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[GAA, Bd. IV, S. 451]

 


dem seinen bisherigen Werken wohlgesinnten Wolfgang Menzel an,
der dasLiteraturblattzum CottaischenMorgenblatteredigierte.
Auch der scheint, aus naheliegenden Gründen, abgelehnt zu haben.
Schon zu jener Zeit hatte Grabbe gespürt, daß in der breitgeratenen
Abhandlungmanches zu spät, manches unzeitigsein möge. Ein
Beitrag zu den geistigen Kämpfen seiner Gegenwart hatte sie sein
sollen; mit jedem Tage mehr, den sie der Öffentlichkeit unbekannt
blieb, mußte sie an Aktualität einbüßen. Ob Grabbe damals noch
andere Versuche unternahm, die Arbeit unterzubringen, und auch
sie fehlschlugen, wissen wir nicht. Dies nur wird sicher sein,
daß sie ungedruckt blieb.
  Grabbe brachte das Manuskript mit nach Düsseldorf, bot es
Schreiner an, den Immermann als Verleger gewonnen hatte, und
so kam ein verspäteter, wenn auch nur fragmentarischer Abdruck
in Nr. 50 des von Dr. Martin Runkel herausgegebenenHermann
vom 31. Juni 1835 zu Stande, was zuerst von Wukadinović festgestellt
worden ist. (Vgl. WW V 85—86.)
  Sei es nun, daß das Manuskript in den Händen des einen oder
anderen der Düsseldorfer Freunde und Bekannten zurückgeblieben
oder in die der Frau Auditeurin gelangt ist, auf jeden Fall ist
es später in den Handel und im Jahre 1893 in einem Autographen-Kataloge
der Firma J. A. Stargardt in Berlin wieder zum Vorschein
gekommen, wo es mit M 60,— angeboten wurde. Für
diesen Preis wurde es im selben Jahre von der damaligen Königlichen
Bibliothek in Berlin erworben und in den Katalog der
Deutschen Handschriften in Folio unter No. 1161 eingetragen. Seitdem
war, wie dieVossische Zeitungin ihrer Nr 194 vom
26. April 1910, Abend-Ausgabe, mitteilte, Berliner Literaturforschern
die Schrift und ihre Herkunft aufs Genaueste bekannt; sie sahen
nur deswegen von einer Veröffentlichung ab,weil sie es für durchaus
unangemessen fanden, den Grabbeschen Schmähungen auf
Goethe Publizität zu geben und damit zugleich das Andenken
Grabbes zu belasten“.
  Auch Eduard Grisebach hat bei der Arbeit an seiner Ausgabe
von Grabbes Werken Hilfe und Förderung von Seiten der Königlichen
Bibliothek in Berlin erfahren. Der Katalog der Deutschen
Handschriften, zu diesem Zwecke im Arbeitszimmer aufgestellt, hat
ihm, wie jedem anderen ernsthaften Benutzer, zur Verfügung gestanden.
Obendrein verbanden ihn mit dem damaligen Beamten
und nachmaligen Direktor der Handschriften-Abteilung, Professor
Dr. Ludwig Christian Stern, freundschaftliche Beziehungen. Umso
unbegreiflicher ist es, wie er die Handschrift der Abhandlung hat
übersehen können; in seiner Ausgabe (IV XXXIII) bemerkt er:
an wen sie seinerzeit verkauft worden sei, habe die Firma Stargardt
leider nicht mehr feststellen können. Erst kurz nachdem seine Ausgabe
fertiggestellt war, habe er die Rezension zu sehen bekommen,
hat er dem Dr. Robert Hallgarten in seinem vom 8. Januar 1903
datierten Briefe mitgeteilt. (SieheDas literarische Echo“, Jg. 12,
H. 21/22, 1. August 1910, Sp. 1532.) Er hatte, wie es dort weiterhin
heißt, die Absicht, sie für eine zweite Ausgabe zu benutzen; zu
dieser ist es jedoch nicht mehr gekommen.