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Nr. 369, siehe GAA, Bd. VI, S. 3nothumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Moritz Leopold Petri (Detmold)
Brief

            Lieber Petri

ich schicke hierbei den Regulus und die Borgia zurück.

  Herr Arnault hat in dem Regulus entsetzlich aus dem
Collin gestohlen, aber, um das zu verdecken, wohldumm
5in der Vorrede weder Collin's Drama erwähnt, noch Attilia
als Gattin des R. behalten. Er machte sie zu seiner Tochter,
damit er a) originell wird, b) eine Liebschaft à la Racine anspinnen
kann, und merkt nicht, daß Andre das merken.

  Die Borgia ist unpoetisch, toll, unwahr, nicht einmal in
10manchen so weitläufigen Dialogen theatralisch. Aber sie interessirt.
Der Schauspieler, welcher den Gennaro gibt, könnte (da
Gennaro, wie fast alle Charactere des Stückes, schwach, und
jedem Einfluß fähig scheint) wunderbare Dinge nach den
Endworten: ta mère machen: sich über sie stürzen, dann auf
15sie fluchen, über sie weinen, dann heulen, dann ruhig seyn,
dann pp.

  Merkwürdig ist's immer. Laß uns die nächste Serie französischer
Stücke von Ackermann in Dessau kaufen. Ich bezahle
die Hälfte. Man ahnt doch, wohin Geist u. Volk will.

20  Der jammervolle Rotteck (er gesteht sein Adjectiv so
ziemlich selbst ein) mit den abscheulichen Portraits, denen man
außer Welker (der sieht lebensfrisch aus) ansieht, daß sie den
Malern gesessen haben, liegt noch bei mir. Muß
ich ihn Dir zurückschicken oder wird er
25abgeholt? Hierum bitte ich um Antwort, die Du mündlich
der Ueberbringerin ertheilen kannst.

  Detmold 5. Jan. 1833.

                                
                                

30  Nimm mir Sand und Eile nicht übel. Ich habe soviel zu
thun, wie Stein.