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Nr. 28, siehe GAA, Bd. V, S. 19nothumbnail
Fürstlich Lippisches Konsistorium (Detmold) an Fürstlich Lippische Regierung (Detmold)
Brief

                    V.P.M.

  Die Stipendien 11/m Virg et S. crucis, welche gewöhnlich
vereinigt vergeben werden, sind für die drei Jahre 1820.21.22.
disponibel. Es haben sich zwei Jünglinge durch ihre Väter
5um sie beworben, der Sohn des Hauptmanns Meister und der
Sohn des Zuchtmeisters Grabbe. Beide Jünglinge sind talentvoll
und beide sind mit Erfolg fleißig gewesen. Gegen ihr
Betragen läßt sich auch übrigens nichts erinnern. Es wird fast
unmöglich, einen von ihnen ausschließlich unt.[terthänigst] in
10Vorschlag zu bringen und Consistorium stellt es deswegen
Sereniss. Reg. Hochf. Durchl. Gnade anheim, wem von Beiden
mit bezug auf andere Verhältnisse das fragliche Beneficium
conferirt, oder ob vielleicht Beiden die Hälfte zugetheilt werden
soll, in welchem Falle Grabbe die Hebung übernehmen
15könnte.

Detm. d 1. Ap.v FunckWeerth

   1820.

[Randbemerkung der Fürstin Paulina:]

  Bey gleicher Qualification und beynahe gleichem Bedürfniß
20genehmige ich die Theilung der Stipendien und conferire die
eine Hälfte dem jüngeren Meister, die andre Grabben es
paslich findent, daß letzterer die Hebung übernehme.

Paulina

[Randbemerkung Weerths:]

25  Es wäre die gnädige Resolution Ser. Reg. H.D. so wohl
dem Hauptm. Meister als auch dem Zuchtmeister Grabbe
mitzutheilen, und Letzterem zugleich ein Verzeichniß dessen,
was jährlich zu erheben ist, mit der Anweisung sich jährlich
mit dem Erstern gehörig zu benehmen.
D. d 5t Ap.    W.
   1820.    

 


28.

H: Doppelbl. in 20; 1 Sp. Von der Hand des Generalsuperintendenten
Weerth, vom Kanzler von Funk gegengezeichnet.
F: In dem bei Nr 16 angegebenen Faszikel, Nr 58.


  Das Gesuch des Hauptmanns, in dem er sich um ein Stipendium
für seinen Sohn bewirbt, den er zum Studium der Theologie bestimmt
habe, ist aus Detmold vom 13. Okt. 1819 datiert. (Bl. 57
der Akten.) — Vom Zuchtmeister Grabbe liegt kein neues Gesuch
vor.

S. 19, Z. 5: der Sohn des Hauptmanns Meister: Der ältere M.,
Karl Ludewig Friedrich, war als Sohn des kurfürstlich hannoverschen
Amtmannes Joachim Caspar M. und dessen Ehefrau Lucia
Juliana, geb. Hagemann, am 10. Juni 1765 zu Kloster Mariensee,
Kreis Neustadt am Rübenberge, geboren. 1781 trat er als Kadett
in hannoversche Dienste und wurde unterm 15./16. Sept. 1785 Fähnrich
im kurfürstlich hannoverschen Infanterie-Regiment 14. Es war
eines der beiden Regimenter, die 1781 nach Ostindien eingeschifft
wurden, um daselbst in die Dienste der Ostindischen Kompagnie zu
treten. Bis 1791 hat M. an deren Kämpfen gegen die Franzosen,
später gegen den Bund indischer Fürsten teilgenommen; in der
zweiten Hälfte dieses Jahres kehrte er nach Deutschland zurück.
Infolge der Strapazen des Feldzuges mußte er seine Pensionierung
erbitten, die ihm unterm 13. Dez. 1791 gewährt wurde. Er lebte
nun einige Jahre auf dem Rittergute Evensen (Kreis Neustadt am
Rübenberge), das seinem Schwager, dem Fideikommißbesitzer und
späteren fürstlich lippischen Hauptmanne David Daniel Denicke,
gehörte, bis er am 17. Nov. 1794 als Premier-Lieutenant in das
Bataillon Lippe eintrat. Unterm 20. Mai 1807 avancierte er zum
Hauptmann und Kompagnie-Chef, nahm 1809 an dem Tiroler
Feldzuge teil und marschierte zu Beginn des folgenden Jahres mit
der neugebildeten Infanterie-Division, zu der auch das Bataillon
Lippe gehörte, nach Spanien, wo er am 14. Sept. 1810 bei La
Bisbal in englische Gefangenschaft geriet. Im Januar 1811 ausgewechselt,
begab er sich zunächst nach England und kehrte von dort
in die Heimat zurück. Am 15. Dez. 1811 traf er in Detmold ein.
Als dienstunbrauchbar erhielt er den Abschied, wurde aber 1813
als Kompagnie-Chef erneut eingestellt und konnte noch an den
Feldzügen der Jahre 1814/15 teilnehmen. 1815 wurde er zum
Garnison-Militär versetzt und unterm 5. Juli 1831 verabschiedet.
Am 9. April 1838 ist er zu Detmold an der Gicht gestorben.
Wenn Ziegler (S. 128) von einem invaliden Hauptmanne erzählt,
der einst in Ostindien unter den Engländern gegen Tippoo Saheb
gefochten und mit dem Grabbe in der Zeit seiner Beurlaubung im
Jahre 1834 des Nachmittags gewöhnlich in der Fensternische der
Ressource bei einem Glase Wein zusammengesessen habe, so ist
damit M. gemeint. (Vgl. Wilhelm Meister, „Beiträge zur Geschichte
der Familie Meister“, T. 5, Berlin W., Stargardt 1912.)

[Bd. b5, S. 400]

 


  M.s Sohn Karl Friedrich war am 7. April 1801 zu Detmold
geboren und auf dem dortigen Gymnasium der Klassenkamerad
Grabbes. Er studierte Theologie, wurde in Göttingen am 25. April
1820 immatrikuliert (vgl. Göttinger Matrikel S. 629, unter Nr
27879), hat sich aber im Lippischen nicht examinieren lassen. Er
ist in Alt-Wallmoden im Hannöverschen zuerst Kandidat, sodann
von 1826—1848 Pastor gewesen und am 6. Jan. dieses Jahres in
Alt-Wallmoden gestorben. (Siehe „Die Pastoren der Landeskirchen
Hannovers und Schaumburg-Lippes seit der Reformation“, hrsg.
von Philipp Meyer, Bd 1, Göttingen 1941, S. 23.)
S. 19, Z. 16: Weerth: Ferdinand W. (ursprünglich: aus'm Weerth)
(1774—1836), nach beendetem Studium in Göttingen Prediger in
Homburg bei Duisburg, im Jahre 1805 von der Fürstin Paulina
als Generalsuperintendent, Konsistorialrat und erster Prediger nach
Detmold berufen. Vgl. „Neuer Nekrolog der Deutschen“, Jg. 14,
1836, Th. 2 (Weimar 1838), S. 621—26, als Nr 201.