Das Christian-Dietrich-Grabbe-Portal
 
Nr. 167, siehe GAA, Bd. V, S. 224nothumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Friedrich Wilhelm Gubitz (Berlin)
Brief

      Ewr Wohlgeboren
würde ich schon längst geantwortet haben, wenn

nicht eine Commissions-Reise mich wochenlang von hier entfernt
gehalten. Für Ihren gütigen Brief, für die Aufnahme der
25Recension über meine Werke, für den schnellen Abdruck
meiner Theaterkritik, bin ich Ihnen mehr als dreifachen Dank
schuldig. Ich bitte, versichert zu seyn, daß ich ihn nach Kräften
stets abzutragen bemüht seyn werde.

  Meine Theilnahme an v. Holteis Jahrbuch d.[eutscher]
30B.[ühnenspiele] betreffend, ist mir die Einladung dazu gewiß
angenehm, und könnte ich wohl bald ein Lustspiel (zwei Comödien,
eine große, „Eulenspiegel“, eine kleinere, „Der
Prozeß“ schweben mir seit Jahren in dem Kopfe) liefern, —
doch überlasse ich es Ihrer Beurtheilung, ob nicht
35grade ich in Gefahr laufe, mich durch solche Almanacharbeiten
zu zersplittern oder doch in die leichtfertigste gelderwerbende
Manier zu gerathen. Ich bin hierin offen, — und nun gar die
Preiswerbung anlangend, ehre ich hoch den Zweck und
Nutzen dieses Instituts, — aber ich — ich glaube, ich zertrümmerte

[GAA, Bd. V, S. 225]

 


mich selbst, wenn ich mit dem Gedanken an Preisertheilung
arbeitete.

  Auf Mittensommer hoffe ich die Tragödie „Don Juan
und Faust“ in 5 Acten zu vollenden; sie ist der Schlußstein
5meines bisherigen Ideenkreises, und wird (Dank für Ihren
Rath!) gleich allen meinen künftigen Werken bühnenrecht.
Dann binde ich mich an die Geschichte, und zwar
an das Studium und die Begeisterung meines Lebens,
an den deutschen Dramen-Cyclus „Die Hohenstaufen.
10Wie ein mächtiges Alpengebirge steht dieses Werk im fernen
blauen Duft vor meinem Geiste, und zieht mich wunderbar
an mit seinen Felsenhöhen und seinen Schluchten. — Kann
ich mit all diesen Sachen der Vereinsbuchhandlung etwa
dienen, so erwarte ich gern ihre Anträge. An einem Verleger
15fehlt es mir just nicht, aber es würde mir Freude und
Ehre seyn, Ihnen auch hierin die Hochachtung zu beweisen,
mit der ich bin
                           Ewr Wohlgeboren
Detmold d. 7t März 1828.    
   ganz gehorsamster Grabbe.

[Adresse:] An den Herrn Professor Gubitz Wohlgeboren in
Berlin. Frei.

 


167.

H: Doppelbl. in 40; 3 S., Adresse auf S. 4.
  Auf S. 4: Abgangsstempel: DETTMOLD 12/3 Ankunftsstempel:
  N 17-3 2
F: Berlin, Carl Robert Lessings Bücher- und Handschriftensammlung.
(Infolge Kriegsauslagerung wahrscheinlich verloren.)
T: Gubitz,Erlebnisse“, a.a.O. S. 254.
T1: In dem bei Nr 140 angeführten Kataloge, S. 75, unter
Nr 1683.
D: Alfred Bergmann: Grabbe und Friedrich Wilhelm Gubitz. (In:
Berlinische Blätter für Geschichte u. Heimatkunde. Jg. 3. 1936.
H. 3. S. 50—54.) S. 52—53.

S. 224, Z. 32: eine] ein H

[Bd. b5, S. 557]

 



S. 224, Z. 22—24: wenn nicht eine Commissionsreise mich wochenlang
von hier entfernt gehalten: Diese Angabe wird durch die
Menge der den vorangegangenen Wochen angehörenden, in Detmold
entstandenen militärgerichtlichen Schriftstücke widerlegt.
S. 224, Z. 24: Ihren gütigen Brief: Dieser ist nicht bekannt.
S. 224, Z. 24 f.: für die Aufnahme der Recension über meine
Werke: In das 205te Blatt des „Gesellschafters“ vom 24. Dez. 1827,
S. 1023—28. Sie ist mit „Pr.“ unterzeichnet.
S. 224, Z. 25 f.: für den schnellen Abdruck meiner Theaterkritik:
In der Beilage zum 8ten Blatte des „Gesellschafters“ vom 14. Jan.
1828, S. 43—44. Siehe Verweis zum Kommentar Bd 4, S. 74—77.
S. 224, Z. 38: Preiswerbung: Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 219,
Z. 28 f.