Untersuchung. Von Alfred Bergmann. Berlin, Ebering 1933.
(Germanische Studien. H. 137.)
Goed. = Grundriß zur Geschichte der Deutschen Dichtung. Aus
den Quellen von Karl Goedeke.
Göttinger Matrikel = Die Matrikel der Georg-August-Universität
zu Göttingen 1734—1837. Im Auftrage der Universität hrsg.
von Götz von Selle. [Bd 1.] Text. Hildesheim & Leipzig, Lax
1937. (Veröffentlichung der Historischen Kommission für Hannover,
Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippi und Bremen.
IX.)
Ziegler = Grabbe's Leben und Charakter. Von Karl Ziegler. Hamburg,
Hoffmann & Campe 1855.

[GAA, Bd. VI, S. 395]

 


III. BEITRÄGE ZU ZEITSCHRIFTEN UND PERIODIKA.
Dortmunder „Mitteilungen“ = Eine Grabbe-Ausstellung. (Zusammengestellt
und kommentiert von Hedwig Gunnemann.) In:
Stadt- und Landesbibliothek Dortmund. Mitteilungen — Neue
Folge. Hrsg.: Hans M. Meyer. H. 2. Christian Dietrich Grabbe
11. 12. 1801 — 12. 9. 1836. 1961. S. 13—40.
Gegenw. = Bunte Mittheilungen aus Grabbes handschriftlichem
Nachlaß. Von Oskar Blumenthal. In: Die Gegenwart. Wochenschrift
für Literatur, Kunst u. öffentliches Leben. Hrsg. von
Paul Lindau. Bd 3. Berlin 1873. No 1. 4. Jan. S. 8—11. No 2.
11. Jan. S. 25—29. No 13. 29. März. S. 205—207. No 16.
19. April. S. 251—252.
Grabbe als Benutzer = Grabbe als Benutzer der Öffentlichen
Bibliothek in Detmold. Von Alfred Bergmann. In: Archiv
für Landes- u. Volkskunde von Niedersachsen. Bd 1944. H.
20. Ausgegeben April 1944. S. 62—118.
Hallgarten = Neues von Grabbe. Von Robert Hallgarten. In: Das
literarische Echo. Jg. 4. H. 5. Dez. 1901. Sp. 293—301.
Hillekamps = Neue Grabbebriefe. (Zum erstenmal veröffentlicht.)
Mitget. von Carlheinz Hillekamps. In: Der Friedenssaal. Osnabrück.
Jg. 2. H. 7. April 1928. S. 195—199.
PrJbb. = Grabbes Entlassung aus dem Amte. Die Zerstörung einer
Legende. Nach den bisher unbenutzten Auditeurs-Akten des
Lippischen Landes-Archivs in Detmold dargest. von Alfred Bergmann.
In: Preußische Jahrbücher. Bd 233. H. 3. Sept. 1933.
S. 244—263.
Rheinland = Aus Grabbe's Billets an die Mademoiselle Clostermeier
(seine spätere Gattin). Mittheilung von Frank von Steinach
[d. i. Ignaz Hub]. In: Das Rheinland wie es ernst und
heiter ist. Mainz. Jg. 5. Red. von Dr. Fr. Wiest. Nr 148. 12.
Dez. 1841. S. 590—591.
Rundschau = Briefe von Christian Grabbe. [Mitget. von Eduard
Grisebach.] In: Neue Deutsche Rundschau. (Freie Bühne.) Jg.
13. 3. u. 4. Quartal. 1902. S. 1033—1039.
Salon = Grabbe'sche Reliquien. [Mitget. von] Oscar Blumenthal.
In: Der Salon für Literatur, Kunst u. Gesellschaft. Hrsg. von
Julius Rodenberg. Bd 1. Leipzig 1874. S. 179—193.
TdrO = Grabbe. Erzählung, Charakteristik, Briefe. November
1834 bis Mai 1836. Bruchstück eines noch ungedruckten Werks:
„Dramaturgische Erinnerungen“ von Karl Immermann. In:
Taschenbuch dramatischer Originalien. Hrsg. von Dr. Franck
[d. i. Gustav Ritter von Frank]. Jg. 2. Leipzig, Brockhaus
1838. S. I-CXII.
Wagner = Aus Grabbes Düsseldorfer Tagen. Von Albert Malte
Wagner. In: Preußische Jahrbücher. Bd 174. Okt. bis Dez. 1918.
S. 214—221.
Willkomm = Silhouetten dramatischer Dichter. Von E.[rnst] Willkomm.
1. Grabbe. In: Jahrbücher für Drama, Dramaturgie und
Theater. Hrsg. von E. Willkomm u. A.[lexander] Fischer. Bd 1.
Leipzig, Wunder 1837. S. 67—76.

[GAA, Bd. VI, S. 396]

 


IV. AKTEN-FASZIKEL.
Aud.-Akt. = Acta die Anstellung eines Auditeurs betr. (Staatsarchiv
Detmold.)
Vol: I. 1791—1828. L 77 C I Fach 50. Nr. 1T [Nr 1—110.]
Vol: II. 1828—1842. L 77 C I Fach 50, Nr. 1TT [Nr 111—238.]
V. ÖFFENTLICHE INSTITUTE
DStBB = Deutsche Staatsbibliothek Berlin.
GrA = Grabbe-Archiv der Lippischen Landesbibliothek Detmold.
LBD = Landesbibliothek Detmold.
NFG [GSA] = Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der
klassischen Deutschen Literatur in Weimar (Goethe- und Schiller-Archiv).

StAD = Staatsarchiv Detmold.
StLBD = Stadt- und Landesbibliothek Dortmund.
HHI = Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf.
VI. EINZELNE WORTE UND WENDUNGEN
A = Abschrift.
aRl = am Rande links.
angestr. = angestrichen.
Br = Bruchstück.
D = Druck (Erstdruck). Kommen mehrere Drucke in Betracht, so
ist die Bezeichnung: D, D1 usw.
Drf = Druckfehler.
E = Eigentümer.
eingef. = eingefügt.
F = Fundort.
Faks. = Faksimile.
gestr. = gestrichen.
H = Handschrift.
IW = Konvolut der Briefe Grabbes an Immermann in dessen
Nachlaß. (NFG [GSA])
K = Kopie.
T = Teildruck.
üdZ = über der Zeile.
unterstr. = unterstrichen.
Z = Zitat.
Winkelklammern (<>) bedeuten, daß die eingeklammerte Stelle
sogleich wieder gestrichen worden ist.