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Nr. 16, siehe GAA, Bd. V, S. 9thumbnail
Adolph Henrich Grabbe (Detmold) an Fürstin Paulina zur Lippe (Detmold)
Brief


103.

pr[aesentatum] Detlden 7. Febr. 1818.

                    An
            Ihro Hochfürstliche Durchlaucht
25        die gnädigst regierende Vormünderinn und
                Regentinn
              Unterthänigste Bittschrift
            des Zuchtmeisters Grabbe allhier
                die gnädigste Verleihung einer
30                Anwartschaft auf die Stipendien
                zum Studiren für seinen Sohn betr.
              Durchlauchtigste Fürstinn
            Gnädigste Fürstinn und Regentinn!

  Mein einziger Sohn Christian Dieterich Grabbe hat eine unwiderstehliche
35Neigung zum Studiren, und habe ich daher,

[GAA, Bd. V, S. 10]

 


so beschränkt auch meine Vermögens:Umstände und die
Zeiten schwer sind, alles Erforderliche angewandt, um ihn
in den Stand zu setzen, das hiesige Gynasium mit Nutzen zu
frequentiren.

5  Er stehet jetzt in seinem 17ten Jahr, und ich kann und will
ihn von seinem Vorsatz, sein Studiren auch auf Universitäten
fortzusetzen, und sich dadurch für den gelehrten Stand völlig
auszubilden, und in demselben seinem Vaterland, wenn es
die göttliche Vorsehung will, dereinst seine Kräfte und Dienste
10zu widmen, nicht zu bringen.

  Daß es meinem Sohn nicht an Talent zum Studiren, auch nicht
an Eifer und Fleiß darinn fortzurücken, fehlt und sein sittliches
Betragen gut ist, das wollen Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht
gnädigst aus den unterthänigsten angeschlossenen Zeugnissen
15seiner Lehrer, des Herrn Rector Koeler, Conrector Möbius,
Legations:Rath Preuß und Raths Falkmann zu ersehen geruhen.


  Da es mir nun, wenn ich auch, wie ich mit Freuden thue, alle
meine Ersparnisse für das Studiren meines Sohnes aufopfere,
20doch nicht möglich wird, alle Kosten desselben zu bestreiten:
so wage an Ew. Hochfürstliche Durchlaucht ich die unterthänigste
und demüthigste Bitte, daß Höchstdieselben mir die
hohe Gnade erzeigen wollen, meinem Sohn eine Anwartschaft
auf die zur Verleihung Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht stehenden
25Stipendien für 3 Jahre huldvoll zu ertheilen.

  Diese landesmütterliche, mein väterliches Herz erleichternde,
Fürsorge werde ich lebenslang mit dem tiefesten Dank erkennen,
und derselben würdig zu sein mich bestreben, als

Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht
30 allerunterthänigster und getreuester Knecht.

[Anlage 1:]

  Handschrift Daß Christian Dieterich Grabbe, hiesiger Gymnasiast, Sohn
des Herrn Zuchtmeisters Adolph Grabbe sich völlig zum Studieren
qualificire und sich dazu einer Unterstützung oder Beyhülfe
35würdige sowohl in Rücksicht seiner Gesinnung und seiner
Sittlichkeit als seiner Fähigkeit und Kenntnisse wird hierdurch
auf Verlangen der Wahrheit gemäß bezeugt. Detmold den
21sten October 1817

                              Dr. GD Koeler
40                                
                        des Gymnasiums daselbst.

[GAA, Bd. V, S. 11]

 


[Anlage 2:]

  Handschrift Dem Schüler der zweiten Klasse des Gymnasiums Christian
Grabbe, ertheile ich gern das Zeugniß, daß er während aller
der Jahre seines Schulbesuchs zu den fleißigen Schülern gehört,
5und durch wissenschaftlichen Eifer und stillen Fleiß den Vorsatz
gezeigt hat, sich zweckmäßig für die Akademie vorzubereiten.

Detmold am 20sten November    L. Preuß
      1817.                        zeitiger Director
                         des Gymnas.

[Anlage 3:]
  Handschrift Christian Grabbe hat sich, solange er bis dahin meine Unterrichtsstunden
am hiesigen Gymnasio besucht hat, stets als zu
den Bessern gehörend bewiesen. Er hat gute Anlagen, hat sich,
15auch außer dem Unterricht durch Lectüre manche Kenntnisse
verschafft und zuweilen, als Beweise eigenen Nachdenkens sehr
gründliche und fleißige Arbeiten geliefert. Ich zweifle auch
nicht, daß er bei fortdauerndem Fleiße von seiner Seite und
bei gefundener Unterstützung bei Andern ein sehr brauchbarer
20Staatsbürger werden werde.
  Dieß habe ich auf Verlangen gern und der strengsten Wahrheit
gemäß bezeugen wollen.
Detmold    Falkmann
den 30 Nov. 1817.    Fürstl. Lipp. Rath und
                     Lehrer am Gymnasio.

[Anlage 4:]
Handschrift Sub disciplina nostra literis humanioribus addiscendis operam
navat
Christianus Dietericus Grabbe, Detmoldensis,
30 Juvenis modestiae studio et morum probitate conspicuus, qui
quantum potuit et voluit, ita profecit in literis humanitatis
seque nobis de meliore nota commendavit, ut illud publica
fide testari a patre rogati nulli dubitaremus. Faxit Deus ter
Optimus, ut hic juvenis nobis carissimus diligentiam et assiduitatem
35porro sollicite commendatam sibi habeat, nam ita
fiet, ut, fortunante supremo numine, ejus studia et conatus
egregiam olim patriae operam praestare possint. Scrib. in
Gymnasio principali, anno restitutae salutis MDCCCXVII.
                        Ern. Antonius Moebius.

[GAA, Bd. V, S. 12]

 

 


16.

H: Doppelbl. in 20; ½ S. Adresse auf S. 1, 2 S. Text auf
S. 2 u. 3.
F: Acta das Stipendium 1[1] Im virginum [et] st crucis betreffend.
Vol. I. 1813—1828. (Detmold, Landeskirchenamt. Consistorial
-Acten. I. Tit. 3, No 1. Fach 5.) Nr 36.

[Bd. b5, S. 391]

 



Die Anlagen:
H: 1: 1 Bl. in 40; ½ S. 2: Doppelbl. in 20; ½ S. 3: 1 Bl. in
20; ½ S. 4: Doppelbl. in 40; 1 S.
F: GrA

S. 10, Z. 15: Koeler: Georg David K. (1757—1818), 1783 zur
Wiederbesetzung des erledigten Konrektorats aus Göttingen berufen,
nach dem am 19. Februar 1805 erfolgten Tode des Gymnasial-Direktors
Friedrich Christian Kuhn dessen Nachfolger.
S. 10, Z. 15: Moebius: Ernst Anton Ludwig M., geb. 1779 zu
Altendorf im Altenburgischen. Gebildet auf dem Lyzeum zu Saalfeld,
studierte er von 1796 an auf der Universität zu Jena, von
wo er 1800 zum Konrektorat an das Archigymnasium in Soest
berufen wurde. Diese Stelle bekleidete er bis 1807. Am 11. Juni
dieses Jahres wurde er Konrektor an der Provinzialschule zu
Detmold, an der ihm unterm 25. März 1818 (nachdem am 19ten
dieses Monats der Rektor Koeler plötzlich gestorben war) die
erste Lehrerstelle mit dem Prädikat Professor übertragen ward.
Dieses Amt hatte er inne, bis er am 14. Mai 1838 vom Schlage
gerührt wurde.
S. 10, Z. 16: Preuß: Franz Ludwig P. (1772—1845), ursprünglich
Ingenieuroffizier, später Professor der Physik und Mathematik
und Prorektor am Gymnasium zu Detmold. Näheres über
seinen Werdegang in Hans Kiewnings „Fürstin Pauline zur Lippe“
(Detmold, Meyer 1930), S. 190—91. Unterm 7. Dezember 1813
wurde ihm der Charakter als Legationsrat beigelegt, damit er als
diplomatischer Vertreter Lippes bei den Verhandlungen über die
dem Lande auferlegten Kontributionen im preußischen Hauptquartiere
in Frankfurt a. M. angemessen eingeführt werde.
S. 10, Z. 16: Falkmann: Christian Ferdinand F., geb. 2. Juli
1782 zu Schötmar im Fürstentum Lippe als Sohn des dortigen
Amtsschreibers, besuchte die Rektoratsschule seiner Vaterstadt, sodann
das Gymnasium zu Lemgo, studierte vom April 1800 an
in Göttingen Theologie und wurde nach bestandener Prüfung auf
Vorschlag des Generalsuperintendenten von Cölln Erzieher der
beiden Prinzen Paul Alexander Leopold und Friedrich. Im März
1810 wurde ihm der Charakter als Rat beigelegt. 1814 trat er in
den Lippischen Schuldienst über, wurde unterm 25. März 1818
zum Konrektor des Detmolder Gymnasiums ernannt und 1834
dessen alleiniger Direktor. Sonntag, den 11. Febr. 1844, zwischen
11 und 12 Uhr Morgens, ist er, von einem Schlagflusse betroffen,
in seinem zweiundsechzigsten Lebensjahre gestorben. Vgl. Goed.2
Bd 13, S. 441—42, unter 40, wo aber als zweiter Vorname
„Friedrich“ angegeben ist.