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[GAA, Bd. IV, S. 67]

 


weniges Unmaßgebliches darüber. Das Mitleid und die Hoffnung,
welche man für die Griechen fühlt und hegt, scheinen
mir nicht recht begründet. Nicht die unmittelbaren Nachkommen
der alten Griechen, nein, die Urenkel des verfaultesten,
5elendesten Reiches, welches Europa je sah, des griechischen
Kaiserthums, sind es, welche eben mit dem Gedanken
an dieses Kaiserthum sich erheben wollen. Mancher große
Laut der ältesten Vorfahren klingt freilich dazwischen. Nicht
ein Unglück, sondern eine gerechte Strafe, ja eine Nothwendigkeit
10war es, daß die Osmanen jenes Griechenreich zertrümmerten
und unterdrückten. Unterdrückung fruchtet bei gesunden
Völkern: wir Deutschen haben es erfahren, denn wir sind
aus Napoleons Zwangsherrschaft edler und klüger herausgegangen
als [S. 280b] wir hineinkamen. Aber bei den Griechen
15scheint nach Jahrhunderten noch immer nicht die wahre Tugend,
der wahre Gemeinsinn gereift zu seyn. So lange sie sich nicht
selbst befreien können, wie es die Schweizer, die Holländer
thaten, so lange sind sie der Freiheit nicht werth und erhalten
sie auch nicht. Und jede Nation kann sich befreien, wenn
20sie nur will; die Griechen haben aber zugleich bedeutende
Localvortheile des Bodens und der See. Alle Hülfe Fremder
nützt nicht, selbst Lord Cochrane wird bald fühlen, daß er
sich entfernen muß. Sonderbar ist es aber, wenn der Griechenfreund
sich über die Dazwischenkunft der großen Seemächte
25erfreut, — was wären Marathon, Thermopylä und Salamis,
wenn dabei die Scythen den Hellenen hätten fechten helfen?
— Daß von Deutschland aus, Griechenspenden versandt werden,
wage ich nicht zu tadeln. Aber wenn der türkische Kaiser
aus Ironie in seinem Reiche für die deutschen Straßenbettler
30sammeln ließe, so könnte ich ihm das gleichfalls nicht verargen.


  Nächstens werde ich, wenn es der Raum dieser Blätter
erlaubt, versuchen, etwas über Katholicismus, Missionen, Pietismus
bei Gelegenheit beizubringen. Diese Sachen verdienen
35mehr Beachtung als die Griecherei.

  Die Pichlersche Schauspiel-Gesellschaft soll seit einiger Zeit
wieder hier seyn; daß sie bis jetzt gespielt hätte, habe ich
nicht erfahren können, und behaupte nur, daß, wenn nicht
gespielt worden ist, gerade die Besseren der Gesellschaft eine
40ungeheure Langeweile gewiß empfunden haben. Ob die Detmolder
die vorzüglicheren Mitglieder dieser Gesellschaft mit