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[GAA, Bd. IV, S. 135]

 


oder das noch Elendere, das Erbärmliche, erzürnen,
es nur schildern könne. Man irrte sich. Zeugt etwas von dem
bewegtesten Gemüth, so ist es die Objectivität in der Kunst,
die ja himmelweit genug sein muß, um auch alle Gefühle
5scheinbar schmerzlos sich regen zu lassen. [S. 28] Erstdruck Shakspeare
hat sich in irgend einer Stunde mehr geärgert, als Auffenberg
bei der jahrelangen Aufstaffirung seines Alhambra.

  Lob gilt in unserem Zeitalter für falsche Münze. Will Jemand
einem würdigen Unternehmen gerechte Anerkennung
10schaffen, so muß er das klug unter scheinbarem Schimpfen
verstecken. Ich verschmähe das, und denke statt aller Umwege
doch noch manchen Zweifelnden zu finden, den ich mit den
Belegen von der Wahrheit meines Lobs überzeuge.
[S. 29] Erstdruck VII.
15Repertoire.

Beurtheilte ich oben die Darstellung einiger Stücke, so ist
hier der Ort, ein resumé der in einem Winterhalbjahr gegebenen
bedeutenderen Darstellungen vorzulegen. Manche Darstellung
eines unbedeutenden Stücks, welches als unentbehrliches
20Zukraut für die Menge, und auch für den Gebildeten
zur Abwechslung nöthig ist, übergeh' ich. Nicht weil diese
Sachen schlechter in die Scene gebracht werden, sondern weil
es genügt, im Ganzen auf den inneren Werth dieser Bühne
aufmerksam zu machen. Auch kann ich nicht bei allen Vorstellungen
25ein Detail geben, indem das besonderen Kritiken
gehört, will aber doch zuweilen was von den Pulsadern
zeigen.

  Unser Repertoire wäre immer wegen seiner Fülle und
Großartigkeit zu bewundern, wär' es auch schlecht gespielt.
30Das aber geschah keineswegs. Ehe Immermann die Direction
übernahm, schritten Musterdarstellungen, von Mendelssohn,
Uechtritz und ihm geleitet, vorher: Emilia Galotti, [S. 30]
Erstdruck Stille Wasser sind tief, der standhafte Prinz, Prinz Friedrich
von Homburg, Don Juan, der Wasserträger, Egmont, Nathan
35der Weise, die Braut von Messina, Andreas Hofer. Diesen