Nr. 338, siehe GAA, Bd. V, S. 353 | 07. Oktober 1831 | | Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Moritz Leopold Petri (Detmold) | Brief | | | | Vorangehend: | Nachfolgend: |
| Lieber Petri, lies die wild hingeworfene Anlage. Gehe ich nächstens dahin, 5schicke ich sie erst als ultimatum zu Husem.[ann.] Der Kern der Sache ist darin. Laß dich nicht verwirren: 1) hat die Henriette ja gesagt, und ich ihr erlaubt, zurückzutreten, — sie that das, — 2) versöhnte Sie sich mit mir wieder, und versprach, mir treu zu 10bleiben und nun mich nicht wieder zu ruiniren. Darauf benahm Sie Sich nach einigen Wochen so furchtbar eines Abends, daß ich wüthend weggehen mußte, was ihr oder ihren Verwandten lieb gewesen seyn muß, indem alle schriftlichen Versuche, uns wieder zu vereinen fruchtlos blieben, sie am Ende davon lief. 15 Das Volk ist kaum werth, daß Du es besuchst, was aber meiner Liebe zu ihm wahrhaftig nicht schadet, eben so wenig wie die folgenden Notizen. Ich habe da den Narren gefressen. Besuchst Du es, so halte Dich stolz, aber als mein Freund. Gefühl haben sie nicht im Leibe. Husemann ist Apotheker 20und unrächbar ist die Familie. Denn schöß' ich heute einen tod, — zwei Tage nachher verkauften sie wieder Salz. Aber die Henriette war sicher anders. Die Husemann ist klug, die lange Schwester der Henriette gutmüthiger als die Anderen, die Schramm ein neidisches 25Schaaf. (Diese kenne ich weniger als die Uebrigen.) Kannst Du meine Aeußerlichkeiten entschuldigen, und den Husemann oder die Weiber dahin gewinnen, daß sie wieder glauben, die Sache ginge vielleicht doch gut, sie nicht mehr zwischen mich und die Henriette treten (wie sie vielleicht 30zuletzt gethan), uns nach Stolzenau reisen lassen, so führe ich das Mädchen in 8 Tagen als Braut und Frau heim. Reiste Husemann mit, desto besser. Es wäre ihm Ehre, uns einerlei wegen seiner Person, aber nützlich wegen der Sache. Besuchen über diese Sache kann ich Dich nicht, obwohl ich 35es versprochen. — Anlage remittire [Detmold, 7. Oktober 1831.] [GAA, Bd. V, S. 354] |
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338.
H: Doppelbl. in 20; 3 S.
F: GrA
D: WW VI 29, als Nr 120.
S. 353, Z. 23: Die Husemann: Dorothea Luise Meier hatte sich
am 25. April 1827 mit Anton Valentin Husemann verheiratet.
Dieser war 1792 zu Stolzenau an der Weser geboren, hatte in Rethen
an der Aller das Apothekerfach erlernt und war dann dreieinhalb
Jahre in Berne (Oldenburg) und zweieinhalb Jahre in der Aschoff'schen
Apotheke zu Herford als Gehilfe tätig. Von da ging er nach
Detmold, bestand das vorgeschriebene lippische Examen und wurde
1818 als Verwalter der Hofapotheke von der Regierung bestätigt.
Ostern 1827 legte er die Verwaltung nieder, übernahm das an der
Langen Straße gelegene Haus seines Schwiegervaters und begründete
ein Kolonialwaren-, Drogen- und Destillationsgeschäft. Vgl. Franz
Priester, „Die Hofapotheke in Detmold“ („Mitteilungen aus der
lippischen Geschichte und Landeskunde“, [Bd] 6, 1908, S. 98—138),
S. 130—32. Gestorben ist H. im Jahre 1860. (Vgl. „Chronik der
Georg-Augusts-Universität zu Göttingen für das Rechnungsjahr
1900“, Göttingen 1901, S. 7, in Jacobi's Nekrolog seines Sohnes, des
Göttinger Professors Theodor Gottfried Valentin H.) Dorothea Luise
ist am 3. Sept. 1837 in einem Alter von 42 Jahren zu Detmold im
Wochenbette gestorben. Siehe auch die folgende Anm.
S. 353, Z. 23: die lange Schwester der Henriette: Der Bürger
und Branntweinbrenner Henrich Wilhelm Meier in Detmold hatte
am 14. Nov. 1794 Dorothea Luise Schnitger aus Lemgo geheiratet.
Aus dieser Ehe sind folgende Mädchen hervorgegangen: 1. Dorothea
Luise, geb. am 8. Aug. 1797, 2. Sophie Friederike Charlotte, geb.
am 21. März 1802, 3. Wilhelmine Dorothea, geb. am 31. März 1804,
4. Caroline Christi(a)ne Marie Amalie, geb. am 24. April 1807,
5. Sophie Henriette Luise, geb. am 14. Okt. 1810. Diese fünfte
Tochter ist Grabbes Verlobte. Die dritte, Wilhelmine Dorothea, heiratete
am 9. Okt. 1829 den aus dem Hannöverschen stammenden
Ernst Georg Friedrich Schramm, Hofjäger in Detmold. Dieser war
am 1. Juli 1831 im Alter von 29 Jahren sechs Monaten an der
Schwindsucht gestorben. Bei ihm also hatte die „gute Caroline“
[Bd. b5, S. 655]
(Meiers vierte Tochter) sechs Wochen lang die Krankenwärterin
gemacht, wie es in Grabbes Memoire an Husemann heißt. Da Dorothea
Luise die verehelichte Husemann war, so kann mit der „langen
Schwester“ nur die zweite, Sophie Friederike Charlotte, gemeint
sein. — Übrigens ist Caroline, nach dem frühen Tode ihrer Schwester
Henriette, am 27. Mai 1836 die zweite Frau Theodor Gottfried
Husemanns, Schönfärbers zu Stolzenau an der Weser, geworden.