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GAA, Bd. I, S. 134 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. I, S. 134]

 


Erstdruck So steht der Wandrer an dem Felsgestade,
An dem er Schiffbruch litt — blickt voll Verlangen
Handschrift Zum fernen Eilande, wo goldne Gärten prangen;
Er blickt und blickt — die Pfade
5Sind verschlossen,
Ein Meer ist zwischen ihm und jenseits ausgegossen!
Die Musik geht in eine sanfte und rührende Melodie über
Wohlbekannte Worte hör ich klingen,
Die gleich verwehten Abendglockentönen
10Aus weiter Fern herüberschwimmen!
Gott! es sind der Mutter heilge Warnungsstimmen!
Handschrift Mutter! Mutter!
Lebtest du, wie würdest du die Hände ringen
Über mich,
15Den Unglückseligsten von allen Söhnen!
Als ich noch an Deiner Seite
Wallte durch des Lebens Weite,
Fiel ich nicht, und brach der Sturm auch los —
Ich flüchtete zum Mutterschoß!
20— Nimmer, Mutter! sehe ich dich wieder!
Droben schwebst du in den Sternenregionen,
Wo die verklärten Geister wohnen,
Erstdruck Und strahlest in dem Kreis der Frommen;
Vergebens blickst du aus nach ihm, den du Handschrift geboren;
25Nimmer, nimmer wird er kommen,
Denn zur Hölle fährt er nieder
Und auf ewig ist er dir verloren! —
Hinweg, vorüber, zieh vorüber
Du Kindheitsland! mein Aug wird trüb und trüber!
30Vorbei ist ja vorbei!
Kindheit und Lieb zu ihr ist Kinderei!
Wer schneidet wohl mehr Fratzen,
Wen seh ich mehr einander beißen und zerkratzen,
Zanken und greinen,
35Wer kriegt mehr Prügel auf die Hinterbacken
Handschrift Als diese Kinder, die uns selig scheinen!
Die frechste Lügnerin
Ist die Erinnerung! Kindheit, fahr hin
Samt deinen Kindern, welche sich bekacken!
40Pause. — Die Musik nimmt einen neuen Schwung
— Bin ich denn nie beglückt gewesen?