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GAA, Bd. I, S. 62 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. I, S. 62]

 


Handschrift Gothland Den Herzog Theodor von Gothland willst
Du fesseln? Den Arm ausstreckend
            Feßle ihn!
Der Hauptmann weicht scheu aus. — Erik kommt wieder 5
Gothland Was spricht mein Vater?
Erik Wenn er das Richtschwert nähm, so würd es sein,
Handschrift Um Euch zu züchtgen, wie Ihr es verdientet!
Gothland Mein Vater ist der vorge Held nicht mehr,
Sonst hätt er also nicht gesprochen. —
10                    Geh,
Ruf meinen Sohn mir her!
Erik geht ab
Erstdruck Berdoa Was tut man nun?
Gothland ohne auf Berdoa zu achten 15
Handschrift Es ist
Der fürchterlichste Brudermord geschehn, —
Der König hat ihn wider sein Gewissen
Und wider das Gesetz verziehn, vor ihm
Und seinem Richterstuhl find ich kein Recht, —
20So appellier ich laut und feierlich
An euch, ihr ewigen Gesetze,
Auf die die Welt gegründet ist, die ihr
Mit Feuerzügen flammet, welche kein
Vorübersausendes Jahrtausend ausweht,
25Die selbst das Raubtier schaudernd ahnt,
Handschrift Wenn es im Blute seinen Hunger stillt, die ihr
Der unterdrückten Menschheit Zuflucht botet
Für und für! — Zeuge eurer Wahrheit ist
Die Himmelsscheibe, die euch widerspiegelt,
30Der Ozean ist euer Spiegel, in
Des Heklas Flammen leuchtet ihr, und wo
Ein Herz schlägt, zittert man vor euch!
Die menschlichen Geschlechter sterben; sie
Sind Flocken, ausgesäet in den Sturm;
35Spurlos, wie Schatten über eine Wand,
Handschrift Ziehn ihre Scharen über diese Erde;
Erstdruck Ihr aber werdet rastlos mit den neu
Entstehenden Geschlechtern neu geboren!
— Die Blutsfreundschaft ist irdisch und vergänglich,
40Drum greif ich kühn zu euch, Unsterbliche!
— Ich habe keinen irdschen König mehr; ihr