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Nr. 431, siehe GAA, Bd. VI, S. 60nothumbnail
Christian von Meien (Detmold) an Fürst Leopold zur Lippe II. (Detmold)
Brief

                    U. P. M.
                ad 755 und 778.

  Ew. Hochfürstliche Durchlaucht wollen gnädigst gestatten,
daß ich zu der Eingabe des Auditeurs Grabbe N. 755 und
5des Obristen Böger N. 778 folgendes unterthänigst bemerke.

  Aufgefordert vom Präsidium der Regierung, veranlaßte ich
den Auditeur Grabbe, mich zu besuchen, um mit ihm über
seine Eingabe zu reden und ihm die Gründe auseinander zu
setzen, welche seinen Gesuchen entgegenständen.

10  Ich konnte bey dieser Gelegenheit nicht umhin, ihn aufmerksam
darauf zu machen, daß der Dienst eines Auditeurs
so schwierig und zeitraubend nicht sey, wie er ihn darstelle,
daß es mithin um so mehr auffallen müsse, daß seit einiger
Zeit unangenehme Dienst-Vernachlässigungen bemerkbar würden,
15da solche selbst in einem der geschäftsreichsten Jahre,
nehmlich 1831, nicht vorgekommen wären. Ich erlaubte mir
zugleich, ihm viele Einzelheiten und Fehler zu erörtern, welche
mir in Ansehung der Verwaltung seines Dienstes bekannt
waren, und die Mittel anzugeben, wie er sich die Arbeiten
20erleichtern und Zeit gewinnen könne; Auseinandersetzungen
gegen welche er im Wesentlichen nichts einwenden konnte.

  Er kam indessen sehr bald auf den wahren Grund der
Anhäufung und unordentlichen Betreibung seiner Dienstgeschäfte
und klagte, daß seine häußlichen Verhältnisse
25 sich leider so gestaltet hätten, daß sie ihn völlig zur
Verzweiflung brächten und bey seinem reitzbaren Gemüthe
in aller Hinsicht zurücksetzten. Er hat mir diese Verhältnisse
mit Anführung von Thatsachen auf eine Weise geschildert,
die freilich mein inniges Bedauren in Anspruch nahmen und
30für einige Zeit zur Nachsicht auffordern, welche indessen auf
die Dauer den Dienst-Betrieb nicht hindern dürfen, am wenigsten
aber Anträge begründen und rechtfertigen, wie sie in
Folge jener Verhältnisse vorliegen. Er sah dieses auch nach
einer anderthalbstündigen Besprechung seiner Angelegenheiten
35sehr wohl ein und war zu der Überzeugung gelangt, daß
er den Dienst beybehalten müsse ohne für jetzt Ansprüche
auf Zulage machen zu können. Zugleich versprach er, sich
ermannen und den Geschäften mit verdoppelter Thätigkeit
widmen zu wollen, und hoffte mit mir, daß insbesondere die

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Betreibung der Geschäfte auf der Militairgerichtsstube ihn vor
häußlichen Störungen bewahren werde.

  Nach Maaßgabe dieser Unterredung, der obigen Eingaben
und der mir sonst bekannten Verhältnisse habe ich nun die
5unterthänigst angebogene Resolution entworfen, in gestriger
Regierungs-Session darüber vorgetragen und vom Präsidium
den Auftrag erhalten, solche Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht
mit diesem U. P. M. zu gnädigster Genehmigung ehrerbietigst
vorzulegen. Detmold d. 12. Febr. 1834. 1

10                                 Meien.
      U. N. S.

Beym Schlusse dieses erfahre ich noch, daß vorgestern eine,
Dauer versprechende Einigung unter den Eheleuten zu Stande
gekommen seyn soll. Mögte dieses Wahrheit werden! —

   1) [Am Rande:] Ich danke Ihnen für gütige Aufklärung.
                          LeopoldFzL.

 


431.

H: Doppelbl. in 20; 4 Sp.
F: Aud.-Akt. Nr 140.
D: PrJb S. 250—51.

S. 61, Z. 4 f.: die unterthänigst angebogene Resolution:
Nr 429.