Christian Dietrich Grabbe (Frankfurt a. M.) an Karl Leberecht Immermann (Düsseldorf)
Brief
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Herr Oberlandesgerichtsrath, verzeihen Sie, wenn ich mich im Titel irre. Sie sind bekannt genug als K. Immermann und die Adresse wird jedenfalls 15an ihren Mann kommen. Ich habe Zutrauen zu Ihnen und hoffe auf Sie. Ich glaube nämlich, ich und eine alte Mutter sind verloren, wenn Sie mir nicht zu helfen suchen. Zwar hab' ich seit 1½ Jahren eine ziemlich reiche Frau, jedoch so interessant, daß ich sie nur 20aus der Ferne, jetzt von hier aus, bewundern kann, und von dem Vermögen nehm' ich dem Weibe nichts, obgleich es mir mitgehört, dazu bin ich zu stolz, habe vielmehr mein Eingebrachtes der Dame großentheils auch gelassen. Diese Dame ist so interessant gewesen, daß ich ihretwegen, Advocatur, Auditeurgeschäft 25(mit Beibehaltung des Ranges und Titels, um in Gesellschaft doch etwas zu seyn) und eine Zeitlang auch Literatur aufgab. Nun ging ich nach Frankfurt, wo ein Freund haus'te. Als ich ankam, war er fort. Mein Verleger ist stets gegen mich etwas sparsam gewesen (meine dramatischen Dichtungen 30hat er z. B. umsonst erhalten) und ich mag ihm jetzt wo ich einiger Geldhülfe bedarf, keine Anträge stellen und meine Seele nicht verkaufen. Denn daß ich dann so arbeiten müßte wie er will, weiß ich. An andere Buchhändler wende ich mich nicht, denn ich verstehe den Schacher zu schlecht. — 35Helfen Sie also mir, und könnten Sie mir auch nur ein Stübchen schaffen und etwa (was Ihnen nicht schwer fallen kann) juristische oder nicht juristische Abschreibereien gegen ein Billiges. Auch hätte ich etwas für einen Buchhändler,
[GAA, Bd. VI, S. 100]
wovon so recht noch Niemand weiß: mein Hannibal ist fast vollendet. Wenn Sie mir zu so einem auch hülfen, hätt' ich wohl was Winterkost für meine unglückliche Mutter beizu. — Daß mich die Zeit drängt und ich umgehends Antwort 5wünsche, bitte und erwarte, brauch' ich wohl nicht zu sagen. Wer weiß, wo Ihr Brief mich sonst träfe, denn hier in Frkf. kann ich nicht lange mehr existiren. Meine Adresse ist: „an den Auditeur Grabbe, im 5ten Quartier, Lit. E, nr. 108, auf der großen Bockenheimer Gasse, 3 Stiegen hoch.“ 10 Da ich jedoch spüre, wie's oft mit Briefbestellung geht, so bitt' ich in ein besonderes Couvert ein paar leere Worte zu schreiben, und dieses sub titulo: „an den Auditeur Grabbe“ „an die Hermannsche Buchhandlung abzugeben“. Der Inhaber 15dieser Buchhandlung bricht's leicht auf, „denn er ist mein Freund ja.“ Wenn in dem Couvert anfangs steht: „Herr Grabbe“, so soll mir das ein Zeichen seyn, den rechten Brief auf der Post zu finden.
Christian Gottlieb ClostermeierNr. 154, 23. Januar 1828 — Fürstlich Lippische Regierung — Louise Clostermeier — Johann Karl August KestnerNr. 178, 28. März 1828 — Louise Christiane Clostermeier