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[GAA, Bd. IV, S. 194]

 


  Heinrich IV, in dem sich Ernst und Weltlust, tiefe politische
Berechnung und leichtfertige Ritterlichkeit verschmolzen, konnte
mit mehr specieller Wahrheit und mit mehr Wirkung geschildert
werden. Der französische Verf. hat auch mehrere
5Handschrift Ansätze nach diesem Ziel versucht, dabei bleibt's aber auch,
und für eine Theaterstunde reicht seine etwas dürre Characteristik
des Helden immer noch hin, zumal da er ihm denn
doch keine fremdartige Lappen angeflickt hat. — Die Aufführung
war durch und durch trefflich. Hr. Henckel (Heinrich)
10war in Gesicht, Haltung und Costume ganz das Portrait
des Henry quatre. Nie verlor er bei dem Familienvater den
König, nie beim König den Vater aus den Augen. Selbst die
Scene, wo er, sein Kind auf dem Rücken, auf der Erde hinrutscht,
fiel gar nicht in's Niedrige, erweckte nur heitere
15Freude und Beifall. Handschrift Wenn die Mad. Schenk stets so
frischweg und frei von Schnörkelei, wie gestern, ihre Rollen
gibt, so möchte sie bald im Fach des Naiven nur wenige
Nebenbuhlerinnen finden. Es ist in Deutschland großentheils
mit alten manierirten Wetterhexen besetzt, die, weil sie in
20ihren Jugendtagen vielbelobt wurden, mit Gewalt nicht alt
werden und ihre Rollen festhalten, wenn sie auch keine Zähne
mehr haben. Ihr Publicum duldet, beklatscht sie gar. Sie
meinen, das bewiese, sie wären noch wie ehedem. Bewahre
Gott! Handschrift es beweis't grade ihre Antiquität, indem man sich durch
25Verjährung an sie gewöhnt hat. — Gaston und Henriette
(Dem. Lauber III und Friederike Richter),
die beiden andren Kinder des Königs, waren liebenswürdig.
Man merkte ihren kleinen Darstellerinnen nicht an, daß ihnen
die Rollen eingeprägt worden, wie das doch wahrscheinlich
30ist. Sie blieben auch auf der Bühne unbefangene Kinder.

  2.) Zum Erstenmale: Der Doktor und der Apotheker,
oder: Homöopath und Allopath. Possenspiel
in 4 Aufzügen von Raupach.

  Handschrift Herrn Töpfer that ich Unrecht, als ich in meiner Recens.
35seiner Einfalt behauptete, er könne noch trivialer schreiben als
Hr. Raupach. Seit dem heutigen Abend hab' ich mich überzeugt,
daß dieß unmöglich und Raupach auch hierin Meister
ist. Schade, daß dieser Mann kein Handwerk erlernt hat,
z. B. das, wobei man alles über Einen Leisten schlägt, schade,
40daß er seinen Beruf verkennt und Kunst mit Handschrift Handwerk verwechselt,
traurig, daß er nicht einzusehen scheint, daß bei dem