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Nr. 23, siehe GAA, Bd. V, S. 15nothumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Meyersche Hofbuchhandlung (Lemgo)
Brief

An die Wohllöbl. Meyersche Hofbuchhandlung
zu Lemgo.

30  Die Wohllöbliche Hofbuchhandlung ersuche ich gehorsamst,
mir baldmöglichst zu übersenden: den sechsten Band von den
dramatic works of Shakespear, published by Charles Wagner,
Brunswick.

[GAA, Bd. V, S. 16]

 


  Unser Lehrer der englischen Sprache versicherte uns, daß dieser
Band einzeln zu bekommen sey, weil die Wagnersche Edition
eine Schulausgabe wäre. Da wir nun aus Mangel an Exemplaren
in den englischen Privatstunden nicht eher die Lesung
5des Shakespeare beginnen können, als bis ich diesen sechsten
Band erhalten habe, so muß angelegentlichst um Eile bitten
                 gehorsamst
  Detm. 4. Mai 1818.    Ch. D. Grabbe.

 


23.

H: Nicht bekannt.
D: Hermann Bartmann: Grabbes Verhältnis zu Shakespeare. Münster
1898: Bredt. (Münster i. W., Phil. Diss.) S. 14, Anm. 3.
  D gibt den Brief in moderner Orthographie wieder. In dieser
Ausgabe ist die ältere Rechtschreibung in allen zweifelsfreien Fällen
sowie die bei Grabbe übliche Schreibung des Monatsnamens wiederhergestellt
worden. Dabei ergeben sich folgende Varianten:

S. 16, Z. 2: sey] sei D
S. 16, Z. 8: Ch. D. Grabbe] gesperrt D
S. 16, Z. 8: Mai] V. D

S. 15, Z. 31 f.: den sechsten Band von den dramatic works of
Shakespeare [usw.]: Es handelt sich um die folgende Ausgabe: The
dramatic works of William Shakspeare in eight volumes. With an
account of the life of the author written by Mr. [Nicholas] Rowe.
Published by Charles Wagner. A. M. Professor of the Carolinum
at Brunswick. Vol. 1—8. Brunswick, 1801. (Königslutter, printed
by Charles William Hahn.) — Es sollte sich um eine „möglichst
wohlfeile Ausgabe der dramatischen Werke Shakespeare's“ handeln
(1,III). Sie liefert den Text Edmond Malone's, wie er in den Ausgaben
von 1786 und 1790 abgedruckt worden ist, jedoch mit der
Einschränkung, daß der Herausgeber dann von diesem Texte abgewichen
ist, wenn entweder Malone selbst nachher noch einer
Verbesserung beigetreten war oder wenn die einleuchtendsten Gründe
für eine andere Lesart sprachen (8,VI). Anfänglich war beabsichtigt,
den Text in sieben Bände zusammenzudrängen und im achten die
Anmerkungen samt den verschiedenen Lesarten zu bringen. Jedoch
haben nachher alle acht Bände dem Text gewidmet werden müssen.
Die Anmerkungen sollten nun gesondert erscheinen, und auch das
vom Rezensenten der „Allgemeinen Literaturzeitung“ gewünschte
vollständige Glossarium über Shakespeare wurde in Aussicht gestellt
(8,VII—VIII). Wie es scheint, sind diese Pläne nicht verwirklicht
worden.
  Der sechste Band, der, wie die übrigen, getrennte Paginierung hat,
enthält die folgenden Werke: 1. Julius Caesar; 2. Antony and
Cleopatra; 3. Timon of Athens; 4. Troilus and Cressida; 5. Titus
Andronicus.
  Dem zuletzt aufgeführten Werke gehen Anmerkungen Malones
und Samuel Johnsons voraus. Malone erklärt: daß „Titus Andronicus
“ nicht von Shakespeare sei, stehe außer Zweifel. Wenn das Werk

[Bd. b5, S. 397]

 


in diese Ausgabe aufgenommen worden sei, so deswegen, damit
jeder Leser sich selbst ein Urteil über diese Frage bilden könne.
Johnson hält es für bemerkenswert, daß das Schauspiel in der Quarto
von 1611 gedruckt worden sei. Wahrscheinlich sei die erste Ausgabe
vom Autor selbst berichtigt worden, so daß hier nur wenig Raum
für Konjektur oder Verbesserung sei.
  Den zweiten, aus dem Besitze Grabbes stammenden Band der
Ausgabe bewahrt die StLBD. Die darin am Schlusse des fünften
Aktes von „Love's labour's lost“ fehlenden Textblätter sind von
Grabbes Hand ersetzt. Vgl. Dortmunder „Mitteilungen“ S. 29,
unter Nr 33.