Nr. 687, siehe GAA, Bd. VI, S. 323 | 25. Februar 1836 | | Karl Leberecht Immermann (Düsseldorf) an Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) | Brief | | | | Vorangehend: | Nachfolgend: |
| Ich kann das Gefühl nicht mit mir umhertragen, im Eifer selbst für die gerechteste Sache zu weit gegangen zu sein. Deshalb treibt mich eine innere Nothwendigkeit meiner Natur, 25Ihnen zu erklären, daß ich allerdings heute zu harte Ausdrücke gegen Sie gebraucht habe. Dieserhalb fühle ich die Verpflichtung, Sie um Verzeihung zu bitten. Es reizte mich der völlige Mangel an Empfindung für den wahren Standpunkt der Sache, den ich bei Ihnen antraf und Ihre letzte 30seltsame geringschätzige Aeußerung. Was nun aber die Sache selbst betrifft, so muß ich mich eben so unumwunden gegen Sie erklären. Die Auswahl des Repertoirs ist, wie Sie wissen, mir untergeben und Angriffe auf dasselbe sind daher Anschuldigungen gegen mein Urtheil und meine Verwaltungsgrundsätze. 35Sie haben nun seit drei Monaten nicht aufgehört, die Stücke, welche ich geben lasse, zu schmähen, und Ihre Feder hat auch die gediegensten, tüchtigsten Werke nicht verschont. Sollte man nach Ihrer Kritik seine Ansicht bilden, so würde anzunehmen sein, daß die hiesige Bühne völlig kopflos [GAA, Bd. VI, S. 324] geleitet werde. Hatten Sie Zweifel gegen meine Wahlen, so hätte die Pflicht der Dankbarkeit, der Sie gegen mich eingedenk sein sollten, Sie veranlassen müssen, sich zuvor mit mir über den Gegenstand zu besprechen, oder Sie hätten sich 5wenigstens in Ihren öffentlichen Urtheilen mit Anstand, Mäßigung und Bescheidenheit ausdrücken sollen. Ihr Benehmen verstieß dagegen nach meinem Gefühle gegen die Wahrhaftigkeit eben so sehr, als gegen das, was unter den Menschen für durch Verhältnisse und Rücksichten geboten gilt. Unter diesen 10Umständen kann ich Sie nur ersuchen, Ihrem Entschlusse: „über mich und mein Wirken in Zukunft ganz zu schweigen,“ getreu zu bleiben, indem ich zugleich erkläre, daß, wenn dieses nicht geschieht, ich mit meinen Freunden auf Mittel sinnen werde, ein mühsames, ernstes, treugemeintes Streben vor Verkleinerung 15und Herabziehung zu schützen. 25. Februar 1836.Immermann. |
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687.
H: Nicht bekannt.
D: Rheinland, S. 90—91, als Nr. V
D1: In der zweiten, bei Nr 682 angegebenen Publikation Hubs im
„Korrespondenten von und für Deutschland“, S. 974—75.
D1 weicht an mehreren Stellen von D ab. Mit Ausnahme der Fälle,
in denen das Recht zweifelsfrei auf Seiten von D1 ist, ist dem Texte
von D der Vorzug gegeben worden.
S. 323, Z. 22: umhertragen] herumtragen D1
S. 323, Z. 24 f.: Natur, Ihnen zu erklären,] Natur, D Natur, Ihnen
zu erklären, D1
S. 323, Z. 25: harte] starke D1
S. 323, Z. 26: Dieserhalb] Dieser wegen D1
S. 323, Z. 29: antraf] antraf, D1
S. 323, Z. 30: seltsame] seltsam D1
S. 323, Z. 33: untergeben] untergeben, D1
S. 323, Z. 38: Ihrer Kritik] Ihren Kritiken D1
S. 324, Z. 2: der] deren D1
S. 324, Z. 4: besprechen,] besprechen; D1
S. 324, Z. 8: sehr,] sehr D1
S. 324, Z. 8: das] Das D1
[Bd. b6, S. 783]
S. 324, Z. 10: Entschlusse:] Entschlusse, D1
S. 324, Z. 11: „über] über D1
S. 324, Z. 11: schweigen,“] schweigen, D1
S. 324, Z. 12: dieses] Dieses D1
S. 324, Z. 14: vor] von D vor D1
S. 324, Z. 16: Februar Februar [Drf.] D Febr. D1