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Nr. 137, siehe GAA, Bd. V, S. 187nothumbnail
Christian Gottlieb Clostermeier (Detmold) an Christian Dietrich Grabbe (Detmold)
Brief

[Entwurf]
   
   
Rörenprup
   
Anspr[uch] des Ob.[rist-]L[ieutenants]
    An     Böger

dHrn. Advocaten
   
  Ew. p remittire ich hiebei wieder
  Grabbe    den bei mir gestern zurückgelassenen,
   von mir, vor Jahren aus archivalischen
   Quellen geschöpften Aufsatz
   über den Meierhof zu Rörentrup
   
  Der Gegenstand desselben ist mir
   bei dem gänzlichen Verfall meines
   Gedächtnisses so ganz fremd geworden
   daß ich mich schlechterdings nicht
   zu erinnern vermag, auf welche Veranlassung

Erster Abschnitt
   und in welchem Jahr ich

  Ursprüngliche Bestandtheile
   diese Schrift verfertiget habe. Angenehm
u. verschiedene    würde es mir daher seyn, wenn
Gutsherren    Ew. Wohlgeb. gelegentlich mir Aufschluß
des Meierhofs Rö-
   geben könnten.

rentrup
   
  Ich habe jetzt gedachten Aufsatz

§ 1.—9
   mit neuer Aufmerksamkeit durchgelesen,

2t Ab.
   und kann in Wahrheit versichern,

  Neuere bei dem
   daß ich jetzt den Eifer bewundre

Hofe zu R. vorhandene
   mit welchem ich in jenem
Adquisita
   alles zusammengetragen und mit

§. 16.—18.
   pflichtmäßiger Unpartheilichkeit nach

3. Meierrecht und
   meiner geringen Einsicht erwogen habe,
    Erbfolge auf den    was das Archiv von dem Meierhof
    M zu R.    Rörentrup enthält. Es würde eine

§. 19.—21
   ganz vergebliche Mühe seyn demselben

III[I] Lehnsverhältnisse
   noch etwas beifügen zu wollen.
des Meierh. R.    
  Außer dem ist mir auch nicht bekannt
u. Bemerkungen
   geworden, ob und was für

darüber
   Veränderungen sich etwa seit der Verfassung

§. 22—27.
   jenes Aufsatzes in Ansehung
   des Meierhofes zu Rörentrup zugetragen
   haben.
   
  Ich sehe mich also ganz außer
   Stand in den jenen Hof betreffenden

[GAA, Bd. V, S. 188]

 

   Angelegenheiten einen Rath zu ertheilen,

[GAA, Bd. V, S. 188]

 

    es wäre dann der eines gütlichen
   Vergleiches, wenn eine Meinungsdifferenz
   über einen Punct statthaben

N. der Aufsatz von
   sollte.
Caasmanns Hand    
  Indem ich hiemit schließen will,
geschrieben ist 12    fällt mir noch ein, daß der Notarius
Bogen stark.
   Caasmann zu einer Besitzergreifung
   des Rörentrupischen Hofes beauftragt
   war.
   
  Detmold d. 7 Nov 1827.

 


137.

H: Doppelbl. in 20; 3¼ Sp.
F: Collectanea über Grabbe Junior. Item Schauspielhaus in Detmold.
[Nr] 5. (StAD, D 72. Clostermeier Nr 26.) Die in dem sehr
stark korrigierten Entwurfe hin und wieder fehlenden ö-Striche und
u-Bogen sind stillschweigend ergänzt worden.

S. 187, Z. 29: enthält.] enthält H

S. 188, Z. 6 f.: Notarius Caasmann: Der Kaiserliche Notarius
Kaspar Friedrich Caasmann (oder Kaasmann), gestorben am 27. Dez.
1833 im Alter von 73 Jahren acht Monaten zu Detmold.
  Clostermeier hat selbst in seinen „Collectanea“ (Nr 3) den Kommentar
zu diesem Briefe hinterlassen. Seine Aufzeichnungen lauten:
Geschrieben Ende Octob. 1 1827.
P. M.
  Der Eigenthümer der Hermannischen Buchhandlung zu Frkft am
Mayn ist gegenwärtig ein Leipziger von Geburt, Nahmens Kettenbeil 2
. Dieser schrieb im April d. J[.] unter der Addresse an Herrn

[Bd. b5, S. 536]

 


Grabbe einen Brief, der an den Zuchtmeister Grabbe abgegeben
wurde. Kettenbeil verlangte darinn Nachricht von seinem alten
Freund, Grabbe junior, da er in so langer Zeit nichts von demselben
habe erfahren können und wurde befriediget.
  Schon 1822 schrieb Grabbe Jun. 3 Comödien zu Berlin, welche
Tiek zu Dreßden recensiret hat.
  Diese 3 Comödien sind, wenn ich richtig verstanden habe, jetzt
samt ihren Recensionen richtig von Frankfurt in Detmold angekommen 3
und bereits nach Lemgo an die Meyerische Buchhandlung abgegangen
mit andren impressis.
  Siehe nro. 43 der Lippischen Intelligenzblätter v. 1827, worin sich
Seite 340 die Ankündigung des oben gedachten Werks mit unbändigem
Lobe befindet. 4.
Hierauf fand sich den 6t Nov. 1827, unter dem Vorwand eines
Auftrags vom Obr[ist-] L.[ieutenant] Böger wegen des Rörentruperhofes
Grabbe Junior selbst bei mir ein und überreichte mir den
ersten und zweiten Band seiner dramatischen Dichtungen.
  Und dieses war unstreitig die Hauptsache und Rörentrup das pro
forma, das mir aber ein förmliches Schreiben an Grabbe kostete.
Vide hier den Auszug aus dem Bemerker n. 13 zum 101t Blatt des
Gesellschafters über Lessing zur Beschämung des Grabbe wegen der
so viele Beweisen von Unsittlichkeiten die er in seinen dramatischen
Dichtungen gegeben hat u. die jedem gesitteten Menschen davon
zurück schrecken werden 5.


   1) Dieses Datum kann nur für den Anfang der Niederschrift
Geltung haben.


   2) [Am Rande:] Kettenbeil von einer reichen Leipziger Familie
hat 5 Jahr Jura studirt.


   3) Clostermeier hat nicht richtig verstanden. In Wirklichkeit enthalten
die zwei Bände der „Dramatischen Dichtungen“ vier Stücke,
und von Tieck keine Rezensionen darüber, sondern den Brief an
Grabbe mit dem Urteil über den „Gothland“.


   4) Sie stammt von Grabbe selbst; vgl. Verweis zum Kommentar S. 173, Z. 27—41. —
[Am Rande:]
27 October


  Nota diese Ankündigung hat sich seitdem in so vielen Buchhändler
Anzeigen gefunden u. um nur ein Beispiel anzuführen in
einem Verzeichniß der in der Mau[r]erischen Buchhandlung in Berlin
zu habenden Bücher nro 6 Michaelis Messe 1827


   5) In seinem Aufsatze „Erinnerung an Lessing und ihn betreffende
Sagen“ in Nr 87—89 des „Gesellschafters“ (vom 1. — 4. Juni 1827)
hatte Franz Horn behauptet, Lessing sei das Tabakrauchen so verhaßt
gewesen, daß er ihm nie die Ehre angetan habe, es so zu
benennen, sich dafür vielmehr „des bis zum Erschrecken widerlich
klingenden Ausdrucks: 'Schnurgeln'“ bedient habe. (S. 443.) In Nr
13 des „Bemerkers“ zum 101. Blatte des „Gesellschafters“ (vom
25. Juni 1827) protestiert gegen diese Behauptung Ernst Woldemar,
indem er zu erweisen versucht, „daß ein so unwürdiger Ausdruck in
dem Munde eines Lessing's mindestens nie habituell
werden konnte“, da dies mit seinem feinen ästhetischen Gefühl un-

[Bd. b5, S. 537]

 


vereinbar gewesen sei. (S. 507.) — Ein Auszug aus dem Woldemarschen
Artikel, von Louisens Hand, befindet sich, als Nr 4, bei den
„Collectanea“.