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GAA, Bd. I, S. 29 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. I, S. 29]

 


Hast du gelebt und glücklich warst du stets;
Des Unglücks Schuldner warest du geworden;
Du wußtest, daß es seine Rechte fodert!
Gothland Ja, Glück ist Sünde — Wehe euch, die ihr
5Es wagtet, Glückliche zu sein!
Handschrift Cäcilia O blick umher!
Es sind noch viele, die dich lieben: noch steht
Ein andrer Bruder dir im Kanzler Friedrich
Zur Seite; auch der Vater lebt dir noch,
10Der edle Greis; ein Sohn blüht dir am Hof
Des Königs auf, und ewig liebend hängt
An deiner Brust dein Weib! Verzweifle nicht!
Erstdruck Wir alle trauern jetzt mit dir und mit
Uns allen wirst du einst dich wieder freuen!
15Handschrift Gothland Mich freuen? Niemals, bei dem ewgen Licht!
Der Frühling kehrt zurück und seine Lieder,
Doch Manfred ging, er kehret nicht,
Und nimmer kehret meine Freude wieder.
Cäcilia Sie kehret! glaube mir! hast du gedacht
20Ans Wiedersehen?
Gothland An das Wiedersehen?
Dank dir! Ein Funke aus den Sternenhöhen
Handschrift Fällt dieses Wort in meiner Seele Nacht! —
Ja, manches Auge, feucht von Zähren, blickt aus
25Der Winternacht des Lebens hoffend zu
Den Sternen — und die Träne rollt nicht mehr!
Betrügt ihr uns um unsre Tränen, oder
Seid ihr es, Sterne! was die Ahnung sagt?
Die lichten Ufer eines beßren Landes?
30Und finden über euch sich die
Getrennten wieder? O,
Dann selig all ihr Millionen, die
Ihr unterm Sternenzelte wandelt, Handschrift selig ihr
Betrübten, welche ihr an Grabeshügeln um
35Erstdruck Verlorne weinet!
Cäcilia Preis sie selig und
Auch dich! Es lebt in jeder edlen Brust
Ein Bürge der Unsterblichkeit: die Tugend!
Sie ist ewig, und wäre sie es nicht,
40So geht sie unter mit dem Hochgefühle,
Daß sie verdienet es zu sein.