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Nr. 170, siehe GAA, Bd. V, S. 228thumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Georg Ferdinand Kettembeil (Frankfurt a. M.)
Brief

Handschrift Freund,

  / anbei die Pustkuch'sche Geschichte. Daß er bei seinem
Pfaffenthum und seiner vielleichtigen Eitelkeit, mich, seinen
nebenbuhlenden Landsmann ziemlich anerkennt, ist gewiß viel.
10Nach Norden hin hat seine Wphlia Leser, und eben schreibt
er mir, er erbiete sich seine Recension auch in eine beliebige
Literaturzeitung zu senden, was ich denn angenommen und
ihm die Wahl überlassen habe.

  Dank für Deine prompten Übersendungen der Abschriften
15erschienener Recensionen. Ich bitte fahr' so fort, wenn auch
auf meine Porto-Kosten. Ich glaube daß wir in dem Zuge
sind. Der Merkur, — nun, das ist gut, er erkennt zum 1st
mal die Shkspmanie an, — und Hell! — es ist ein Lichtlein
aufgegangen oh! — Er ist bange, hat aber doch nicht dumm
20gehandelt, nämlich alles gelobt, nur das Lustspiel nicht, wie
für ihn billig. — In der Berliner Staatszeitung soll ich stehen,
— ist das wahr? Was macht die Iris? Sie wird hier auch
gelesen kommt aber sehr spät. Auch in der Bremer Zeitung
soll ich erwähnt seyn.

25  An den Hermes bei Brockhaus ist auch ein Exemplar zu
senden. Bei uns zu Lande, bin ich nunmehro zwar ein großes
Genie, aber die Bücher selbst, sind den Leuten bis auf wenige
Ausnahmen doch etwas zu theuer, und suchen sie auf Schleichwegen
zu lesen. (Doch der hohe Preis muß bleiben.) Mußt
30bedenken, wir sind keine Großstädter und Großländer, es
geht bei uns in kleinen Tritten, — doch, wie ich höre, in
Minden, Bremen soll ich bekannt seyn, wie ein bunter —
Überall hat man sich nach dem Fieberphantasten erkundigt.
Auch Hamburger Reisende kennen mir.

35  Don Juan und Faust? Die Scene des Stückes? Ich habe sie
Dir schon bezeichnet, — wo soll ich die beiden Personen
anders vereinigen als im welthistorischen Rom? Der Gouverneur
ist daselbst spanischer Gesandter.

  Die Recension des Berliner Conversationsblattes mußt Du

[GAA, Bd. V, S. 229]

 


mir mittheilen, quia es hier nicht gelesen wird. Also auch
Wilibald Alexis und Förster?

  Handschrift Handschrift Könntest Du mir noch 3 Exemplare senden, so wär es mir
lieb. Ich denke nämlich an einen Schlag am hiesigen Theater
5(nicht an den Schauspielern, sondern am Vorstande Seitens des
Fürsten) und könnte da mir Leute und Einfluß erwerben,
durch kleine Huldigungen.

  Wahrhaftig ich muß schließen, — Berichte und Berichte —
Satan, antworte mir bald, der ich bin
                             Dein
                                 Ich
Detmold den 16t März 1828.    d. h. Dein Grabbe.

   (Wahrhaftig meine poetische Ader braust wieder in Etwas,
ich schwebe schon wie ein Geier über der Peterskuppel
15und den Alpen.
                              Amen.)
(An Pustk. hab ich in meiner Unbeholfenheit ein paar
Worte abgeschnitten; Du erräthst sie leicht. Auch ein Brief
    von Wasserfall liegt bei.                Idem.)

 


170.

H: 2 Bl. in 40; 2 S.
  Auf S. 4 Vermerk des Empfängers: 1828 Grabbe in Detmold
den 16 Maerz
F: GrA
D: WBl IV 430—31, als Nr 15.

S. 229, Z. 19: Idem.)] Idem. H

S. 228, Z. 7: die Pustkuch'sche Geschichte: Die im Briefe vom
2. März (Nr 164) versprochenen Nrn der „Westphalia“, die Grabbe
aus Herford hatte kommen lassen. — Die Pustkuchen'sche Rezension
endet im siebenten Stücke vom 16. Februar.
S. 228, Z. 11 f.: er erbiete sich seine Recension auch in eine
beliebige Literaturzeitung zu senden: Ihr Wiederabdruck in einer
solchen ist nicht bekannt. Ein Gleiches gilt von den zwischen Pustkuchen
und Grabbe gewechselten Briefen.
S. 228, Z. 17: Der Merkur, — nun das ist gut: Der von Ferdinand
Philippi herausgegebene, in Dresden erscheinende „Merkur“
(„Mittheilungen aus Vorräthen der Heimath und der Fremde, für
Wissenschaft, Kunst und Leben“) hatte in den Nrn 19—24 vom
14.—25. Febr. 1828 (nach einem kurzen Urteil in einer Anmerkung
S. 75) einen Auszug aus der „Shakspearo-Manie“ gebracht. Die Anm.
ist wiederabgedr. in: „Grabbes Werke in der zeitgenössischen Kritik“,
hrsg. von Alfred Bergmann, Bd 1, Detmold 1958, S. 54.
S. 228, Z. 18: und Hell: Dessen Besprechung der „Dramatischen
Dichtungen“ ist in Nr 17 des „Wegweisers im Gebiete der Künste
und Wissenschaften“ vom 27. Februar 1828 (S. 66—67) erschienen.
  Wiederabgedr. in: „Grabbes Werke in der zeitgenössischen Kritik“,
hrsg. von Alfred Bergmann, Bd 1, Detmold 1958, S. 73—76.
S. 228, Z. 21: In der Berliner Staatszeitung soll ich stehen [usw.]:
Die „Allgemeine Preußische Staats-Zeitung“ ist vom 1. Oktober
1827 bis zum Ende März 1828 auf eine solche Erwähnung ergebnislos
durchgesehen worden. Das Journal bringt in jener Zeit hin
und wieder „Literarische Nachrichten“, die sich aber kaum mit dichterischen
Persönlichkeiten befassen, nie aber literarisch-belletristische
Notizen. Deshalb ist das Grabbe zu Ohren gekommene Gerücht
wahrscheinlich falsch.
S. 228, Z. 22: Was macht die Iris: Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 193,
Z. 29.
S. 228, Z. 23 f.: Auch in der Bremer Zeitung soll ich erwähnt
seyn: Dies ist nicht der Fall.
S. 228, Z. 25 f.: An den Hermes bei Brockhaus ist auch ein
Exemplar zu senden: In den Bänden 30—33 des „Hermes, oder
Kritischen Jahrbuchs der Literatur“ aus den Jahren 1828 u. 29 ist
keine Besprechung der „Dramatischen Dichtungen“ enthalten.
S. 228, Z. 39: Die Recension des Berliner Conversationsblattes:
Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 221, Z. 39, — S. 222, Z. 1.
S. 229, Z. 1: quia: weil.
S. 229, Z. 1 f.: Also auch Wilibald Alexis und Förster: Die beiden
Redakteure des „Berliner Conversationsblattes“.

[Bd. b5, S. 561]