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GAA, Bd. II, S. 274 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. II, S. 274]

 


Handschrift  DRITTER AUFZUG
Erste Szene

Prachtsaal des Königs in seiner zweiten Hauptstadt. Hinter
dem Saale viele Gemächer. Überall Musik, Spiel und Tanz
5Der König als Schloßvogt gekleidet kommt in den Vorgrund
Ich möchte zürnen, an dem Menschen zweifeln,
Und glauben, daß er darum nur Verstand
Empfangen, schnöd ihn zur Befriedigung
Der Leidenschaften zu erniedrigen,
10Mit ihm zu schmeicheln, heucheln und zu lügen! —
— Der Rüpel spielt den dummen König ganz
Vortrefflich — aber da er König heißt,
Gilt er für seiner Zeiten Wunder — Ist
Er grob, so rufen Herrn und Damen,
15Er würde schalkhaft — spricht er albern,
So sehen sie darin die feinste Ironie,
Und dreht er sich auf seiner Ferse um
Und macht die tollsten Sprünge, so ist das
Originell und genial. Sein Buckel selbst
20Handschrift Scheint jedem Weib der Schönheit Wellenlinie,
Sein aufgedunsenes Gesicht ist Sonne!
— Fürwahr, die Menschen sind verächtlich. Zum
Tyrannen könnt man werden, und das Volk
Wie Spinn und Kröt behandeln — Neros Taten
25Sind eher komisch als entsetzlich! —
Lautere Musik
                                
Beginnen wieder, auf den leichten Füßen
Wiegen sich leichtere Herzen — Blicke, feurig
30Wie Diamanten, die in jedem Busen