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GAA, Bd. I, S. 162 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. I, S. 162]

 


Handschrift Skiold Ich will versuchen, ob ich vor Ermüdung
Und Tränen etwas essen kann! Er setzt sich zu essen
Cäcilia tritt beiseit O! kaum
Vermag ich mich noch länger zu
5Verstellen! — diese nächtge Wandrung ist
Mein Tod! — Beklemmung liegt
Gleich einem Leichenstein auf meiner Brust!
Die nächste Stunde sehe ich nicht mehr!
Wohl mir, daß ich beruhigt sterben kann:
10Der Vater ist gerettet! — Zwar wird ihn
Handschrift Mein Tod betrüben —
Skiold ist vor Ermüdung eingeschlafen; sie bemerkt es
Sieh,
Er schlummert! — Gütges Schicksal, da ich doch
15Den Morgen nicht erleben werde, so
Erstdruck Erspar dem Greis die Qual des Scheidens
Und laß mich jetzt, bevor
Er aufwacht, sterben! Zu Skiold gewendet
                    Schlummre süß, und ahn
20Die namenlose Pein, die ich
Durchkämpfen muß, in deinen Träumen nicht!
Handschrift An die Erde sinkend
Ha, meine Kniee brechen! — brechet leise,
Ganz leise! — — Atem, rausche nicht! —
25Leis, leis, so daß mein Vater es
Nicht merket, will ich sterben! — Hu, wie es
Mir da durchs Herz zuckt! jammernd möcht ich aufschrein!
Doch stille! stille! — nur ganz leise will
Ich mit den Lippen beben, nur
30Ganz heimlich will ich weinen, — nur
Ganz heimlich — heim —
                        O Gott! ich halte es
Handschrift Nicht aus! die Pein wird allzu arg!
Laut jammernd 35
O, meine Brust! o, meine Brust!
Skiold vom Schlafe aufspringend Was ist
Erstdruck Geschehn? Wer ruft so laut? — Wo bist
Du, Tochter? Sie erblickend
            Was bedeutet das? Sie liegt
40Am Boden! Ihr Gesicht ist kalt!
Weh, wehe mir, sie stirbt! sie stirbt!