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Nr. 271, siehe GAA, Bd. V, S. 304thumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Louise Christiane Clostermeier (Detmold)
Brief

      Handschrift Hochgeehrteste Mademoiselle!

  „Johanne“ ist im Rescript ein Schreibfehler. Wasserfalls Bericht
möchte ich aber wohl sehen. Sie haben gut geantwortet.
15Wo ich zweifelte, oder zu moderiren dachte, erlaubte ich mir
rothe Striche. Ich will Ihnen, sind Sie krank, wohl die Sache
selbst abschreiben. Übrigens kommt die Regierung Ihnen doch
auch hier entgegen, da sie Ihnen andeutet, die Zurücklieferung
nur zu fodern. Ihre Erklärung vereint aber geistreich Ihr
20Recht und Ihre Bitte.

  Die Sache hat noch einige Tage Zeit. Ich Handschrift muß durchaus
mündlich darüber sprechen. Sollen wir den Sonnabendsbesuch
auf den Freitag (Morgen Abend) verlegen, oder bis Sonnabend
warten? Ich bitte um mündliche Nachricht durch die
25Böke. Schriftliche Auseinandersetzung kostete Bogen und gäbe
Mißverständnisse. Aergern Sie Sich nicht, ich bitte; es ist nichts
passirt. Und seyn Sie gesund!
                       Hochachtungsvollst
                           Ihro Wohlgeboren
  Detmold d. 24st Juni 1830.    gehorsamster Grabbe.

      Communicata wieder angeschlossen.
Idem.
  [Adresse:] Handschrift An die Demoiselle Clostermeier Wohlgeboren
allhier.

[GAA, Bd. V, S. 305]

 

 


271.

H: Doppelbl. in 20; 2 S., Adresse auf S. 4.
F: GrA

S. 304, Z. 18: sie Ihnen] Sie ihnen H
  Kommentare der Empfängerin:
  In der oberen linken Ecke der ersten Seite: 24. Jun. 1830.
  Zu den ersten Worten: N. B. Es war kein Schreibfehler, sondern
ein Irrthum.
  Zu den letzten Zeilen des ersten Abschnittes: Es war dies ein
merkwürdiger Streit der zwischen Wasserfall, der Regierung und
uns entstanden. Es handelte sich hier nämlich um Papa's selbst
gefertigte Silhouette, welche sich in Acten verlohren, worinn sie
Wasserfall aufgefunden und hiernächst uns mitgetheilt. Jetzt auf
einmal wollte er sie aber wieder haben, um solche zu Papa's Andenken
in der Bibliothek zu verwahren. Wir bothen ihn eine Copie
von [S. 2] derselben an, da uns das selbstgefertigte Andenken von
Papa unaussprechlich theuer. Er wollte aber durchaus das Original
haben. Ging an die Regierung. Diese aber mußte uns dasselbe belassen,
weil das, was wir finden, nicht auch unser Eigenthum ist.
  Die Sache war übrigens für Papa im Grabe sehr ehrenvoll u.
gewiß auch schmeichelhaft für seine Familie.
  Zu den letzten Zeilen des letzten Abschnittes: Papa hatte sicher
nicht geahnet, wie einst die Landesregierung, sein Nachfolger am
Archiv, so wie seine, ihm noch unbekannte Familie, nach seinem
Schattenriß, gleichsam, wie um eine Reliquie, ringen möchte, als er
solche gefertigt.
S. 304, Z. 25: Böke: Trägerinnen dieses Namens sind zu jener
Zeit eine ganze Reihe nachzuweisen. Sollte es sich um eine Verwandte
gehandelt haben, so kämen zwei Schwestern in Betracht:
die am 5. Dez. 1801 geborene Johanne Elisabeth und die am

[Bd. b5, S. 618]

 


5. Febr. 1804 geborene Amalie Sophie Elisabeth, deren Mutter Anne
Marie Elisabeth eine geborene Grüttemeier aus Hiddesen (verheiratet
mit dem Einlieger und Tagelöhner Joh. Herman Böke) war.