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[GAA, Bd. I, S. 618]

 


der Philosophie in Leipzig. Er war ein Anhänger der Kantischen
Philosophie und vertrat selbst einen „transzendentalen Synthetis-
mus“. Grabbe hatte in seinem dritten Leipziger Semester bei ihm
über Naturrecht gehört. Die Zahl seiner schon damals vorliegenden
fachwissenschaftlichen Werke ist sehr groß. Nachdem der griechi-
sche Aufstand ausgebrochen war, nahm er in mehreren Flugschriften
mit Entschiedenheit die Partei des um seine staatliche Selbständig-
keit kämpfenden Volkes. Die letzte dieser Schriften ist die über
den „Neuesten Stand der griechischen Sache“, im Juli 1822 in
Altenburg gedruckt. In ihr ruft Krug dazu auf, den Freiheitskampf
der Hellenen zu unterstützen, da dies eine Forderung des Rechts,
der Pflicht und der Klugheit sei (vgl. S. 30).
Verweis zum Text S.272, Z.12 f.: Erzählungen von van der Velde: Karl Franz
van der V. (1779—1824), zuletzt Justizkommissar in seiner Vater-
stadt Breslau, war nach erfolglosen Bemühungen um das Drama
von Theodor Hell auf das Gebiet der Erzählung und des histo-
rischen Romans verwiesen worden und wurde damit einer der
eifrigsten Mitarbeiter der „Abendzeitung“. Seine bekanntesten
Werke, wie z. B. „Axel, eine Erzählung aus dem Dreißigjährigen
Kriege“, „Der Flibustier, eine Erzählung aus dem letzten Drittel
des siebzehnten Jahrhunderts“ (dramatisiert vom Freiherrn von
Auffenberg), „Prinz Friedrich, eine Erzählung aus der ersten
Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts“, „Die Eroberung von Mexiko,
ein historisch-romantisches Gemälde aus dem ersten Viertel des
sechszehnten Jahrhunderts“, „Die Lichtensteiner, eine Erzählung
aus den Zeiten des dreißigjährigen Krieges“, „Arwed Gyllenstierna,
eine Erzählung aus dem Anfange des achtzehnten Jahrhunderts“,
und „Der böhmische Mägdekrieg, ein Nachtstück aus dem zweiten
Viertel des achten Jahrhunderts“, sind zuerst dort erschienen. Die-
ser Beziehung verdankt er seinen Ruhm als Schriftsteller. Er zählt
zu den beliebtesten und am meisten gelesenen Autoren seiner
Zeit. Man gab ihm den Ehrennamen „Der deutsche“ oder „Der
schlesische Scott“, insofern zu Unrecht, als er kein Nachahmer des
schottischen Dichters ist. Schon das Fehlen des eigentlich volks-
tümlichen Elementes unterscheidet ihn von Scott und charakterisiert
ihn als einen Nachzügler des achtzehnten Jahrhunderts. Im Sinne
von dessen Popularphilosophie sieht er seine dichterische Aufgabe
im „Aufklären, Belehren, Moralisieren“; für das „wahre Gute“
möchte er „die Herzen entflammen“ („Sämmtliche Schriften“, 4.
Orig.-Ausg., Bd 1, Leipzig 1851, S. 6). Stofflich hat die historische
Tragödie Schillers und Kotzebues am stärksten auf seine Werke
eingewirkt; wie diese Beiden fühlt er sich berufen, für Freiheit,
Duldsamkeit und Menschenwürde einzutreten. Sofern man aus den
verwendeten Motiven Rückschlüsse auf etwaige Vorbilder ziehen
darf, verweisen sie in zweiter Linie auf Romane der Lafontaine,
Cramer und Vulpius, in dritter auf Benedicte Naubert und auf
Scott. Walther Matthey faßt die Ergebnisse seiner Untersuchung
der „historischen Erzählungen des Carl Franz van der Velde“,
Stuttgart, Kohlhammer 1928 = Tübinger Germanistische Arbeiten
Bd 4) in den Sätzen zusammen, daß die These von der Nach-
ahmung Walter Scotts durch van der Velde endgültig fallen ge-