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GAA, Bd. I, S. 23 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. I, S. 23]

 


Gothland Bring ihn mir.
Erik geht ab. Pause; dann fährt Handschrift Gothland sehr heiter fort
                                 schwebt
Ein holder Genius über meinem Leben;
5In meinen Brüdern gab er Freunde mir! —
Dich Manfred! liebe ich vor allem! Schon in
Der ersten Morgendämmerung des Lebens,
Zusammen spielend auf dem Schoß der Mutter,
Umschlangen wir uns mit der Freundschaft Banden,
10Die in den Schlachten uns umfingen, die von
Den Jahren, die den Erdkreis ändern, nicht
Zerrissen wurden! Begeistert
                    Selig, selig, wer
Handschrift Erstdruck Den Freund gefunden; nie wallt er einsam auf
15Des Lebens Pfaden; zwiefach Leben ward
Sein schönes Los!
                Die Liebe welkt dahin;
Sie ist auf Irdisches gegründet,
Gemeines ists, wofür sie flammt;
20Nur Freundschaft, die die Geister bindet,
Ist ewig wie der Geist, aus dem sie stammt;
Drum strahlt hoch auf des Himmels nächtgem Feld
Der Freundschaft Bild und leuchtet durch die Welt!
Ich meine euch, ihre hellen Dioskuren;
25Zugleich, vereinend eure Strahlengluten,
Enttauchet ihr des Meeres dunklen Handschrift Fluten
Und wandelt durch der Sterne goldne Fluren,
Bis euch das ferne Westgewölk begräbt;
Ihr sterbt vereint, wie ihr vereint gelebt!
30Rolf, der Bote des Kanzlers, tritt ein
Gothland Hat Manfred dich vorausgesendet?
Rolf Nein;
Mich schickt der Kanzler, Euer dritter Bruder.
Handschrift Erstdruck Gothland Bei dem verweilte Manfred, wie er mir
35Geschrieben; kommt er bald? mit ihm nur will
Ich siegen!
Rolf Manfred siegt nicht mehr.
Gothland Was soll
Das heißen, Bote?
40Rolf Dieser Brief, den Euch
Der Kanzler schreibt, erkläre meine Worte.