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Nr. 32, siehe GAA, Bd. V, S. 23thumbnail
Adolph Henrich Grabbe (#Detmolb) an Christian Dietrich Grabbe (Detmold)
Brief

5                        Handschrift Der 4te Brief [Detmold.] 12tn Juni
20
    Lieber Christian!

  Deinen Brief vom 30ten Mai habe ich den 6ten Juni richtig
erhalten u. die Einlage bestellt worüber die Antwort anbei
10liegt.

  Deine Mutter war in der größten Verlegenheit, daß die
Antwort auf meine Briefe noch nicht erfolgt war, deswegen
habe ich am 2ten Juni Dir den 3ten Brief geschrieben, den
Du jetzt erhalten haben wirst.

15  Daß sich Deine Mutter freuete daß ich so einen großen Brief
offen machte u. ihr vorlas kannst Du leicht denken. Aber sie
wurde böse als sie hörte, daß Du auf den Postwagen so viel
unbequemes ausgestanden, u. Du Dir hier nicht wolltest sagen
lassen, daß Du eine Unterhose p wolltest anziehen, hätte ich
20ihm nun gleich ich wollt ihm prügeln dafür daß er den
mütterlichen Rath nicht annehmen wollte u. erst durch Schaden
klug werden muß. Du bist doch gesund Dir fehlet doch
nichts mehr? Wir sind gesund desgleichen wünschen wir von
Dir.

25  Daß Du so gleich ein Quartier erhalten freuet uns u. daß
Du auf Michaeli noch eine wohlfeilere Stube bekommen kannst
ist uns lieb u. Du mußt es am besten wissen je wohlfeiler
je besser. Ich habe Pustkuchen gefragt der hat in Deinem
Quartier logirt u. sagt es wären gute Leute. Jeder der in
30Leipzig gewesen ist rühmt die Stadt. Du hörest 5 Collegien
was sind das alle für welche? Über ein passabbeles Mittags-Essen
für 3 ggr. kannst Du eben nicht klagen u. ist hier in
Detmold nicht wohlfeiler. Deine Mutter freuet sich daß Du
Dich an alles Essen gewöhnst. Zellere p Meier ist so eben
35von seiner Reise zurückgekom

  Der Fürst mit der neuen Fürstinn fahren täglich spatziren.
Die Lustbarkeiten sind vorbei. Ueber die Inlumation kommt
ein Buch heraus u. wird mit 15 gr. darauf praenumerirt. Ich

[GAA, Bd. V, S. 24]

 


will es Dir schicken wenn es gedruckt ist. Was willst Du mit
der Landständischen Verfassung thun? Ich will mir Mühe
geben um sie zu bekommen. Daß dieses Jahr Dir das theuerste
ist läßt sich denken,Handschrift  und kanst dafür die andern Jahre für
5weniger Leben wenn Du einmal eingerichtet bist. Wenn Du
auch in diesem Jahr über 300 rthlr. haben mußt kömmt nicht
darauf an. Auf 900 rthlr. kannst Du rechnen, wenn wir gesund
bleiben, die Du zum Studiren verwenden kannst. Wenn es
Dir an Gelde fehlt mußt frühzeitig schreiben. Koch glaubt
10daß ich ihm hier Geld bezahlen, wo er auf der Braunschweiger
Messe an einen Leipziger Kaufmann durch Waare p besorgen
könnte, wovon Du das Geld in Leipzig erhalten könntest
Handschrift oder frag den Kaufmann Seif in Leipzig ob ich hier an
seinem Bruder bezahlen könnte, daß Du dort davon das
15Geld empfg. Du möchtest ja Deine Wäsche p wöchentlich
waschen lassen u. immer nach der nro: folgen. Ein Paar neue
Strümpfe hat Deine Mutter schon wieder fertig. Deine Mutter
spinnt daß das Postgeld für Briefe nicht aus der Casse genommen
wird, Handschrift Du mochtest deswegen nur fleißig schreiben.
20Gevekoth bei Herr Koch sattelt um u. kömmt diesen Johanni
bei dem p Pedell Emighausen ins Haus u. will auf die hiesige
Schule gehen u. Theologie studiren. Du wirst mit Deinen
weiten Hosen wol eine neue Mode in Leipzig gebracht haben.
Laß sie ja nicht umändern. Im ganzen Zuchthause ist nichts
25neues vorgefallen. Brockmann ist ruhig u. sagt kein einziges
Wort, heckt vielleicht wieder was böses aus. Daß Du Kaffe
u. Zucker holen läßt freuet uns, weil es wohlfeiler ist. Sind
mehrer Studenten in Deinem Quartier?

  Der Sohn des Kammerrath Führer /: Pastor in Homburg :/
30ist hier mit seiner Frau zum Besuch gewesen, macht eine
Reise am Rehin u. will auch Leipzig besehen. Er wird dort
bei Seif absteigen.

  Wenn Du eine andere Stube miethest, wenn Du auf Michaeli
ausziehen willst, wähle eine meßfreie Stube u. gute Leute,
35Bezahle richtig u. anordire alles genau.

  Ich war Im Posthause, der Secr. frug mich bei wem Du
juristische Collegia hättest, ich sagte ihm bei Haubold, die
Antwort dem habe ich auch schon gehört u. ist der erste
Mann in seinem Fach in Deutschland. Jetzt gehen Deine
40Briefe über Lemgo Vlotho Minden p anstatt über Paderborn
Casseln p

[GAA, Bd. V, S. 25]

 


  Deine Mutter läßt fragen ob Du schon einen Pedellen wie
hier hattest? Der Rector Reinert in Soest ist todt. Diesen
Johanni kömt ein neuer Schüler wieder hier auf die Schule.
Hasse aus Ufeln. Teopold aus Blomberg u. Klüsener aus
5Schwalenberg sind examinirt u. unter die Landes Candidaten
aufgenommen worden. Krohn ist noch nicht wieder da wird
wol in Jena bleiben. Hast Du gute Betten? Wenn Dir sonst
an Sachen was fehlt mußt Du schreiben um wenn Dir Schinken
geschickt werden es beipacken zu können.

10  Huths Wilhelm ist confirmirt u. hat jetzt eine Backer
Schürze vor. Riekgen sein Vater heirathet wieder u. seine
Tochter Jetgen auch nämlich Jetgen bekömmt den Sohn mit
einer eigenen Stette u. Jetgen sein Vater die Mutter. Hast
Du Deinen Stock auch noch.

15  Hahn ist verpflichtet, u. hat schon Beschwerde geführt,
daß er mit seinem Gehalt nicht auskommen könnte. Die Frau
Hahn nimt bisweilen einen denHandschrift  hat sie Kopfweh. Hat hat
dem Dienst auf 1 Jahr nur angenommen Begemann in Emmighausen
Hause seine Mutter ist gestorben.

20  Der Maurer Rakelmann hat gestern Hochzeit mit Jfr Vollmer
gehalten, wo der Obermüller Brand mit seiner Frau gewesen,
aber auch dafür unter der Zeit seine Commode offen
gebrochen u. sein Geld gestohlen worden, Pfeifen Silberzeug
p sind aber liegen geblieben

 


32.

H: Doppelbl. in 20; 2S.
F: GrA
T: Gegenw. S. 11
T1: WBl IV 605—06.

S. 24, Z. 8: kannst.] kannst H
S. 25, Z. 11: vor.] vor H

S. 23, Z. 9: die Einlage: Um was für einen Brief es sich dabei
handelt, ist nicht bekannt.
S. 23, Z. 25: ein Quartier: Auf dem Thomaskirchhofe Nr 102,
im Hause von Dr. C. A. Kürzels Erben.
S. 23, Z. 28: Pustkuchen: Theodor Ernst Eduard P., geb. als
fünftes Kind des fürstl. Lipp. Rats und Amtmanns Johann Ernst
Adolf P. in Detmold daselbst am 27. Mai 1804, ging im April
1823 vom Detmolder Gymnasium ab und studierte darauf dreiundeinhalbes
Jahr die Rechte; vom 13. Mai 1823 bis 20. März 1824 in
Leipzig, die beiden folgenden Semester in Heidelberg, vom 6. Mai
1825 bis 29. Aug. 1826 in Göttingen. Nach vorangegangener Prüfung
wurde er unterm 22. Mai 1827 unter die Zahl der expektivierten
Advokaten aufgenommen, unterm 9. Jan. des folgenden Jahres als
Auditor beim Amte Detmold angestellt, unterm 23. Sept. 1834 als
Nachfolger Grabbes zum Auditeur beim lippischen Militär ernannt.
Im Januar 1842 ist er an Stelle seines Vaters Landrentmeister
geworden und am 6. Jan. 1887 als fürstl. lipp. Rat zu Detmold
gestorben.
S. 23, Z. 34: Zellere p Meier: Ob es sich bei dieser Persönlichkeit
um den im folgenden Briefe des Zuchtmeisters genannten Ziller,
oder um wen sonst es sich handelt, kann nicht mit Sicherheit gesagt
werden. Gewiß dürfte sein, daß es kein Lipper gewesen sein kann.
Nachweisbar ist für jene Zeit nur ein Träger des Namens, nämlich
der aus Eisenach gebürtige Johann(es) Ziller. Er war aus Verden
gekommen und unterm 15. Okt. 1803 im neugegründeten Hoboisten-Korps
angestellt worden. Dieses wurde 1814 wieder aufgelöst. Z.
blieb in Detmold und half dem dortigen Stadtmusikus Schmidt bei
Ausübung seines Privilegs und bei Hofmusiken. Als das Hoboisten-Korps
im Jahre 1823 neugegründet wurde, bemühte sich Z., wieder
anzukommen, jedoch ohne Erfolg; wahrscheinlich wegen zu hohen
Alters. (Auskunft des verstorbenen Studienrats W. Schramm.)
S. 23, Z. 38: ein Buch: „Erzählung der Feierlichkeiten, welche im
Fürstenthum Lippe, im May 1820 bey der Ankunft des Durchlauchtigsten
Fürsten Paul Alexander Leopold zur Lippe und Höchstdessen
Durchlauchtigsten Frau Gemahlin Emilie Caroline, gebornen Fürstin
zu Schwarzburg-Sondershausen, statt gefunden haben; nebst den
sämmtlichen bey dieser frohen Begebenheit überreichten Gedichten,
und den bey den Erleuchtungen in Detmold, Brake und Lemgo
erschienenen Transparents.“ Lemgo, Meyer 1820. XX, 100 S. in 80.

[Bd. b5, S. 404]

 


Im „Verzeichniß der Subscribenten“ erscheint auf S. IX unter Detmold
auch „Hr. Grabbe“.
S. 24, Z. 1 f.: Was willst Du mit der Landständischen Verfassung
thun: Die „Landständische Verfassungs-Urkunde des Fürstenthums
Lippe“ war im Jahre zuvor in Lemgo mit Meyerschen Schriften
gedruckt worden. (31 S. in 40.)
S. 24, Z. 9: Koch: Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 20, Z. 22.
S. 24, Z. 13: Kaufmann Seif in Leipzig: Friedrich Wilhelm Simon
Seiff, geb. zu Detmold als Sohn des Gastwirts Joh. Dietrich Adolph
S. und getauft am 28. Juni 1779, betrieb auf der Grimmaischen
Gasse Nr. 11 unter der Firma Seiff und Comp. einen Handel mit
roher und gefärbter Seide und Garn. (Vgl. „Leipziger Adreßkalender
“ auf das Jahr 1822, [Abth. 1,] S. 159.)
S. 24, Z. 14: seinem Bruder: Der Gastwirt und Weinhändler
Carl Friedrich Wilhelm S. auf der Neustadt, gleichfalls ein Sohn
des Weinwirts Joh. Dietrich Adolph S., geb. am 24. April 1784,
gest. am 2. Dez. 1847 in Detmold.
S. 24, Z. 20: Gevekoth: Nicht mit Sicherheit zu bestimmen;
wahrscheinlich Johann Hermann Heinrich Kaspar G., das fünfte
Kind des am 18. Mai 1810 verstorbenen Dr. med. und Physikus
Hermann Adolf Daniel G. in Salzuflen aus dessen Ehe mit Friederike
Christiane Sembek aus Jena (gest. 20. Dez. 1805). Er war
am 23. Okt. 1802 zu Salzuflen geboren, ist am 8. Mai 1822 als
Student der Theologie in Jena immatrikuliert worden, erscheint aber
weder in den Listen der lippischen Kandidaten für die folgenden
Jahre noch in Wilhelm Butterwecks „Geschichte der Lippischen Landeskirche
“ (Schötmar in Lippe 1926), und ist am 4. Juni 1836 in
seiner Vaterstadt an der Schwindsucht gestorben.
S. 24, Z. 21: Pedell Emighausen: Johann Christian Ludwig
(oder Louis) E., geboren als Sohn des Moritz E. und getauft zu Detmold
am 30. Mai 1779, wurde im Dezember 1806, nachdem er zehn
Jahre lang bei dem Obermarschall von Donop im Dienst gestanden
hatte, dem Regierungspedellen Hunke wegen dessen Altersschwäche
adjungiert und unterm 6. Febr. 1815 zum wirklichen Regierungspedellen
ernannt. Nach einem langwierigen Leiden starb er am
2. März 1833 zu Detmold am Krebs.
S. 24, Z. 25 f.: Brockmann: In Nr 2 der „Fürstlich Lippischen
Intelligenzblätter“ vom 13. Januar 1816 findet sich auf S. 9 der
folgende Steckbrief:
  „Johann Berend Brokmann aus Diestelbruch im Amt Detmold,
dessen Beschreibung beygefügt ist, hat Gelegenheit gefunden, am
Nachmittage des 6ten dieses Monats aus dem hiesigen Zuchthause,
dem er zum 4ten Male wegen verübter Diebstähle übergeben war,
zu entspringen. Da an der Wiederhabhaftwerdung dieses Erzdiebes
sehr gelegen ist, so werden die inländischen Obrigkeiten angewiesen,
die Auswärtigen aber ersucht, auf denselben genau achten und ihn
im Betretungsfalle geschlossen anher liefern zu lassen. Detmold den
10ten Jan. 1816.
Fürstl. Lipp. Criminalgericht daselbst.

[Bd. b5, S. 405]

 


Beschreibung.
  Johann Berend Brokmann ist etwa 28 Jahr alt, von großem schlanken
Körperbau, trägt schwärzliches und abgeschnittenes Haar. Er
hat eine etwas breite Stirn, große helle Augen, längliche Nase,
aufgeworfenen Mund, gut gereihete weiße Zähne und ein spitzes
Kinn.
  Sein Blick ist frey und fast frech, auch zeigt er viele Gewandheit
im Reden und spricht gut hochdeutsch.
  Bey seiner Entweichung trug er ein blau gedrucktes gestreiftes
Camisol, eine graue leinene kurze Hose, wollene Strümpfe, zugebundene
Schuhe — welche letztere er jedoch eingegangener Nachricht
zufolge gegen andere vertauscht hat — und eine schlechte
lederne Kappe.“
  Der „wegen begangener vielfacher Diebstähle, berüchtigte“ Brokmann
wurde wieder ergriffen und durch ein Kriminalgerichts-Erkenntnis
„zum Zuchthause oder zur öffentlichen schweren Arbeit
auf Lebenszeit“ verurteilt. (Bekanntmachung vom 18. Februar 1818
in Nr 8 der „Fürstlich Lippischen Intelligenzblätter“ vom 21. Februar
1818, S. 57.)
S. 24, Z. 36: der Secr.: Wahrscheinlich Carl Wilhelm Runnenberg
(siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 269, Z. 16). Denn dieser stand damals
in den Diensten der Detmolder Postanstalten und sagt in einer
Eingabe an den Fürsten zur Lippe (Remiss. 19. Juni 1822), daß er
die dabei vorkommenden Geschäfte seit sechs Jahren fast allein
besorgt habe. Vgl. „Acta die Anstellung des Lieutenants Runnenberg
desgl. dessen Ernennung zum Hauptmann betr.“ (StAD L 77 C.
Fach 30 M. Nr 19.) Nr 2627.
S. 24, Z. 37: Haubold: Christian Gottlieb H. (1766—1824), 1791
Beisitzer des Oberhofgerichts in Leipzig, 1796 ordentlicher Professor
des Sächsischen Rechts, später zweiter ordentlicher Professor der
Leipziger Juristenfakultät; einer der tätigsten Beförderer der von
Hugo und Savigny begründeten historischen Schule. An Vorlesungen
hat er im Sommer-Semester 1820 die folgenden angekündigt: 1. Geschichte
des römischen Rechts in Verbindung mit den Institutionen
nach dem ersten Bande der zweiten Ausgabe seiner „Institutiones
juris Romani privati historico-dogmaticae“, die im selben Jahre bei
Hinrichs in Leipzig erscheinen sollte; 2. Über das römische Gerichtswesen
als integrierenden Teil seiner historisch-dogmatischen Vorträge
über römisches Recht, nach dem zweiten Bande der zweiten Ausgabe
der „Institutiones juris Romani“.
  Seine Ansicht über das wünschenswerteste Unterrichtsverfahren
hat Haubold in seinen „Praecognita iuris Romani privati novissimi“
(Leipzig, Barth 1796) ausgesprochen. Es seien, so meinte er, „zwei
Vorlesungen über römisches Recht zu halten, eine einfach und elementar,
eine zweite, die alles gründlich darlegt und dabei namentlich
die praktische Anwendbarkeit berücksichtigen soll. Die erstere möge
etwa Institutionen, die andere Pandekten genannt werden. In
beiden Vorlesungen sei ausschließlich reines römisches und zwar
justinianisches Privatrecht unter steter Bezugnahme auf die Quellen

[Bd. b5, S. 406]

 


und in vollem Umfange zu lehren, nach einem frei zu bildenden,
womöglich für beide Vorlesungen gleich bleibenden System. Getrennt
davon sei Geschichte des vorjustinianischen Privatrechts und des
öffentlichen römischen Rechts vorzutragen, wofür Haubold die synchronistische
Methode Hugos entschieden verwirft und vielmehr festhält
an dem Verfahren, für jede Materie den ganzen geschichtlichen
Verlauf in sich geschlossen darzustellen. Das hat ihn später (seit
1809) sogar dazu zurückgeführt, die Vorlesungen über Rechtsgeschichte
und über Institutionen zu verbinden, um so in der inneren
Rechtsgeschichte an das Ende der geschichtlichen Darstellung einer
jeden Lehre unmittelbar den justinianischen Rechtszustand anschließen
zu können. Dadurch tritt eine vorbereitende Vorlesung 'Institutionen
und Rechtsgeschichte', in der das Historische vorherrscht,
der dogmatischen Pandektenvorlesung gegenüber; innerhalb der
ersteren aber wird zur Hauptunterscheidung die zwischen äußerer
und innerer Rechtsgeschichte.“ (Ernst Landsberg, „Geschichte der
deutschen Rechtswissenschaft“ III,2. München u. Berlin 1910, S.
53—54.)
  Welche der beiden Vorlesungen Grabbe belegt hat, ist nicht nachzuweisen.
Jedoch ist anzunehmen, daß er den Besuch der ersten,
einfachen und vorbereitenden, sich nicht hat entgehen lassen.
  Über Haubold als Hochschulpädagogen findet sich in Gustav
Hänels „Lebensskizzen einiger in Sachsen außerhalb Leipzig geborenen
Juristen“ („Festschrift zu dem 25jährigen Ordinariats-Jubiläum
des Herrn Dr. Carl Georg v. Wächter“. Leipzig, Hinrichs 1878,
S. 30) die folgende Charakteristik: Als akademischer Lehrer „befleißigte
er sich eines bündigen, klaren, wohlgeordneten Vortrages, in
welchem er bestrebt war, das römische Recht von fremdem Aggregate
zu reinigen. Doch verleitete ihn seine Vorliebe für Literatur,
die Zuhörer mit Dictiren von Büchertiteln zu überhäufen, was den
Übelstand nach sich zog, daß er die Vorlesungen über römisches
Recht trotz allen Duplirens niemals bis zu Ende bringen konnte,
[...] Frei pflegte er nicht zu sprechen in der Meinung, daß dies
der Genauigkeit schade. [...] Im Vortrage unterstützte ihn seine
sonore kräftige Stimme, überhaupt imponirte er auf dem Katheder
durch den ausdrucksvollen Kopf, der auf einem breitschulterigen
Körper ruhte.“
S. 25, Z. 2: Der Rector Reinert in Soest ist todt: Johann Friedrich
R., geboren im Januar 1769 als der Sohn eines Bauern in dem
lippischen Dorfe Unterwüsten, war 1797 Lehrer, darauf Prorektor
und schließlich Rektor am Gymnasium zu Lemgo geworden, in das
einst der Zehnjährige als Schüler eingetreten war, im Juli 1819
aber einem Rufe nach Soest gefolgt. Als Direktor des dortigen
Archigymnasiums starb er daselbst schon am 19. Mai 1820 in einem
Alter von 50 Jahren. Einen Nachruf auf den Tod des „verdienstvollen
Mannes“ brachte die Nr 28 der „Fürstlich Lippischen Intelligenzblätter
“ vom 8. Juli 1820 auf den S. 220 u. 221; eine Beschreibung
seines Lebens hat Wilhelm Freiherr von Blomberg verfaßt.
(Lemgo, Meyer 1822.)
S. 25, Z. 4: Hasse aus Ufeln: Christoph Wilhelm H., geb. am
30. Aug. 1801 in Salzuflen als Sohn des Kaufmanns und Lohnherrn

[Bd. b5, S. 407]

 


(d. i. Handwerksmeisters) Johann Christoph H. und der
Anne Sophie Wilhelmine, geb. Stohlmans aus Lemgo. Er trat, nachdem
er zuvor Schüler der Gymnasien zu Lemgo und Soest gewesen
war, in die oberste Klasse des Detmolder Gymnasiums ein, das er
nach einjährigem Besuche im April 1821 verließ, um sich der Rechtswissenschaft
zu widmen. Nacheinander war er an den Universitäten
von Heidelberg (10. Mai 1821 bis 16. Sept. 1822), Jena (Michaelis
1822 bis 9. Sept. 1823), Göttingen (27. Okt. 1823 bis 14. April 1824)
und Tübingen (seit Herbst 1824) und beendete seine Studien im
März 1825. Unterm 24. Jan. 1826 wurde ihm, nachdem er die
Prüfung bestanden, die Ausübung der Advokatur bewilligt. Später
ist er Forstsekretär, nachher Amtsassessor in Brake gewesen und
unterm 18. Aug. 1846 zum Amtmann im Amte Detmold ernannt
worden. Krankheitshalber wurde er mit Wirkung vom 1. Okt. 1864
an als Amtsrat pensioniert. Er hat jedoch diesen Tag nicht mehr
erlebt, ist vielmehr bereits am 20. Aug. dieses Jahres seinem Leiden
erlegen.
S. 25, Z. 4: Teopold aus Blomberg: Friedrich Adolf August
Theopold (1796—1875), hatte das Gymnasium zu Lemgo besucht,
in Marburg die Theologie studiert, war Vertreter der Marburger
Burschenschaft zum Wartburg-Fest zu Halle und Jena gewesen,
wurde unterm 31. Mai 1820 unter die Landeskandidaten aufgenommen
und bereits im folgenden Jahre Rektor in seiner Vaterstadt
Blomberg. Später hat er als Pastor in verschiedenen lippischen Gemeinden
gewirkt.
S. 25, Z. 4 f.: Klüsener aus Schwalenberg: Heinrich Dietrich
Clüsener wurde unterm 31. Mai unter die Landeskandidaten aufgenommen,
1821 der Gehülfe seines Vaters Heinrich Wilhelm Cl.,
Pfarrers in Schwalenberg, und unterm 5. September 1826 in die
durch dessen Tod erledigte Pfarrstelle in seiner Geburtsstadt berufen.
1839 ist er Superintendent, 1844 als Pastor nach Lage berufen worden
und daselbst im Jahre 1875 gestorben. (Vgl. Butterweck, a.a.O.
S. 586.)
S. 25, Z. 6: Krohn: Siehe die Anm. zu Verweis zum Kommentar S. 21, Z. 26.
S. 25, Z. 10: Huths Wilhelm: Der am 3. Mai 1806 als Sohn des
aus Salzuflen gebürtigen Bürgers, Bäckermeisters und Ratsverwandten
Johann Heinrich Rudolf H. geborene Johann Friedrich Wilhelm
Rudolf H.
S. 25, Z. 11 f.: Riekgen sein Vater heiratet wieder u. seine Tochter
Jetgen auch: Diese Doppelhochzeit in der Grüttemeierschen
Verwandtschaft fand am 12. Nov. 1820 statt, und zwar heiratete
1) der Witwer und Straßenkötter Wilhelm Ernst Grütemeier in
Hiddesen Anne Marie Elisabeth Huneke, Witwe und Leibzüchterin
daselbst; 2) der Straßenkötter Simon Conrad Huneke in Hiddesen
Catharine Henriette Grüttemeier daselbst. Das Eheprotokoll des
jüngeren Paares ist aus Detmold vom 21. Okt. datiert. Danach war
Simon Conrad Huneke der eheliche Sohn weil. Straßenkötters Hermann
Conrad H. Nr. 46 zu Hiddesen und hatte, damals zwanzig
Jahre alt, von der Regierung den Heiratskonsens erhalten. Seine
Verlobte war des Straßenkötters Wilhelm Grüttemeier Nr. 27 zu
Hiddesen eheliche Tochter und 22 Jahre alt. Vereinbart wird, daß

[Bd. b5, S. 408]

 


sie zu ihm auf die Hunekesche Stätte zieht, welche ihm von seiner
Mutter gleich nach der Hochzeit übertragen wird. Aus Zusage ihres
gegenwärtigen leiblichen Vaters inferiert sie an Brautschatz und
Aussteuer 5 Rtlr. an Gelde, für eine Kuh 5 Rtlr. und etwas hölzern
Zeug. Außerdem erhält sie noch aus gutem Willen des Vaters
40 Rtlr. bar und einen neuen Kleiderschrank, welches alles gleich
nach der Hochzeit erfolgen soll. Das andere Eheprotokoll ist vom
28. Oktober. Danach verläßt die Witwe Huneke ihre Leibzucht auf
dem Hunekeschen Kolonate und inferiert mit Rücksicht darauf,
daß die beiderseitigen Kinder heiraten, weiter keinen Brautschatz
als eine Kuh. — Riekgen war eine der jüngeren Schwestern Henriettens:
entweder Caroline Friederike, geb. am 16. Sept. 1800, oder
Friederike Sophie, geb. am 30. Sept. 1802.
S. 25, Z. 15: Hahn ist verpflichtet: als Zuchtknecht. Heinrich H.,
gebürtig aus Herrentrup (Amt Schieder), damals 32 Jahre alt, diente
seit dem August 1811 als Grenadier beim Lippischen Bataillon (Kompagnie
des Hauptmanns Meister), war aber seit sechs Jahren beurlaubt
und als Tagelöhner tätig, um mehr zu verdienen. Unterm
7. März 1820 hatte die Regierung seine Anstellung als Zuchtknecht
genehmigt. Sehr bald erwies es sich jedoch, daß man mit ihm
keinen guten Griff getan hatte, daß er sowohl wie seine Frau
einen starken Hang zum Branntwein zeigten, dem sie sich so sehr
überließen, daß der Dienst darunter litt. Mehrere Male mußte
Clostermeier den Hahn ernstlich und dringend zur Mäßigung im
Trinken des Branntweins ermahnen und ihm endlich andeuten, daß
bei dem nächsten Falle von Trunkenheit der Verlust seines Dienstes
die Folge sein würde. Dieser Fall trat am 3. Dezember 1822 ein,
wobei Hahn an den Zuchtmeister als seinen unmittelbaren Vorgesetzten
Hand anlegte. In einer Bittschrift an den Fürsten versuchte
er zwar, sich rein zu waschen und alle Schuld der „unvertragsamen
Frau des Zuchtmeisters Grabbe“ zuzuschieben („die sich zu sehr in
die Dienstgeschäfte ihres Mannes mischt, sich die Krone im Zuchthause
nennt und mich als ihren Sclaven betrachtet“), die Regierung
entschied jedoch unterm 14. Januar 1823, daß er seinen Dienst
als Zuchtknecht „durch eignes gröbliches Verschulden“ verwirkt habe.
(Acta die Aufseher und Aufseherinnen im Zuchthause resp. Landesstrafanstalt
betrf. Vol. I. 1767—1856. StAD. L 177 A. Fach
177 Nr. 1I Nr. 38—40. 43—45. 49—53. 55.)
S. 25, Z. 18 f.: Begemann in Emmighausen Hause seine Mutter
ist gestorben: Wilhelmine Caroline Amalie B., geb. Böhmer, die
Mutter des Dichters, geb. am 25. Dez. 1766, ist im Alter von 53
Jahren, fünf Monaten und zehn Tagen am 5. Juni 1820 in Stukenbrock
an der Auszehrung gestorben.
S. 25, Z. 20: Der Maurer Rakelmann hat gestern Hochzeit mit
Jfr Vollmer gehalten: Der Maurermeister Johann Heinrich R. (geb.
am 3. Jan. 1796 in Salzuflen) hat am 16. Juni 1820 die am 23. Dez.
1793 geborene Catharine Friederike Luise Vollmar geheiratet.
S. 25, Z. 21: Obermüller Brand: Der Mühlenmeister Friedrich
Wilhelm B. (gest. am 7. Nov. 1826), Pächter der Oberen Mühle
in Detmold; seit 1809 verheiratet mit Marie Sophie Wippermann aus
Lemgo (1784—1856).

[Bd. b5, S. 409]