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[GAA, Bd. II, S. 290]

 


Der Rüpel für sich Ja, weil der Dummen immer die Mehrsten
sind!
Thisbe halblaut Der Schloßvogt ist ein fataler, sehr häßlicher
Mensch! Was für eine widerliche Stimme, und welch ein
5 steifer Rücken! — Wie schön und hell spricht dagegen der
König, mit welchem leichtem Anstande hält er sich stets
in höflicher Verbeugung!
Der Rüpel laut Träne der Begeisterung! Clorinde, Handschrift Thisbe,
wie albern! Begeisterung macht ja lustig und nicht weiner-
10 lich!
Olympia für sich
Mit welcher Stimme, ernst, doch herzbewegend
Spricht jener Mann — Nicht ganz versteh ich ihn —
Doch fühl ich, er hat recht — Und sollten Lippen,
15Von denen Töne quellen, wie der Duft
Von Rosen, trügen können? Ach, den König
Dacht ich so herrlich, — dieser Untertan
Ist herrlicher!
Der Rüpel zu Olympia 20
Sie meine fremde Dame, schweigen? Ich fürchte, Sie sind
eine böse Kritikerin, denn Sie sind sehr zurückhaltend. Gute
Kritik ist verschämt, weil sie weiß, wie wenig sie taugt. —
Was sagen denn Sie zum heutigen Schauspiel?
Olympia König, ich habe nur
25Handschrift Ein schwaches Urteil. Ich war recht zerstreut,
Und wenig zog daher Gesang und Spiel mich an.
Der König für sich Was hör ich? Hier ist Eine,
Die Wahrheit redet? Und wie brennt ihr Antlitz
In schöner Glut dabei empor! — War die
30Zerstreut, so taugt das Stück gewiß nicht. —
— Als ich vorhin das Mädchen sah, fühlt ich
Mich gar nicht von ihm angezogen — Ist
Es hübsch auch, viele sind doch schöner—
— Doch jetzt, je mehr ich es betrachte, welch
35Ein rätselhaftes Wesen — Welcher Ernst
Und Grazie in dem Aug, in der
Gestalt, — die andren Damen blenden, bald
Schaut man sich satt, — allein bei der taucht Reiz
An Reiz hervor, wie Sterne aus der Dämmerung!
40Olympia für sich
Was will der Schloßvogt? Stets blickt er mich an!