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Nr. 65, siehe GAA, Bd. V, S. 73thumbnail
Ludwig Christian Gustorf, freunde (Berlin) an Christian Dietrich Grabbe (Dresden)
Brief

Handschrift Berlin den 24sten April 23.

  Deine Briefe haben wir erhalten. O Grabbe, Deine blauen
Hosen! Wenn ich gedenke, wie Du die Hände in ihren Taschen,
a la Gloster die Mauerstr. herunterkamst, dann u. wann wie
10ein alter Hexenmeister um den Brunnen zweimal herumgehend;
wenn ich das Bündel Spieße von Deinen Haaren hervorlange,
wie schleunig 97 Poeten u. Literatoren gespießt sein
werden, reflektirend, so rufe ich 'n mal Chr. D. Grabbe!
'n mal Chr. D. Grabbe! funfzehn Rthlr für 'n mal Grabbe!
15Auch Köchy wär Dir gerne direkt auf der Landstraße von hier
nach Dresden in die Arme gelaufen. Derselbe ist am Freitag
abgereißt, bis Potsdam von uns begleitet, v. Uechtritz ausgenommen,
welcher während dieser Zeit die Bemerkung gemacht,
daß ja Heinrich von Kleist bis zum Todtschießen verkannt
20worden. Schöner Trost! Unsere Reise war ein Originalgenie.
Die Nacht wurde mit vieler Hitze durchwacht, wobei ich auf
Groß-Folio anatomische Zeichnungen unserer Herzen lieferte,
u. Notz seine gewohnte Handschrift Ernsthaftigkeit od. den Charakter in
Burgunder baden lassen. Gegen Morgen wurden die Zustände
25sentimental. Hätte man die Schlafstellen des weiblichen Haus-Personals
entdeckt, ich sage Dir, es wär der innigen Gefühle
kein Ende geworden. Robert steht im Begriff Deine Sachen zur
Post zu geben, deswegen im nächsten Briefe, über Heine und
dessen Tragödien. Viele grüßen Dich u. wünschen recht bald
30ein sculpsit Grabbe

                              Dein Freund
                                 Gustorf.
                                 Str. Nro 39
                                 der Wittwe Butzken
35                                 terre.

  Grabbe! Mein Herz pocht, vor Liebe, vor Unruhe, vor
Sehnsucht; es sehnt sich auch nach einigen Zeilen von Ihnen.

[GAA, Bd. V, S. 74]

 


Nun also sitzt der neumodisch ausstafierte Chr. D. Grabbe
in Tieks Abendgesellschaften, oder er tritt in Wilhelm Tell u
dann wohl bald auch in andern Stücken und bedeutendern
Rollen auf. Gustorf hat mir dies Plätzchen angewiesen, u weiter
5wie bis unten soll ich nicht schreiben, also nur noch, daß der
Freischütz seit Ihrer Abreise hier fast gar nicht gegeben wird.

Gründler.

  N.S. Borch ist von hier mit Köchy zugleich abgereißt, u
hält sich für jetzt in Brandenburg bei den Eltern auf.

10  Handschrift Obgleich wir hier schon einige Details Ihrer neuen Laufbahn
in Dresden erhalten hatten, so war doch deren Bestätigung
durch unmittelbare Mittheilung uns Allen höchst erfreulich.
Ich bleibe dabei dass es Schade wäre, wenn Sie am Theater
Ihre Kräfte verschwenden wollten. Sie könnten und sollten
15wenn nicht einem grösseren (dem Umfang nach), doch einem
dauernderen Wirkungskreise angehören. — Vielleicht haben
Sie die Ansicht der Nihilität jeder Anstrengung, die ich in
abstracto für die einzig richtige halte; leider zeigt uns aber
die tägliche Erfahrung wie wir hier weder in noch von abstractis
20leben und wie selbst das Vögeln bei der Müller nothwendig
zur Existenz gehört. — Glaube ist eine schöne aber
eine schwere Sache. Ich halte noch keinen von uns darin ganz
sattelfest. Es lässt sich viel mit ihm durchsetzen. Adam Müller
hat nicht geantwortet. Er kann es meo voto nicht gut. —
25Urplötzlich ist auch der hiesige katholische Probst gestorben.
Handschrift Köchy ist in Braunschweig. Viel Pläne sind nach den vier
Himmelsgegenden hin zerstäubt. — Mit grosser Erwartung
lesen wir Dresdener Journale in denen wir von Ihrem Auftritte
zu hören glauben. Lassen Sie, ich bitte darum, von
30sich hören. Wer weiss was die Zukunft birgt. Nie hat eine
Armee von einem Mann hoch viel erobert. — Sie erhalten
anbei Ihre Sachen bestehend aus einem Koffer und einem
Kasten, beides von Kettenbein mir überliefert. Die Schlüssel
des Koffers habe ich nicht nehmen wollen. Sie verzeihen den
35Grund; ich glaubte wohl dass Sie hinsichts Ihrer Papiere
misstrauisch sein könnten. — Gustorf lässt Sie bitten zum Dr.
Choulant wegen seines Aufsatzes zu gehen. — Köchys Gedichte?????
Machen Sie Uechteritz glücklich, wenn Tieck etwas
Gutes über seinen Otto gesagt haben sollte. — Die giftige
40Ratze macht hier Aufsehn, wenigstens in Gustorfs Schädel in
welchem sie zuweilen umherspukt. — Uechtritz hat den Spartakus

[GAA, Bd. V, S. 75]

 


zum zweiten Mal todt gemacht, ich meine im Trauerspiele;
doch hat er vielfach vorher gelitten. — Er erwartet von
Ihnen einen Brief; eben so Hundrich. — Hierbei noch eine
Folie Wahnsinn von Gustorff. — Leben Sie wohl und schreiben
5bald
   Robert
N.S.    
Grabbe lobe mich in Dresden d. h. schaffe mir ein Mädchen    
mit 30000 rthlrn.    G.[ustorf]

 

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