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Nr. 387, siehe GAA, Bd. VI, S. 12thumbnail
Louise Christiane Grabbe (Detmold) an Christian Dietrich Grabbe (Detmold)
Brief

      Handschrift Goldene Regeln
            für
20      Männer und Weiber.

ins besondere aber für meinen gestrengen Herrn Gemahl von
seiner demüthigen Lucie.

      Goldene Regeln
            für
25      mein Männchen.

Ein gutes Weib, dies merke fein,

Will mit Vernunft behandelt seyn,

Ihr biegsam Herz mißbrauche nicht,

Weil schwaches Werkzeug leicht zerbricht.

30Sanft sey dein Will' und dein Gebot,

Der Mann ist Herr, doch nicht Despot.

Macht irgend was den Kopf dir kraus,

So üb' es nicht am Weibchen aus.

Verlang nicht alles zu genau,

35Du fehlst, warum nicht auch die Frau?

[GAA, Bd. VI, S. 13]

 


Treib nicht mit andern Minnespiel,

Dein Weib zu lieben ist dein Ziel.

Wenn Weibchen dich um Geld anspricht,

Und sie bedarfs, so knurre nicht.

5Im Aufwand schränke zwar dich ein,

Doch mußt du auch kein Knauser seyn.

Lauf' zum Trunk und Spiel nicht aus,

Hast Zeitvertreib genug zu Haus.

Für Weib und Kind leg' was zurück,

10Sorg' auch im Tode für ihr Glück.

Jetzt, lieber Mann, jetzt spricht Ade

Dir die getreue Lucie.

Christian,

lieber Mann,

15Brummel Bär,

Komm' zu mir her!

Christian!

Denke dran;

Wie ich schmollte,

20Dich nicht wollte:

Jetzt, ach, Christian!

Bist Du doch mein Mann.

Und ach, ach, Herr Christian!

Nur zu oft ein Wehemann!

25Christian!

bist ein Mann

von zwei Naturen.

Siehe die Fluren

jetzt grün geschmückt!

30Wie wär' ich beglückt,

Wärst stets Du der Eine,

Der, welchen ich meine,

Der, den ich allein kannte,

Als er sprach Amen

35In Gottes Namen

Der Priester, u. Dich nannte

Meinen Herrn u. Mann,

Christian, lieber Christian!

Sieh mich an!

40Seh' ich die Cartoffeln an,

Denk' ich an den Christian.

[GAA, Bd. VI, S. 14]