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Nr. 61, siehe GAA, Bd. V, S. 69thumbnail
Adolph Henrich Grabbe (Detmold) an Christian Dietrich Grabbe (Leipzig)
Brief

15Handschrift Detmold d. 28tn März
                                
    Lieber Christian!

  Deinem Brief ohne Datum, aber den 24ten März zur Post,
haben wir den 28ten März zu unserer Freude daß Du gesund
20bist aus Leipzig erhalten. Wir sind es auch noch.

  Die Mutter hat in 14 Tagen nicht geschlafen, und wir haben
Dich seit der Zeit immer entgegen gesehen, aber vergebens.
Krone Meister p sind alle schon längst hier deswegen konnten
wir wol in Angst sein und Dein Schreiben blieb auch aus.
25Petri ist vorgesternabend spät auch angekommen, der hat uns
gestern Abend besucht und gesagt, daß Du in Leipzig wärst
und alle Dein Vorhaben erzählt. Warum hast Du den Brief
frei gemacht, glaubst Du wo daß unsere Vermögensumstände
auf einmal so erschöpft waren, daß wir kein Porto für Dich
30mehr bezahlen könnten? Die Mutter war betrübt darüber.

  Bei der Regie beim Theater weis ich nicht was das ist, und
wenn Du wieder schreibst, so schreib ganz umständlich davon.
Auch ob Du Deine Sachen noch in Berlin hast.

  Neues gibt es hier nichts, als der Hofmarschall von Blomberg
35erhält diesen Ostern seinem Abschied aber mit seinem
völligen Gehalt. Der Schloßhauptmann v. Hofmann tritt wieder
an dessen Stelle.

  Deine Mutter läßt mir keine Ruhe und ich habe noch
6 Pistolen anschaffen müssen, welche anbei erfolgen, sie

[GAA, Bd. V, S. 70]

 


glaubt, wenn Du auch gleich angestellt würdest, denn hättest
Du doch gleich noch nichts verdient. Aber schreib bald wieder
und wenn es auch mit umgehender Post ist, daß wir doch
immer wissen, wie es Dir geht. Wenn Du in Dresden bleiben
5solltest, so hast Du doch einen Landsmann da, nämlich den
Leibarzt des Königs: Althof. Wie lange bist Du von Berlin
weg? Wenn es Deine Umstände erlauben und Du das Glück
haben solltest angestellt zu werden; so besuche uns diesen
Sommer doch, wenn es auch nur einige Tage sind;

10  Unser Garten ist noch frei. Schreib bald bald wieder.
Handschrift Der Werkmeister Kruel wird auch nicht lange mehr leben,
er hat völlig die Schwindsucht, warum weißt Du wohl.

  Ich weis nichts neues mehr als leb wohl, wir sind vergnügt,
wenn wir nur wissen, daß es Dir gut geht. Leb wohl.

15  Deine Dich liebenden Eltern:

Grabbe.

  Detmold den 28ten März

            1823.

  Schreib bald, bald, bald. wieder und ob Du Deine Werke
20zum Druck befördert werden.

[Adresse:] Handschrift An Herrn Stud. jur. Chr. Grabbe Abzugeben
bei dem Herrn Stud. jura: Höpfner auf der Preußergasse
nro: 47 in Leipzig. Hierinn 6 Pistolen frey

 


61.

H: Doppelbl. in 20; 1S., Adresse auf S. 4.
F: GrA
T: Gegenw. S. 11.
T1: WBl IV 615—16.

S. 69, Z. 23: Krone: Wohl der im Briefe des Zuchtmeisters vom
18. Mai 1820 genannte Franz Krohn; siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 21,
Z. 26.
S. 69, Z. 23: Meister: Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 19, Z. 5.
S. 69, Z. 25: Petri: Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 22, Z. 20.
S. 69, Z. 34 f.: der Hofmarschall von Blomberg erhält diesen
Ostern seinen Abschied [usw.]: Unterm 18. Mai 1819 war dem
Hofmarschall Freiherrn Gottlieb Alexander Georg Emil von Bl. zu
Niedern-Talle, geb. 2. Juni 1744, die Direktion des Hofstaates übertragen
worden; in der Nr 14 der „Intelligenzblätter“ vom 5. April
1823 (S. 110) teilte er unterm 1. April seinen Freunden und Bekannten
mit, daß Serenissimus ihn auf sein Nachsuchen vom 31.
v. M. an in den Ruhestand versetzt habe. Dabei empfahl er sich
„für die wahrscheinlich noch kurze Dauer“ seines Lebens ihrem
gewogentlichen Andenken, hat dann aber doch noch mehr als elf
Jahre gelebt und ist erst (am 13. Dez. 1834) als Einundneunzigjähriger
gestorben, und am 16. auf seinem Gute Niederntalle beigesetzt
worden.
S. 69, Z. 36 f.: Der Schloßhauptmann v. Hofmann tritt wieder
an dessen Stelle: Die Ernennung des Schloßhauptmanns von Hoffmann
zum Hofmarschall hat erst unter dem 25. Juli 1826 stattgefunden.

S. 70, Z. 6: Althof: Ludwig Christoph A. (1758—1832), geb
zu Detmold als der erste Sohn (und das erste Kind) des Hofpredigers
Ernst August A. (1720—1794), praktizierte zu Göttingen,
daselbst seit 1794 außerordentlicher Professor, seit 1798 Arzt des
Kaiserl. Reichskammergerichtes zu Wetzlar, seit 1801 Kursächsischer
Hofrat und Leibarzt zu Dresden, seit 1814 Regierungs-Medizinalrat.
(Callisen, „Medicinisches Schriftsteller-Lexicon“ Bd 1, Copenhagen
1830, S. 122—23, unter Nr 277.)
S. 70, Z. 11: Der Werkmeister Kruel wird auch nicht lange mehr
leben [usw.]: Diese Voraussage ist eingetroffen, wie sich aus der
Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 31, Z. 31 ergibt.