Das Christian-Dietrich-Grabbe-Portal
 
Nr. 233, siehe GAA, Bd. V, S. 278thumbnail
Louise Christiane Clostermeier (Detmold) an Christian Dietrich Grabbe (Detmold)
Brief

10      Handschrift Hochgeschätztester Herr Auditeur!

  Göthe schmückte zu Weimar vor einem Jahr den Sarg des
Pius Alex. Wolff's mit einer Blumenleier; wenn Sie sterben,
schmücke ich den Ihrigen mit einer ähnlichen, umwinde sie
aber noch mit einem weissen Atlasband, auf welches mit
15großen goldnen Buchstaben Horazens Worte geschrieben: Non
omnis moriar!

  Die Hofnung, in nicht gewöhnlicher Umgebung mich einst
rühmen zu dürfen aus der eigenen Hand des Dichters der
Hohenstaufen sein Werk empfangen zu haben, beglückt mich
20jetzt schon, und nach diesem Geständniß wollen Sie die Größe
meiner Dankbarkeit schätzen.
   Hochachtungsvoll verharre ich
Detmold, den 13ten Jul.    
        1829.                            Ihre gehorsamste
   L C Clostermeier.

 


233.

H: Doppelbl. in 40; 1 S.
F: GrA
D: WGr IV XXXV—XXXVI.

S. 278, Z. 11 f.: Göthe schmückte zu Weimar vor einem Jahr
[usw.]: Am 31. August 1828, einem Sonntage, war Pius Alexander
Wolff beigesetzt worden. Die von Blumen umwundene Lyra, welche
Goethe von Dornburg aus seinem Schüler gesandt, hatte die Inschrift
getragen:
  „Mögt zur Gruft ihn senken,
  Doch nicht starb,
  Wer solch Angedenken
  Sich erwarb.
  Eckermanns Bericht über „Pius Alexander Wolff's letzte Lebenstage
und feierliche Bestattung“ war zuerst in den Nrn 183 u. 84 der
„Zeitung für die elegante Welt“ vom Jahre 1828 und nachher bei
Duncker & Humblot als Broschüre erschienen; aus einer dieser
Quellen konnte Louisens Kenntnis stammen. Vgl. Max Martersteig,
„Pius Alexander Wolff“, Leipzig, Fernau 1879, S. 177—78.
S. 278, Z. 15 f.: Non omnis moriar: Nicht ganz werde ich sterben
(Horaz, „Oden“ III,30,6).
S. 278, Z. 19: sein Werk: Die Tragödie „Kaiser Friedrich Barbarossa
“.

[Bd. b5, S. 593]