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Nr. 224, siehe GAA, Bd. V, S. 266thumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Friedrich Althof (Detmold)
Brief


  Handschrift Anbei ein Bindfaden zur besseren Festknüpfung unserer
Freundschaft.

  Wenn Du heute Nachmittag 3—4 Uhr bei mir theest, und
mein[et]halb um 6 nach caupona nova gehst, so lade ich ein

20                      1) das ist die schwarze Seele,
                    2) das ist Scipio,
                    3) den Langen kennt man schon,
4) der Cadet kommt wohl auch.
          ect.
  Detm.                              Dein
20 Febr. 1829.    rath' einmal.

  [Adresse:] Handschrift An den Herrn Advocaten Althof allhier.

[GAA, Bd. V, S. 267]

 

 


224.

H: 1 Bl. in 20; 1 S., Adresse auf S. 2.
F: GrA
D: WN VI 101, als Nr 62.

S. 266, Z. 19: mein[et]halb] das Papier ist in der Mitte des
Wortes durchlöchert. Bei der Schmalheit der Lücke im Worte ist
auch meinthalb möglich

S. 266, Z. 18: theest: Nieten gibt von diesem Worte nur die
beiden letzten Buchstaben wieder, und auch Wukadinović (WW V
325,3) hat diese Lücke nicht ausgefüllt. Daß keiner der beiden
Herausgeber diese Stelle hat entziffern können, ist verwunderlich.
Denn einmal war die Lösung durch den von Grabbe fraglos beabsichtigten
Reim auf „gehst“ nahgelegt, zum andern aber auch durch
die Erinnerung an des Dichters „berühmte Rum- oder Gloria-Thees“,
von denen Ziegler (S. 73) berichtet.
S. 266, Z. 19: caupona nova: Die noch heute bestehende Gastwirtschaft
„Neuer Krug“ im Weichbilde Detmolds, auf dem Wege
nach Hiddesen. In jener Zeit war es ein altes, gewöhnliches Bauernhaus,
jedoch ohne Dreschtenne. Zur rechten und zur linken befand
sich je eine einfache Stube, in der Wirtschaft betrieben und ein
selbstgebrautes Bier ausgeschenkt wurde.
S. 266, Z. 22: den Langen: Wohl Carl Georg Henrich Ziegler.
Dieser wurde am 27. Sept. 1806 zu Horn als Sohn des Medizinalrats
und Physikus Ernst Z. und der Friederike Heistermann geboren,
besuchte das Lemgoer Gymnasium und studierte sodann die Rechtswissenschaft,
zwei und ein halbes Jahr in Jena, wo er am 19. Okt.
1824 immatrikuliert worden ist, das letzte Semester in München.
Da er die erste Prüfung am 14. Mai 1828 nicht bestand, mußte er

[Bd. b5, S. 582]

 


sie am 15. Okt. desselben Jahres wiederholen. Darauf wurde ihm
unterm 21. dieses Monats die Ausübung der Advokatur bewilligt.
Ein Jahrzehnt hindurch war nun Z. in Detmold als Anwalt tätig,
bis ihm unterm 8. Mai 1838 die interimistische Verwaltung des
herrschaftlichen Richteramts in der Residenz übertragen wurde. Am
1. März des folgenden Jahres verheiratete er sich zu Valdorf bei
Vlotho an der Weser mit Catharine Sophie Amalie Moeller, die
bis dahin etwa fünf Jahre bei der Frau Auditeurin Grabbe in Dienst
gestanden hatte, von deren Berichten er daher später bei der Abfassung
seiner Biographie Grabbes Nutzen ziehen konnte. Unterm
6. Juli 1842 wurde Z. unter die Zahl der Prokuratoren bei den
Fürstlichen Obergerichten aufgenommen; vom Oktober 1850 an hat
er das „Regierungs- und Anzeigeblatt“ redigiert. Am 22. März 1867
ist Z. in Detmold gestorben. Seine Darstellung von „Grabbe's Leben
und Charakter“ (Hamburg 1855) ist eines der wichtigsten Zeugnisse
der Mitlebenden; auch sonst ist Z. mannigfach als Schriftsteller
tätig gewesen.