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Nr. 236, siehe GAA, Bd. V, S. 279nothumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Friedrich Steinmann (Münster)
Brief

Hochgeehrtester Herr!

10  Ich muß die triviale aber wahre Entschuldigung gebrauchen,
daß meine Geschäfte mich verhindert haben, Ihr geehrtes
Schreiben vom 24. Juni c. bis jetzt zu beantworten. Ich bin
Auditeur, Advocat, Dichter, habe in allen drei Sachen viel
zu thun, und lebe doch gern wüst und träge, sofern ich nur
15meine Pflicht erfülle. Antheil an Ihrem Journal könnte ich
nur insofern nehmen, als ich Ihnen vor dem Druck
Probescenen aus meinen künftigen Dramen, falls mein Buchhändler
nichts dagegen hat, mittheilen könnte. Denn sonstige
Aufsätze sind mir fast unmöglich. Bedenken Sie: eben kommt
20mein Barbarossa aus dem Druck; ein Lustspiel: Aschenbrödel
ist wieder darin; Kaiser Heinrich VI geht im September c. ab,
im November c. Napoleon oder die hundert Tage, und Ende
December c. sehr wahrscheinlich das Trauerspiel: die Abbassiden.
Dabei Bauern, Prozesse, Untersuchungen und die unseligste,
25unruhigste Natur, die mich keine zwei Stunden des
Tages arbeiten läßt.

  Meine mir eben zugesandten Exemplare des Barbarossa sind
leider ausgegeben und mußten ausgegeben werden an den und
den; sonst übersendete ich Ihnen eins. Künftig send' ich Ihnen
30stets ein Exemplar meiner Stücke, und lieb wär' es mir, wenn
Sie in Ihrem Journale, tadelnd oder lobend, sowohl frühere
als jetzige erwähnten.

Ich bin hochachtungsvoll
                             Ew. Wohlgeboren
  Detmold, den 2. August 1829.    gehorsamster Grabbe.

  P. S. Eine baldige Antwort! Geht es? Idem.

[GAA, Bd. V, S. 280]