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[GAA, Bd. I, S. 77]

 


Von Friedrichs Hand das Beil geschwungen sei, —
Der Mohr, der kurz vor dir im Grabgewölb
Gewesen, hatte Manfreds Leichnam so
Abscheulich zugerichtet!
5Gothland ergreift sich an der Brust
              Bin ich Gothland oder bin ich
Handschrift Ein Brudermörder? Zu Rolf
          Ewger Lügner, wie prüf
Ich dich? — Ha, unterm Dolche redet man
10Die Wahrheit — Er setzt ihm den Dolch an die Kehle
        Dies ist deine letzte Stunde, —
Logst du in Northal oder lügst du jetzt?
Rolf Sei Gott mir gnädig, wie ich Wahrheit spreche!
Dein Bruder Friedrich, welchen du so rasch
15Erschlagen hast, war schuldlos; ich war dabei,
Als Manfred, von 'nem Schlagfluß schwer getroffen,
In seinen treuen Armen sanft verschied!
Handschrift Erstdruck Gothland verhüllt mit dem Mantel sein Haupt
O der Schande!
20Wo berge ich mein Antlitz? — Höchst gerecht
Glaubt ich zu handeln, und ermordete
Den frevelfreien Bruder!
                Fressen sollen
Des Himmels Vögel diese Augen, an
25Dem offnen Weg verfaule dieses Fleisch,
Am Rabensteine soll mein Blut verdampfen,
Und Pferde sollen dies Gehirn zerstampfen!
— Wohin ich blicke, — Brudermörder stierts
Mich an! —
30        — Ein irrgegangner, müder Handschrift Wandrer
Entschläft beim Strahl der Abendsonne sorglos
Am Fuße schneebedeckter Alpen; — es
Wird Mitternacht, — — da, auf einmal, erwacht
Er voll Entsetzen unter dem
35Gedonner niederstürzender Lauwinen, —
Der Boden bebt, die Felsen klingen, — und er
Erkennt das fürchterliche Lager, das
Er sich gebettet hat, und starret in
Die trostes-, sternen-leere Nacht hinaus, und
40Handschrift Die steilen Bergeswände schleudern un-
Ablässig auf ihn das Verderben!