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[GAA, Bd. IV, S. 190]

 


  Dießmal waren alle Darsteller brav, exclusive des Herrn
Dölle, der noch immer den Amtmann närrischer gibt, als
Iffland ihn erdacht hat, wahrscheinlich, weil Letzterer nicht
Besseres aus einem Beamten schaffen konnte. — Der Oberförster,
5Herr Henckel, beweis't von Handschrift Tag zu Tag, daß
man ihn immer höher schätzen muß, je öfter man ihn spielen
sieht. Er war Vater, Dorfvorstand und Jäger, und hat diese
verschiedenartigen Rollen trefflicher als früher verschmolzen,
und keine Sylbe war unrecht. Das erfreut. Gerichtschreiber
10 und Wirthin zu Leuthal spielten auch
Handschrift gut, die übrigen Personen gleichfalls, und es thut mir leid,
daß ich bereits einmal über die Aufführung dieses Stücks recensirte,
weil man ein doppeltes Lob aus demselben Munde
verachten oder verdächtig machen würde, und ich leider zu
15stolz bin, meinen Namen unter fremder Chiffre zu verstecken.

Grabbe.Handschrift 
20.
Handschrift Stadt-Theater.

  Mittwoch, den 10. Febr.: König Johann. Historisches
20Schauspiel in 4 Aufzügen von Shakspeare.

  Cardinal Pandulpho störte durch seinen steifen Vortrag
die Zuhörer noch mehr als den König Johann. Er (Pandulpho)
hatte in der That eine trefflich fabricirte weiße Perücke auf
dem Kopf, aber darum braucht er nicht die Rolle (so erbärmlich
25sie auch von Handschrift dem Poeten ausgestattet ist) wie einen Perückenstock
zu behandeln, vielmehr hatte er da, wo es irgend
angeht, ihre aus hochtrabenden Phrasen bestehenden Albernheiten
zu mildern. — Dem. Hanff war für Prinz Heinrich,
den (nach Shakspeare) bereits vollmündigen
30Thronfolger zu jung. — König Johann und Arthur waren
brav, wie man es Handschrift bei dem Ehepaar Schenk gewohnt ist. —
Auch Herr Seeliger gab den Bastard weit besser als
früher. Ließe er nur das Schnalzen. Man thut am vornehmsten,
wenn man gar nicht auf's Vornehmthun achtet und nur die
35schicklichen Grenzen des Anstandes festhält. Hr. Seeliger
quält sich aber, mehr in seine Rollen zu legen als eben Handschrift nöthig.

 

 
 
Werktext:Anmerkungen: