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[GAA, Bd. I, S. 592]

 


Gedichte seien die Blumen seiner Jugend, „kunstlos erzogene Feld-
blumen; mehr nicht“. Er sei nun in ein „Arbeit- und Mühevolles
Leben und Treiben eingeführt; mit dem Blumenpark der Jugend“
würden ihm also wohl auch die „Hesperischen Gärten der Poesie in
Zukunft auf immer verschlossen“ und darum diese poetischen
Sünden seine letzten sein. (S. IX—XI.)
Verweis zum Text S.226, Z.10: Erzählungen von Krug von Nidda: Friedrich Albert
Franz Krug von Nidda wurde am 1. Mai 1776 auf dem väterlichen
Gute Gatterstädt bei Querfurt geboren und 1791 Standartenjunker
im sächsischen Chevauxleger-Regiment des Prinzen Waldemar. Wäh-
rend des russischen Feldzuges 1812 geriet er in Gefangenschaft, er
kehrte 1814 heim und wurde wegen geschwächter Gesundheit als
Hauptmann verabschiedet. Nun zog er sich nach Gatterstädt zurück,
wo er am 29. März 1843 gestorben ist.
Die Sammlung „Erzählungen und Romanzen“ erschien in zwei Bän-
den Leipzig 1821—22 bei Wilhelm Lauffer; der zweite Band, des
Dichters „ehrenwerthen Freunden Baron de la Motte Fouqué und
Friedrich Kind als Zeichen innigster Ergebenheit“ gewidmet, auch
unter dem Titel: Darstellungen. Sie enthält acht Erzählungen und
sechs Romanzen, die mit einander abwechseln. Von jenen sind vier
zum ersten Male gedruckt, die übrigen, ebenso wie sämtliche Roman-
zen, schon vorher in Zeitschriften oder Taschenbüchern veröffentlicht
worden.
Auch die acht Prosa-Stücke sind von sehr verschiedener Art. Neben
der Kriminal- und Räubergeschichte voller abenteuerlicher Begeben-
heiten mit Falschmünzerei und Entführung, Wahnsinn und Überfall
(„Stephan Waller, oder das Schicksal“) steht die Mährchen-Sage
(„Der goldne Schild“), neben der Novelle („Das Horoskop“) die
historische Legende mit „Zügen aus dem Leben Bruno des Märty-
rers“). „Wiedervergeltung“ ist eine „Erzählung aus der nächsten
Vorzeit“, und es sind darin offenbar, ebenso wie im „Horoskop“,
eigene Eindrücke und Beobachtungen aus der Militärzeit verwertet;
andere führen den Leser in die Vergangenheit unseres Volkes, in die
Zeit des Dreißigjährigen Krieges („Glück im Unglück“) oder des
dritten Kreuzzuges („Die Rothenburg, oder Fall durch Frevel“),
oder noch weiter zurück in die Zeiten, da man sich Gebirge und
Flüsse von albischen Wesen belebt dachte („Der goldne Schild“;
„Die Nacht im Riesengebirge“), und wie die Romanzen sich in den
Sagenkreisen Spaniens, Deutschlands und Skandinaviens bewegen, so
sind auch hier die Anregungen spürbar, welche der Dichter vom
deutschen Sagen- und Märchengute empfangen hat.
Seine Hinneigung zum Fatalitäts-Glauben kommt dem Geschmack
des Lesepublikums jener nachromantischen Zeit mit seiner Vorliebe
für die geheimnisvollen Zusammenhänge entgegen. Dem entsprechen
die gewählten Motive und Kunstmittel: die alte weissagende Zigeu-
nerin, deren Prophezeiungen buchstäblich eintreffen, oder die sym-
pathetische Kur eines weiblichen Schutzengels, der nach vollbrachter
Opfertat spurlos wieder verschwindet, Flüche von Vater, Mutter
oder einer Bettlerin, die in Erfüllung gehen, seltsame oder furcht-
bare Traumgesichte, unheilkündende Zeichen am Himmel, warnende
Ahnungen und andere Vorbedeutungen. Das Wilde und Abenteuer-